Skylla & Charybdis
In der heutigen Kolumne von Julya Rabinowich: die Abgründe und Bergspitzen der Social-Media-Welten, über Emotionstsunamis und die unerträgliche Seichtigkeit des Seins, in der es manchmal nach Rosen riecht und manchmal nach Gülle.
Wien, 23. Juli 20222 | Social Media haben die Welt verändert. Social Media haben diese zuvor noch recht weitläufige Welt zusammengeschnurrt auf kleine luftige Bubbles, die beim Zerplatzen Massenblocklisten auslösen können. Sie sind Austausch von Informationen, schnell wie das Flattern der Augenlider. Sie sind Austausch von Desinformationen, retweetet von “Russia Today” in Überschallgeschwindigkeit. Sie sind Exposition zu Inspirierenden, Narzissten, Brutalos und Menschenlieben. Social Media sind Schuld und Sühne.
Oder die Darbietung der fabelhaften Welt der Amnesie, aus der diverse Screenshots ein unsanftes Erwachen bieten, und gleichzeitig auch die unerträgliche Seichtigkeit des Seins (ab und zu jedenfalls). Social Media sind nahe Fremde. Sind Gedankenstreicheln und die Faust aufs virtuelle Auge. (Dont try this at home). Hier gibt es Zuckerbrot und Peitsche, Crowdfunding von Rollstühlen und Anwaltskosten, die anonyme Menge, die es mit Mächtigen und Ohnmächtigen aufnimmt, mal im Guten, mal im Bösen.
Social Media sind reine, zum Missbrauch einladende Emotionstsunamis. Wer in eine solche Lawine gerät, der lasse alle Hoffnung auf vernünftigen Dialog fahren. Zumindest eine gröbere Zeit lang. Wer hier eintritt, wird Wunder und Banales, wird Himmel und Hölle erleben. Vielleicht lieben. Relativ leicht hassen. Sich diesem Hass wieder entziehen. Weitermachen. Weiterwachsen.
Hier lernt man Grenzen kennen – seine eigenen und die der anderen. Hier werden Karrieren entfacht und Karrieren abgefackelt. Hier lernt man falsche Freunde und echte Feinde kennen, aber auch andersrum. Hier ist fast alles möglich – bis zum Nervenzusammenbruch, bis zum Glückseklat.
Hier gibt es Foodporn und echtes Porn. Hier werden Slim-Fit-Boys groß und klein gemacht. Insta baut sie auf, Twitter lässt ihnen einen scharfen Wind ins Gesicht wehen (durchaus in jeder Hinsicht). Hier ist ein luftleerer Raum zwischen der Online-Persona und der echten. Manchmal riecht es nach Rosen, ab und an nach Gülle. Diese Welt ist unendlich und so furchtbar begrenzt. Hier werden Menschen zu Monstern und zu Engeln, hier herrscht der Schwarm.
Hier kann es passieren, dass man vom anonymen schönen Mann auf der Straße träumt und das auch öffentlich mitteilt, nur um festzustellen, dass der schöne Mann ums Eck wohnt – und mitliest. Ja, fragen Sie nicht, warum ich das weiß. Und jetzt gibt es für zwei Wochen Twitterpause.
Titelbild: ZackZack
“Und jetzt gibt es für zwei Wochen Twitterpause.”
Zwei Tage, länger hielt es Smokie Joe nicht aus.
… hier herrscht der Schwarm!
Wahrlich, im Informationsüberangebot, mit oder ohne Inhalt, haben leider auch die Schwärme ihr Schwarmverhalten verloren.
Schwarmintelligenz: “Sind wir gemeinsam wirklich klüger?”..erfüllt sich scheinbar bis dato leider nicht, wenn ich mir die letzten zwei Jahre anschaue, was mit uns gemacht wurde…..
…, haben leider auch die Schwärme ihr Schwarmverhalten verloren.
👍
„Willst du ein klares Urteil über deine Freunde gewinnen, so frage deine Träume.“
―Karl Kraus
wenn er hinter der tastatur sitzt und seinen geistigen müll absondert, ist er der härteste kerl weit und breit.
der tastaturheld
https://www.hagerhard.at/blog/2018/03/der-tastaturheld/
Wenn man sich in die Welt der Social Media begibt und rechte Querdenker beanstandet, kann es einem schon mal passieren dass man mit Folter und Mord bedroht wird. Und wendet man sich dann an die Polizei oder St.A. (OÖ/Wels) erlebt man dann sein “blaues” Wunder. Da bleib ich lieber bei der Schmalspurversion in Form von zackzack.
Gute Worte..
G r a n d i o s !
Wenn der Mann ums Eck zufällig auch gscheit ist, weiß er, was jetzt zu tun ist 🙂
… sicher? Es ist ein Mann!
👌😀 Da muss jeder mal durch… früher oder später🙂
Toller Text. Da braucht’s keine Ergänzung. Den kann man einfach wirken lassen….
Wirklich schöner Text. Wirkt nach!