Dienstag, März 25, 2025

VCÖ fordert Tempo 80 auf Freilandstraßen

Über die Hälfte der tödlichen Unfälle passiert auf Freilandstraßen. Der Verkehrsclub Österreich fordert nun, dort ein allgemeines Tempolimit von 80 km/h einzuführen.

Wien, 1. August 2022 | In den vergangenen drei Jahren kamen auf Österreichs Freilandstraßen insgesamt 628 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, das waren 56 Prozent aller Verkehrstoten. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) auf Basis von Daten der Statistik Austria. Der VCÖ fordert daher, das Tempo auf Freilandstraßen von 100 auf maximal 80 km/h zu reduzieren. Das reduziere den Anhalteweg und damit das Unfallrisiko, betonte der VCÖ.

Auch eine am Wochenende veröffentlichte Studie der Forschungsgesellschaft Straße, Schiene und Verkehr (FSV) sprach sich für die Senkung der Tempolimits auf Autobahnen, Freilandstraßen und im Ortsgebiet aus.

Geschwindigkeit Unfall-Ursache Nummer eins

Bei jedem dritten tödlichen Verkehrsunfall außerhalb des Ortsgebiets (inklusive Autobahnen und Schnellstraßen) war die Geschwindigkeit die Hauptursache, machte der VCÖ aufmerksam. Die zweithäufigste Unfallursache – Ablenkung und Unachtsamkeit – verursachte jeden vierten tödlichen Verkehrsunfall außerhalb des Ortsgebiets. Die größte Opfergruppe waren PKW-Insassen, die zweitgrößte Motorradfahrer.

“Niedrigere Tempolimits auf Freilandstraßen erhöhen die Verkehrssicherheit und reduzieren zusätzlich den Spritverbrauch, den CO2-Ausstoß und den Verkehrslärm”, stellte Schwendinger fest. Als in der Schweiz im Jahr 1985 zunächst provisorisch und ab dem Jahr 1990 dauerhaft das Tempolimit von 90 auf 80 km/h reduziert wurde, ging die Zahl der Verkehrstoten um zehn Prozent zurück. In Tirol galt Anfang der 1990er-Jahre für rund drei Jahre Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen. Die Zahl der Verkehrstoten ging deutlich zurück. Nach Aufhebung von Tempo 80 durch den Verfassungsgerichtshof nahm die Zahl der Verkehrstoten wieder deutlich zu.

Österreich verfehlt Verkehrssicherheitsziele

Der VCÖ wies darauf hin, dass Österreich in den vergangenen Jahren seine Verkehrssicherheitsziele – trotz Rückgangs infolge der Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie – deutlich verfehlt hat. So lautete das Ziel für das Jahr 2020, die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr auf weniger als 312 zu reduzieren, tatsächlich verloren aber 344 Menschen ihr Leben bei einem Verkehrsunfall. Und anstatt zu sinken, nahm die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2021 auf 362 zu. Heuer stieg die Anzahl der Todesopfer im Straßenverkehr in den ersten sieben Monaten weiter an.

“Insgesamt hat Österreich bei der Verkehrssicherheit großen Nachholbedarf”, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer gegenüber ZackZack. Aufgrund der ähnlichen Topografie und Bevölkerungsdichte eignet sich die Schweiz für den Vergleich. Dort gilt bereits das Tempolimit von 80 km/h auf Freillandstraßen, außerdem ein Tempo-Maximum von 120 km/h auf Autobahnen. Zusätzlich gebe es keine Toleranz, wenn das Tempolimit überschritten werden, während diese in Österreich hoch seien, so Gratzer. Außerdem gebe es in der Schweiz viele verkehrsberuhigte Begegnungszonen, beispielsweise in Bern.

Disco-Busse und Sammeltaxis könnten helfen

Neben einem niedrigeren Tempolimit und den entsprechenden Kontrollen zur Einhaltung sind dem VCÖ zufolge auch diverse Zusatzmaßnahmen notwendig, besonders im ländlichen Bereich. Dazu gehören etwa Disco-Busse und mehr Anruf-Sammeltaxis, um dort die Zahl schwerer Verkehrsunfälle insbesondere am Wochenende zu reduzieren. “Es ist wichtig, dass Jugendliche eine sichere Alternative zu Autos haben”, so Gratzer.

Auch baulich getrennte Geh- und Radwege entlang von Freilandstraßen, wie man es aus den Niederlanden kennt, sowie sichere Übergänge im Bereich von Siedlungen und Bus-Haltestellen seien wichtig. “Da haben wir in Österreich manchmal die Situation, dass Radfahrer und Fußgänger am Rand der Freilandstraße fahren müssen”, schildert Gratzer die Lage.

VCÖ-Vorschlag: Vormerk-System ausbauen

Eine weitere Möglichkeit, um Unfällen vorzubeugen, wäre laut VCÖ, das Vormerk-System für Vergehen im Straßenverkehr auszuweiten, nach dem Beispiel des Punktesystems in Deutschland. Dort sei die Delikt-Liste viel umfangreicher als in Österreich, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Hierzulande fehle etwa “Handy am Steuer”. Wer viele Punkte erreicht, bekommt erst eine schriftliche Verwarnung und wird im nächsten Schritt zu einer Nachschulung zitiert. Im äußersten Fall wird für eine gewisse Zeit der Führerschein eingezogen.

UPDATE: Der Artikel wurde um 14.32 Uhr um die Stellungnahme von VCÖ-Sprecher Christian Gratzer ergänzt.

(pma/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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