Freitag, April 19, 2024

VCÖ fordert Tempo 80 auf Freilandstraßen

Über die Hälfte der tödlichen Unfälle passiert auf Freilandstraßen. Der Verkehrsclub Österreich fordert nun, dort ein allgemeines Tempolimit von 80 km/h einzuführen.

Wien, 1. August 2022 | In den vergangenen drei Jahren kamen auf Österreichs Freilandstraßen insgesamt 628 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, das waren 56 Prozent aller Verkehrstoten. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) auf Basis von Daten der Statistik Austria. Der VCÖ fordert daher, das Tempo auf Freilandstraßen von 100 auf maximal 80 km/h zu reduzieren. Das reduziere den Anhalteweg und damit das Unfallrisiko, betonte der VCÖ.

Auch eine am Wochenende veröffentlichte Studie der Forschungsgesellschaft Straße, Schiene und Verkehr (FSV) sprach sich für die Senkung der Tempolimits auf Autobahnen, Freilandstraßen und im Ortsgebiet aus.

Geschwindigkeit Unfall-Ursache Nummer eins

Bei jedem dritten tödlichen Verkehrsunfall außerhalb des Ortsgebiets (inklusive Autobahnen und Schnellstraßen) war die Geschwindigkeit die Hauptursache, machte der VCÖ aufmerksam. Die zweithäufigste Unfallursache – Ablenkung und Unachtsamkeit – verursachte jeden vierten tödlichen Verkehrsunfall außerhalb des Ortsgebiets. Die größte Opfergruppe waren PKW-Insassen, die zweitgrößte Motorradfahrer.

“Niedrigere Tempolimits auf Freilandstraßen erhöhen die Verkehrssicherheit und reduzieren zusätzlich den Spritverbrauch, den CO2-Ausstoß und den Verkehrslärm”, stellte Schwendinger fest. Als in der Schweiz im Jahr 1985 zunächst provisorisch und ab dem Jahr 1990 dauerhaft das Tempolimit von 90 auf 80 km/h reduziert wurde, ging die Zahl der Verkehrstoten um zehn Prozent zurück. In Tirol galt Anfang der 1990er-Jahre für rund drei Jahre Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen. Die Zahl der Verkehrstoten ging deutlich zurück. Nach Aufhebung von Tempo 80 durch den Verfassungsgerichtshof nahm die Zahl der Verkehrstoten wieder deutlich zu.

Österreich verfehlt Verkehrssicherheitsziele

Der VCÖ wies darauf hin, dass Österreich in den vergangenen Jahren seine Verkehrssicherheitsziele – trotz Rückgangs infolge der Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie – deutlich verfehlt hat. So lautete das Ziel für das Jahr 2020, die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr auf weniger als 312 zu reduzieren, tatsächlich verloren aber 344 Menschen ihr Leben bei einem Verkehrsunfall. Und anstatt zu sinken, nahm die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2021 auf 362 zu. Heuer stieg die Anzahl der Todesopfer im Straßenverkehr in den ersten sieben Monaten weiter an.

“Insgesamt hat Österreich bei der Verkehrssicherheit großen Nachholbedarf”, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer gegenüber ZackZack. Aufgrund der ähnlichen Topografie und Bevölkerungsdichte eignet sich die Schweiz für den Vergleich. Dort gilt bereits das Tempolimit von 80 km/h auf Freillandstraßen, außerdem ein Tempo-Maximum von 120 km/h auf Autobahnen. Zusätzlich gebe es keine Toleranz, wenn das Tempolimit überschritten werden, während diese in Österreich hoch seien, so Gratzer. Außerdem gebe es in der Schweiz viele verkehrsberuhigte Begegnungszonen, beispielsweise in Bern.

Disco-Busse und Sammeltaxis könnten helfen

Neben einem niedrigeren Tempolimit und den entsprechenden Kontrollen zur Einhaltung sind dem VCÖ zufolge auch diverse Zusatzmaßnahmen notwendig, besonders im ländlichen Bereich. Dazu gehören etwa Disco-Busse und mehr Anruf-Sammeltaxis, um dort die Zahl schwerer Verkehrsunfälle insbesondere am Wochenende zu reduzieren. “Es ist wichtig, dass Jugendliche eine sichere Alternative zu Autos haben”, so Gratzer.

