Samstag, April 20, 2024

Höchstgericht bestätigt Rechtsverletzungen rund um Kassen-Manager

Das ist eine Unterüberschrift

Bei der Besetzung von hohen Posten nach der Kassenfusion von Türkis-Blau gab es laut VwGH Rechtsverletzungen. Arbeitnehmervertretungen hatten geklagt. 

Wien, 22. Juli 2022 | Bei der türkis-blauen Reform der Sozialversicherungsträger wurden die 21 Sozialversicherungen auf fünf zusammengelegt und der Dachverband der Sozialversicherungen neu aufgestellt. An die Stelle der früheren Generaldirektionen wurden Büroleiter gesetzt.

Im Frühjahr 2019 kam es dann zur Bestellung von Büroleiter Martin Brunninger auf einem blauen Ticket und dessen Stellvertreter Alexander Burz auf einem türkisen. Damals wetterten die Gewerkschafter gegen die ihrer Meinung nach von Türkis-Blau überhastet durchgedrückte Besetzung und gingen rechtlich dagegen vor.

In letzter Instanz bekamen sie nun vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Recht.

Mehrere Vorgänge rund um Besetzungen rechtswidrig

Das Höchstgericht kritisierte etwa, dass die Gewerkschafter damals in der Überleitungskonferenz nicht zeitgerecht zu Sitzungen eingeladen wurden. Ingrid Reischl, leitende ÖGB-Sekreäterin und derzeit Vorsitzende der Trägerkonferenz, sei gar nicht eingeladen worden, obwohl das nötig gewesen wäre.

Auch seien die Arbeitnehmervertreter in ihrem Recht auf Erhalt relevanter Unterlagen mit der Einladung verletzt worden. Überhaupt hätten sie für die Beschlussfassung relevante Unterlagen nicht rechtzeitig bzw. keine Einsicht in alle Unterlagen zu Entscheidungsgegenständen erhalten.

Und auch der Umstand, dass für die Kür zwei Sitzungen unmittelbar hintereinander angesetzt wurden, um die beiden Kandidaten auch ohne Einstimmigkeit abzusegnen, erkannte der VwGH in einem der APA vorliegenden Urteil, über das am Mittwoch auch mehrere Medien berichteten, als rechtswidrig.

Arbeitnehmervertreter: Bestellungen waren nicht rechtmäßig

Die Arbeitnehmervertreter, neben Reischl auch der aktuelle ÖGK-Vorsitzende Andreas Huss, folgern aus dem Erkenntnis, dass die Bestellung von Brunninger und Burz nicht rechtmäßig gewesen sei. Daher sei nun das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde gefordert. Diesbezüglich werde man das Gespräch suchen.

Die Büroleitung muss ohnedies nach Brunningers Rücktritt vergangene Woche nach dessen Suspendierung wegen des Verdachts der Dienstpflichtverletzung neu ausgeschrieben werden. Selbiges könnte zeitgleich mit dem Stellvertreterposten erfolgen.

Brunninger: Expertse als Grund für die Bestellung

Brunninger selbst ließ am Mittwoch über seine Anwältin ausrichten, dass er damals nicht “auf einem blauen Ticket” beziehungsweise aus politischen Gründen als Büroleiter berufen wurde. Schließlich sei er unter der Expertenregierung der Übergangskanzlerin Brigitte Bierlein durch die damalige Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl bestellt worden. Die Entscheidung der Überleitungskonferenz fiel über einen Monat nach dem Ibiza-Skandal.

Diese Zuschreibung diene ausschließlich ihn “nachträglich zu diskreditieren” und passe in das “Narrativ der politischen Erzählung eines Umbaus der Sozialversicherung”, hieß es in einer Aussendung von Brunningers Anwältin Katharina Körber-Risak.

Grund für die Bestellung ihres Mandanten sei seine “ausgewiesene Expertise in den Bereichen Finanzen, Gesundheitsökonomie und in der Pharmabranche” gewesen. De Entscheidung des VwGH treffe auch keinerlei Aussage über die Bewertung Brunningers als “bestqualifizierter Bewerber” und sage auch nicht, dass diese ungültig war, sondern zeige Formalfehler bei der Einberufung der Überleitungskonferenz auf. Über den “auffälligen zeitlichen Zusammenhang” zwischen Dienstfreistellung und Zustellung des VwGH-Erkenntnisses könne sich jeder selbst ein Bild machen, hieß es.

(apa/red)

Edit: Ergänzung um Brunningers Statement um 15.45 Uhr.

Titelbild: APA Picturedesk

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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3 Kommentare

  1. Dieser ganze Proporzhaufen gehört auf eine Kasse reduziert, die nur das soziale Mindestmass abdeckt. Dazu braucht es keine dutzenden Luxusdirektionen samt Luxuspersonal. Wer mehr will, muss für den Rest selbst vorsorgen. Somit geht die Zusammenlegung in die richtige Richtung. Die politische Postenbesetzung war aber die in Österreich übliche Schweinerei.

    • Ah, es schreibt ein Versicherungsmanager der gerne mehr Provision hätte.
      Sehr sozial, wenn wir so eine 2-3 Klassengesellschaft zementieren, welchen Sinn soll das haben?
      Die Krankenstände steigen, weil man dann noch länger auf einen Termin beim Spezialisten warten muß.
      Es werden sich 50% und mehr diese Zusatzversicherung einfach nicht leisten können und warum soll man Uniqua, Generali, Wiener, GAW und Co unbedingt mit Geld überschütten, daß dann dort die Manager ihre fetten Boni bekommen?
      Alle sollen in eine Kasse einzahlen und alles sollte bezahlt werden, von der Brille bis zum Zahnersatz.
      Gemeinsam ist es einfach billiger, wie jeder für sich selbst.

    • “das soziale Mindestmaß” – was genau meinen sie damit? Der Begriff ist alles andere als selbsterklärend!

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