Hilflos in die Winterkrise:
Energiepreise, Klimakatastrophe, Pandemie, Flüchtlingswelle, Massenarmut – wenn jetzt nicht vorgebaut wird, droht Österreich im Winter die schwerste Krise seit Menschengedenken. Aber eine Regierung der Clowns und Schwächlinge ist nur mit einem beschäftigt: mit sich selbst.
Wien, 17. Juli 2022 „Drei Jahre bilden wir sie aus. Nach zwei Monaten sind sie wieder weg, nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht können. Es ist einfach zu viel.“ Der Gewerkschafter erzählt mir von den Pflegerinnen und Pflegern, die zwei Monate nach ihrem Start im Spital am Ende sind.
Vor zwanzig Jahren war ich im Nationalrat Gesundheitssprecher der Grünen. Der große Sozialmediziner Werner Vogt empfahl mir einen Schwerpunkt: „Peter, kümmere dich um die Krankenschwestern und um die Pfleger. Du wirst dich wundern, wie schlimm das ist.“ Ich kann mich gut erinnern: Der Lohn für die schwere Arbeit war fast überall zu niedrig, aber das Hauptproblem waren schon damals die Arbeitszeiten. „Das hältst du auf Dauer nicht aus!“ Immer wieder habe ich diesen Satz gehört. Bei einem Besuch in Stockholm erzählten mir erfahrene schwedische Krankenschwestern, dass sie rund 35 Jahre in ihrem guten Beruf blieben. In Österreich waren es damals elf Jahre. Jetzt sind es ein paar Jahre bei der einen, zwei, drei Monate bei immer mehr anderen. Das System ist am Ende.
Wenn die Pflege in ersten Krankenhäusern zusammenbricht, ist es längst zu spät. Der Gesundheitsminister hat das erkannt , ein paar Liter auf den heißen Stein geschüttet und dann festgestellt, dass mit ÖVP und Ländern nicht mehr geht. Dass bald nichts mehr geht, wenn nicht schnell mehr geht, scheint er zu verdrängen. Er hat ja noch die Pandemie am Hals. Nur – mit der Pandemie geht es nicht anders. Die Zahlen steigen, die Masken fallen. Die Zahlen steigen weiter, die Quarantäne fällt. Die Zahlen steigen noch weiter – und plötzlich sind die Spitäler halb voll. Das ist an einigen Orten bereits zu viel, weil, siehe oben, das Personal fehlt. Mit dem Kopf im Sand tut der Minister allerdings mit seiner Hauptaufgabe schwer: mit dem Beobachten.
Ohne Energie
Daneben steht im wahren Sinn des Wortes die Energieministerin, der die Energie, dem staatlichen Verbundkonzern den Strompreiswucher abzudrehen, fehlt. Sieben Milliarden Putin-Extraprofite, da werden Sonderzahlungen fällig: an die erfolgreichen Vorstände, die sich nicht gegen die Windfall Profits gewehrt haben, und an die Hunderttausenden Haushalte, die ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zahlen können. Dass zuerst die Thermostate per Gesetz auf 19, maximal 20 Grad gestellt werden müssten, kommt für die Umweltschützerin erst später. Jetzt hat es schließlich mehr als 30 Grad, im Schatten.
Der Innenminister hat die nächste Gefahr erkannt. Nach 2015 wälzt sich die zweite Flüchtlingswelle über den Balkan auf Österreich zu. Jetzt sind es vor allem Afghanen und Schwarzafrikaner, aber die Putin-Hungerflüchtlinge kommen noch. Jahrelang hat der Lügenkanzler von der Hilfe vor Ort geschwurbelt und statt Flüchtlingen nur sich und seiner Partei geholfen. Österreich kann heute nicht sagen: „Wir haben ein funktionierendes System, in dem sich Frauen und Kinder als erste vor Ort anmelden und nach einem kurzen Verfahren legal als Flüchtlinge aufgenommen werden können.“ Österreich kann auch nicht sagen: „Wir finanzieren das „World Food Programme“ der UNO seit Jahren mit vielen Millionen und sorgen dafür, dass die Menschen in der Nähe ihrer Heimat auf Rückkehr warten können.“ Auch das hat der Lügenkanzler versprochen und gebrochen.
Jetzt fährt der Dollfuss-Innenminister zu seinem Amts- und Gesinnungsgenossen nach Belgrad. Der serbische Kollege lässt bereits Flüchtlinge im offenen Gelände vor dem Minister knien. Gerhard Karner könnte ihm erklären, wie seine politischen Vorgänger in Österreich das Anhaltelager erfunden haben.
Der Wirtschaftsminister verteilt das Geld, das er den Reichsten nicht abnimmt. Die Justizministerin lässt die WKStA beim Kampf gegen die organisierte Korruption im Stich. Die Verteidigungsministerin und die Frauenministerin machen sich um die Wette lächerlich und leiden dabei unter der Konkurrenz der talentierten Frau Sachslehner.
Krawatte aus St. Pölten
Und der Bundeskanzler? Vergnügt betrachtet er jeden Morgen im Spiegel den Strick, den ihm die niederösterreichische Landeshauptfrau mit dem Wort „Krawatte“ um den Hals gelegt hat. Irgendwann wird er in St. Pölten zugezogen. Dann hat Karl Nehammer nicht einmal mehr die Wahl zwischen Alkohol und Tabletten.
Vor dem schwersten Winter seit Menschengedenken führt ein Polterclown eine Regierung der Schwächlinge. Niemand von ihnen hat das Format, Österreich durch die fünffache Krise zu führen, weil niemand von ihnen weiß, was „führen“ heißt: ein Ziel bestimmen und einen Weg dorthin zeigen. Auch wenn es auf diesem Weg harte Steigungen und schwere Stellen gibt, ist es zumindest ein Weg und damit die Chance, sich gemeinsam aufzumachen. Nur sehr wenige werden sich beschweren, dass der Weg keine Prachtstraße ist. Viele werden das wichtigste für Politik in der Krise wiedergewinnen: Vertrauen, dass es geht, und Vertrauen in die, die den Weg zeigen.
Niemand weiß, wer Österreich im Herbst regiert. Niemand weiß, wie viele aus der ÖVP-Spitze auf die Anklagebank und wie viele in „die Wirtschaft“ wechseln. Nur eines scheint klar: Es wird schlechter und nicht besser.
Das ist der Grund, warum wir eine Alternative brauchen, aus vertrauenswürdigen und sachkundigen Menschen, die bereit sind, Probleme zu lösen und zu zeigen, dass das in einem der reichsten Länder der Welt nach wie vor möglich ist – wenn man kann und wenn man will.
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