Samstag, April 20, 2024

»Toxische Ehe mit Land« – Tierheim-Exodus in der Steiermark

»Toxische Ehe mit Land«

Fünf steirische Tierheime kündigten ihren Vertrag mit dem Land Steiermark. Man beklagt eine “toxische Ehe mit dem Land”.

Graz, 27. Juli 2022 | Die – fristgerechte – Kündigung des Verwahrungsvertrages zwischen fünf steirischen Tierheimen und dem Land Steiermark wurde am Mittwoch eingereicht. Damit läuft die Zusammenarbeit mit 31. Dezember 2022 aus – die Tierheime erhalten somit ab 1. Jänner 2023 kein Geld mehr vom Land. Die Heime möchte man dennoch aufrechterhalten, hieß es am Mittwoch seitens des Obmanns für Aktiven Tierschutz, Karl Forstner, in einer Pressekonferenz in Graz.

Die fünf steirischen Tierheime – Arche Noah Graz, Tierheim Kapfenberg, Tierheim Trieben, Tierheim Franziskus, Tierschutzverein Leibnitz Adamhof – könnten diese “toxische Ehe mit dem Land” nicht mehr weiterführen, so Forstner. Sie bekämen vom Land nicht genug Geld, um ihre Kosten decken zu können. Die Arche Noah beschäftige beispielsweise 25 Mitarbeiter – die für den Betrieb des Tierheims vorgeschrieben sind – mit einem Mindestlohn von rund 30.000 Euro brutto im Jahr. Insgesamt seien das rund 750.000 Euro an Personalkosten. Ein Mitarbeiter bekomme dadurch rund 1.300 Euro netto im Monat.

Vom Land erhalte man eine Leistungsentschädigung von rund 635.000 Euro. Hinzu würden aber noch weitere Kosten kommen: Tierarzt, Versicherungen, Müllentsorgung etc., wodurch sich die Gesamtkosten im Jahr 2020 beispielsweise auf knappe 1,7 Millionen Euro beliefen. Auch in den anderen genannten Tierheimen sei die finanzielle Situation ähnlich – man könne mit der Leistungsentschädigung vom Land nicht einmal die Personalkosten decken. “Jeder Trottel kann sich ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht”, äußerte Hans Nagel, Obmann des Tierheims Trieben, verärgert.

“Dieser Vertrag geht nicht mehr”

“Dieser Vertrag geht nicht mehr”, sagte der Tierarzt der Arche, Hans Vollmeyer. Welche genauen Auswirkungen dies nun zur Folge hat, wisse man noch nicht. Die Tierheime wolle man aufrechterhalten – was teilweise mit der Sammlung von Spenden möglich sein werde. Die Vertragsbeendigung bedeute jedenfalls nicht, dass die Zusammenarbeit mit dem Land Steiermark für immer vorbei sei – man beende lediglich den Verwahrungsvertrag von 2014 und fordere gleichzeitig eine Lösung. Es seien schließlich auch Tiere untergebracht, die durch die Behörde abgenommen wurden, und somit dem Land “gehören”. Neue Verträge oder eine Umstrukturierung des Tierheimwesens in der Steiermark würden zumindest seitens der Tierheime im Raum stehen.

Die Tierheime warfen dem Land vor, eine “Wegschau-Taktik” zu verfolgen, “um die Betreuungskosten niedrig zu halten”, wie es in der Aussendung von Mittwoch hieß. Es würden Entscheidungen vom Land hinausgeschoben werden. Nun habe man zusätzlich ein Verfahren der Staatsanwaltschaft am Laufen, das die Kostenevaluierung des Landes unterbrochen habe. Gründe dafür seien Vorwürfe über wirtschaftliche Untreue und Tierquälerei, für die es aber keine Beweise gebe, wie seitens der Arche Noah erklärt wurde.

Tierschutzreferent LHStv. Anton Lang (SPÖ) bedauerte in einer Reaktion die Vertragsbeendigung: “Der heute bekannt gegebene Schritt der Vertragspartner ist enttäuschend, denn als Land Steiermark haben wir in den vergangenen Jahren vieles umgesetzt und den Tierschutz in der Steiermark auf ein neues Level gehoben.” Auf APA-Nachfrage wurde gesagt, dass man über alles weitere erst entscheiden müsse. Die Tiere sollen unter dieser Kündigung aber nicht leiden. Erst am Dienstag wurde von Lang aufgrund der Teuerungen eine Erhöhung von 15 Prozent der Entschädigungskosten angekündigt.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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7 Kommentare

  1. Einstmals gab es eine grüne Partei in Österreich, welche sich den Tierschutz auf ihre Fahnen heftete. Schade, dass es diese Partei seit ca. 3 Jahren nicht mehr gibt. Zum Glück gibt es den Herrn Balluch. Selbiger setzt sich heldenhaft für die armen und geschundenen Tiere ein. Dieser Mann verdient jede nur erdenkliche Unterstützung von uns allen…
    Es muss auch hier dringend heller werden!

        • 😂
          In der letzten Zeit wurden Tierschützer oft mit staatlicher Kraft an die Straße “geheftet” bevor sie übergangsweise grob gefilterte Luft atmen durften, nachfolgend wurden diese mit etlichen Gerichtsterminen “beschäftigt”.

          • Lieber ManFromEarth, den unglaublichen Skandal um den Tierschützerprozess habe ich mitverfolgt. Hier hat eine willkürliche schwarze Exekutive und selbige Justiz eine absolut illegale Aktion gestartet, noch lange bevor die kriminellen Verquickungen selbiger durch die Borgata bekannt wurden. Seinerzeit konnten Holzer und Pilnacek noch ungestört ihre parteilichen Spielchen, angestachelt durch Parteifreunde der Bekleidungsindustrie durchziehen, ohne dass die Außenwelt Kenntnis davon erlangte. Einer der Hauptakteure der rechtlich dubiosen Abhöraktionen war ein gewisser Stefan Pfandler, ein devoter schwarzer Parteisoldat. Selbiger wurde erst kürzlich zum Leiter des LKA-NÖ ernannt. Zum Glück wurden Balluch und seine Mitkämpfer freigesprochen. Selbige sind für mich Helden. Helden, wie wir ja aus der Geschichte wissen, haben oft schwere Zeiten durchzustehen, bevor selbige ans Licht gelangen. Meine Unterstützung haben diese Individualisten.
            Es muss hier viel heller werden!

          • Menschen die für unsere Mitlebewesen und Biosphäre einstehen und aktiv Partei ergreifen, werden ins lächerliche gezogen, direkt bekämpft, abgestellt und in vielen Gegenden der Welt offen ermordet. Es gibt so gut wie keine Konsequenzen für die durchführenden, schon gar nicht für deren Auftraggeber.
            Die Biosphäre duldet das nicht mehr, ihre Reaktionen werden heftiger, von Tag zu Tag.

            “Only after the last tree has been cut down / Only after the last river has been poisoned / Only after the last fish has been caught / Then will you find that money cannot be eaten.”

            „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“

            Rede des Häuptling Seattle der Suquamish (Cree Indianer) im Jahr 1854

  2. Mehr fällt dem Tierschutzverantwortlichen Anton Lang (SPÖ) nicht ein, als es “Es tut mir leid”???

    Ein politisches Armutszeugnis, wenn man sich so wenig um die anvertrauten Bereiche seiner Zuständigkeit kümmert!

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