Auch baulich getrennte Geh- und Radwege entlang von Freilandstraßen, wie man es aus den Niederlanden kennt, sowie sichere Übergänge im Bereich von Siedlungen und Bus-Haltestellen seien wichtig. “Da haben wir in Österreich manchmal die Situation, dass Radfahrer und Fußgänger am Rand der Freilandstraße fahren müssen”, schildert Gratzer die Lage.

VCÖ-Vorschlag: Vormerk-System ausbauen

Eine weitere Möglichkeit, um Unfällen vorzubeugen, wäre laut VCÖ, das Vormerk-System für Vergehen im Straßenverkehr auszuweiten, nach dem Beispiel des Punktesystems in Deutschland. Dort sei die Delikt-Liste viel umfangreicher als in Österreich, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Hierzulande fehle etwa “Handy am Steuer”. Wer viele Punkte erreicht, bekommt erst eine schriftliche Verwarnung und wird im nächsten Schritt zu einer Nachschulung zitiert. Im äußersten Fall wird für eine gewisse Zeit der Führerschein eingezogen.

UPDATE: Der Artikel wurde um 14.32 Uhr um die Stellungnahme von VCÖ-Sprecher Christian Gratzer ergänzt.

(pma/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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11 Kommentare

  1. 80 – 120 finde ich einen guten Vorschlag. Das Punktesystem wie in D aber überhaupt nicht. Da wird jeder kleine Schas eingetragen.

    • Wär schon schlimm, wenn die Alk Fahrer nachdem sie zum 3. Mal erwischt wurden, den Schein nie wieder bekommen würden, nicht.

  2. Mit GehEndlichWesslers “Radfahrer haben immer Vorrang” wird sich zumindest evolutionär einiges auf der Straße tun. Damit sollte ein signifikanter Anteil an Grünwählern wegfallen, damit diese Sekte endlich wieder aus dem Nationalrat fliegt und ein wenig mehr Vernunft Platz bekommt.

  3. Am Besten fahren wir gar nicht mehr, dann hats am Ende 0 Verkehrstote.
    Ist der Staat wirklich dafür verantwortlich das sich die Menschen mit dem Auto, Motorrad, Fahrrad nicht selbst in Gefahr bringen? Eigenverantwortung, Fahrkönnen, Einschätzen des Straßenzustands etc. ist das nicht die Aufgabe des Lenkers?

    Mich nerven schon die Autofahrer die mit Distance Control und 40 Meter Abstand hinter einem 40 km/h fahrenden Traktor fahren und auch auf der übersichtlichsten Strecke nicht ans Überholen denken. Sowas fordert dann immer wieder waghalsige Aktionen der Verkehrsteilnehmer heraus, die an dem Tag noch etwas vorhaben und schneller voran kommen wollen.

  4. Wie viel % des Strassenverkehrs spielt sich noch bei Geschwindigkeiten von 80 km/h oder höher ab? Der Löwenanteil des Verkehrs zuckelt im Ortsgebiet oder auf verstauten Stadtautobahnen dahin – bei einem irren Verbrauch. Da fallen die wenigen flotten Überlandstrecken nicht mehr wirklich ins Gewicht. Und wenn die immer mehr werdenden Menschen in Österreich auch noch alle Autofahren wollen, verkommen unsere Strassen eh zu einem riesigen Parkplatz. Weniger ist mehr – aber nicht unbedingt bei der Geschwindigkeit.

    • VCÖ=Sinnloser Verein. Was will man sich von einer Institution erwarten die von den unnötigen GrünInnen unterwandert ist!

    • Es geht um Ideologie und nicht um Fakten. Zum Glück kann sich kein Grünwähler ein Auto leisten. Die würden pausenlos Tiktok und Whatsapp glotzen, während sie ihre eigenen Lastenfahrradfreunde, die ihnen den Bio-Tofu in den Supermarkt führen, über den Haufen schieben.

      • Das grüne Wernerle hat aber schon ein Auto. Ein ganz besonderes sogar, ähnlich wie das vom Knightrider-Hasselhoff. Wernerles Auto fährt manchmal ganz selbständig ohne Fahrer in der Tiefgarage los und crasht dann, keiner ist’s gewesen, niemand hat’s gesehen.

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