Moskau erklärt Solidarität mit China
Der bevorstehende Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan erregt die Gemüter. China droht mit militärischen Reaktionen, Russland bekundet seine Solidarität mit Peking.
Peking/Moskau/Taipeh/Washington, 2. August 2022 | Die hochrangige US-Politikerin Nancy Pelosi steht übereinstimmenden Medienberichten zufolge kurz vor einem Besuch der Pazifikinsel Taiwan. Trotz massiver Drohungen vonseiten Chinas wird die Demokratin heute Abend (Ortszeit) in der Hauptstadt Taiwans, Taipeh, erwartet. Die russische Führung hat daraufhin ihre Solidarität mit der Volksrepublik China erklärt.
Russland schmeichelt China
Die politische Führung in Moskau befindet sich aufgrund des Ukraine-Krieges auf Konfrontationskurs mit den USA, die die Ukraine mit Waffen unterstützt. Die Konflikte zwischen China und den Vereinigten Staaten werden daher in Russland mit Freude kommentiert: „Alles im Zusammenhang mit dieser Tour und dem möglichen Besuch in Taiwan trägt natürlich eine höchst provokative Note”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. „Wir wollen noch einmal betonen, dass wir hier absolut solidarisch mit China sind.” Umgekehrt hat China bis heute den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht offiziell verurteilt.
China droht mit militärischen Maßnahmen
Peking hatte den USA für den Fall eines Besuchs Pelosis mit Konsequenzen gedroht. Militärmanöver, Bewegungen der Marine und der Luftwaffe, sowie die Sperrung von Seegebieten wurden seitens China ins Spiel gebracht. Insidern zufolge flogen zuletzt mehrere chinesische Kampfflugzeuge nahe der Grenzlinie in der Straße von Taiwan. Zudem patrouillieren chinesische Kriegsschiffe seit Montag in der Nähe der inoffiziellen Pufferzone in der Meerenge.
Das Verteidigungsministerium in Taipeh erklärte am Dienstag, wenn die Spannungen zunähmen, würden als Reaktion auf “feindliche Bedrohungen” in angemessener Weise Streitkräfte entsandt. Taiwan habe einen vollständigen Überblick über die militärische Aktivität in seiner Umgebung. Das taiwanesische Militär erhöhte seine Kampfbereitschaft. Wie die Nachrichtenagentur CNA unter Berufung auf eine Quelle berichtete, erfolgte der Befehl als Reaktion auf die Bedrohung durch die chinesische Volksbefreiungsarmee und deren Manöver mit Schießübungen. Die erhöhte Bereitschaft sei bis Donnerstagmittag angeordnet worden.
In Chinas Staatsmedien wurden militärische Reaktionen diskutiert, die von einer Begleitung von Pelosis Flugzeug durch Chinas Luftwaffe und Manövern sogar bis zur Einrichtung einer Flugverbotszone um Taiwan und Raketentests reichten. Die Beziehungen zwischen China und den USA “stehen fast auf des Messers Schneide”, schrieb die parteinahe Zeitung “Global Times” auf Twitter. “Die Gegenmaßnahmen, die das Oberkommando für Pelosis möglichen Taiwan-Besuch vorsieht, müssen um ein Vielfaches rigoroser und umfassender sein, als man es sich vorstellen kann. Chinas Warnung an die USA ist kein leeres Gerede.”
USA wollen beruhigen
Das Weiße Haus warnte Peking hingegen vor einer Eskalation. “Es gibt keinen Grund für Peking, einen möglichen Besuch, der im Einklang mit der langjährigen US-Politik steht, in eine Krise oder einen Konflikt zu verwandeln”, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag im Weißen Haus. Die USA würden sich nicht auf “Säbelrasseln” einlassen, sagte er. “Gleichzeitig lassen wir uns aber auch nicht einschüchtern.”
Der Taiwan-Konflikt
Der Status Taiwans ist einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen den USA und der chinesischen Volksrepublik. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte in Richtung US-Präsident Joe Biden mit scharfen Worten aufhorchen lassen: „Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen.” Aus Sicht der chinesischen Führung gehört Taiwan zur Volksrepublik, obwohl es schon vor deren Gründung 1949 eigenständig regiert war. Die 23 Millionen Einwohner zählende Insel versteht sich auch schon lange als unabhängig. Für China ist Taiwan dagegen lediglich eine abtrünnige Provinz. Deshalb lehnt Peking offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab.
Droht bald Krieg?
Immer wieder droht die chinesische Führung mit einer gewaltsamen Eroberung der Insel. In Taiwan selbst hat man deshalb das Militärbudget massiv erhöht. Anfang Jänner absolvierte man eine Militärübung, bei der man den Häuserkampf mit Soldaten der Volksrepublik China simulierte. Im Falle eines Angriffs auf Taiwan könnte ein Krieg globalen Ausmaßes entstehen. Denn US-Präsident Joe Biden ließ China schon vergangenen Oktober wissen, dass die USA Taiwan verteidigen würden.
(dp/apa)
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