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Überredung statt Verführung auf Netflix – Pop up

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Die neueste Netflix-Verfilmung des Jane Austen-Klassikers “Persuasion” ist leider ein Flop. Das liegt nicht an den modernen Elementen. 

Stefanie Marek

Wien, 23. Juli 2022 | Wenn jemand anderer den Film unablässig kommentiert, den man sich gerade ansehen möchte, ist es fast unmöglich, sich auf die Geschichte einzulassen, die der Film erzählen will.

Genau so geht es einem, wenn man versucht, sich “Überredung” anzusehen, der vor kurzem auf Netflix erschienen ist – selbst wenn man allein dabei ist. Denn die störende Person ist leider die Hauptfigur selbst, die ständig die vierte Wand durchbricht.

Zu viel Erzählung zu wenig Entfaltung

Anne Ellitot (Dakota Johnson), die sich vor Jahren gegen die Heirat mit einem Mann aus armen Verhältnissen entschieden hat und dann eine zweite Chance bekommt, erzählt uns Zuschauenden zu viel von ihren Gefühlen und zeigt uns zu wenig davon. Und das tut dem Film und vor allem den zwischenmenschlichen Beziehungen, die er zeigen will, nicht gut. Eine der wichtigsten Regeln beim Geschichtenerzählen lautet nicht umsonst “Show, don’t tell!”.

Die einzigen Stellen, an denen diese Technik funktioniert, sind jene, in denen Anne von ihren furchtbaren Verwandten erzählt, die – toll gespielt und witzig geschrieben – sogleich unter Beweis stellen, wie viel Wahres an Annes Ausführungen ist.  Die vierte Wand hätte man viel sparsamer einsetzen müssen.

Moderne Elemente pointierter einsetzen

Moderne Aussagen wie “Er ist eine Zehn. Ich vertraue nie einer Zehn” oder die Protagonistin, die ihren Liebeskummer in der Badewanne und mit Wein ertränkt wie in einer Romanze aus den 1990ern, passen nicht in die Jane Austen-Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Sie stören aber nicht per se.

Man hätte durchaus ein Experiment mit den modernen Elementen wagen können, hätte man sie ebenfalls sparsamer eingesetzt um den richtigen Effekt zu erzielen. So wirkt der Film eher als könnte er sich nicht entscheiden, was er sein will.

Besetzungsmuster als Plus

Die Besetzung, die wie auch im Netflix-Hit “Bridgerton” ganz natürlich mehrere Ethnizitäten vereint, ist hingegen ein gelungener moderner Touch. Leider baut die Handlung sich insgesamt zu lange auf, um dann gegen Ende viel zu schnell zu schließen.

Fazit: “Persuasion”, so der Originaltitel des Buches von Jane Austen, wird auf Deutsch mit “Überredung” übersetzt, anstatt wie in anderen Verfilmungen mit “Verführung”. Es bedarf leider wohl Ersterem, um sich den Film anzusehen.

Titelbild: APA Picturedesk

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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