Dienstag, April 23, 2024

Raiffeisen erzielt mit Russland-Tochter Rekordgewinne

Der Krieg tobt weiter, doch entgegen mancher Erwartungen macht die in Russland stark vertretene Raiffeisen-Bank Rekordgewinne. Seit 2011 hat die russische Tochtergesellschaft keine derart hohen Gewinne verzeichnet.

Wien/Moskau, 03. August 2022 | Es ist und bleibt ein Politikum: Das Russland-Geschäft der Raiffeisen-Bank. Seit etwa 30 Jahren ist das österreichische Geldhaus in Moskau, die Region Osteuropa (bestehend aus Russland, Belarus, Ukraine) ist traditionell wichtig.

Mit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine dachten viele, die Raiffeisen stünde vor schwierigen Zeiten. In der Ukraine geht derzeit tatsächlich recht wenig, wenn man sich den aktuellen Geschäftsbericht ansieht. In Russland wiederum steigerte man die Gewinne deutlich.

Satte Gewinne trotz Krieg

Offiziell erklärt werden die guten Zahlen mit dem Abstoßen der bulgarischen Tochtergesellschaft Ende 2021, was 453 Millionen Euro einbrachte und sich im Halbjahres-Konzerngewinn von 1,7 Milliarden niederschlägt. Im zweiten Quartal 2022 kommt man auf ein Gesamt-Konzernergebnis von 1,27 Milliarden Euro. Doch das Ergebnis einer anderen Tochtergesellschaft dürfte weit mehr von Interesse sein: Allein im zweiten Quartal verbuchte die Russland-Tochter satte 534 Millionen Euro Gewinn. Das ist jetzt schon mehr als im gesamten Vorjahr (474 Millionen Euro).

Sowohl Netto-Zinsertrag (um 77,3 Prozent auf 394 Millionen Euro) als auch Netto-Provision (um 68,6 Prozent auf 420 Millionen Euro) stiegen bei der russischen Niederlassung im selben Zeitraum deutlich an. Laut der russischen Ausgabe des US-Magazins „Forbes“ sind die Zahlen etwa auf die Stärkung des Rubels, die Zins-Situation sowie auf restriktiven Maßnahmen der Währungskontrolle seit dem Frühjahr zurückzuführen. Die Erwartungen für das Kreditvolumen wurden indes nach unten geschraubt.

Von Rückzug keine Rede mehr

Im März hatte die Raiffeisen noch erwogen, sich aus dem Russland-Geschäft zurückzuziehen. Ein paar Monate später ist die Sachlage eine andere. Die Bank gibt sich eher technisch und kommt zum Schluss, dass man mindestens noch weitere sechs Monate in Moskau arbeiten könne. Die Situation sei aber „sehr komplex“, die Rahmenbedingungen änderten sich ständig, so RBI-Chef Johann Strobl. Man erwäge „strategische Optionen“.

Wie das deutsche „Handelsblatt“ Anfang Juli berichtete, weiten einige europäische Banken ihre Russland-Sparten wieder aus und sind auf der Suche nach neuem Personal. Grund ist, dass der Kreml die Banken nicht ziehen lassen will. Geschadet hat das der Raiffeisen offenkundig nicht. Die drei größten ausländischen Banken auf dem russischen Markt sind neben der Raiffeisen die US-amerikanische Citibank sowie die italienische Unicredit.

Für Raiffeisen liegt Erklärung in Bulgarien

Auf eine ZackZack-Anfrage betont eine RBI-Sprecherin vor allem die positiven Auswirkungen des Verkaufs der Bulgarien-Tochter und skizziert die schwierigen Rahmenbedingungen seit dem Krieg. Man habe das Kredit-Portfolio im zweiten Quartal um 22 Prozent nach unten geschraubt, die Zahl der Kunden in Russland habe sich um ganze 800.000 im selben Zeitraum verkleinert.

Bemerkenswert, denn im selben Zeitraum verzeichnete die Raiffeisenbank Russland, wie „Forbes“ schreibt, einen „außerordentlichen Zufluss von Kundengeldern“ – bedingt durch tiefere Zinsen und die Einführung von Provisionen.

Die Sprecherin erklärt den deutlichen Anstieg der Bilanzposten auch mit der Stärke des US-Dollars und der Aufwertung des russischen Rubels. Aufgrund des Ausschüttungsverbots von Dividenden seitens der Russischen Föderation verbleibe der Gewinn der Raiffeisen Bank Russland „vollständig bei ihr und dient zur Stärkung ihrer Eigenkapitalausstattung“.

„Setzen alle Sanktionen um“

So oder so: Das RBI-Russland-Geschäft wird wohl weiterhin polarisieren. Das liegt auch am einen oder anderen illustren Kunden, der zumindest in der Vergangenheit der Raiffeisen vertraut hat. Bekannte Beispiele sind die umstrittenen Oligarchen Oleg Deripaska und Dmytro Firtasch, Berichten zufolge beide angeblich nicht mehr bei der RBI.

Zu etwaigen Kundenbeziehungen könne man sich laut RBI-Sprecherin aufgrund des Bankgeheimnisses nicht äußern. Man setze zudem „selbstverständlich“ alle Sanktionen um. Sowohl Deripaska als auch Firtasch gelten als Kreml-nah, auch wenn sich die zwei Oligarchen mit Beginn des Krieges in Distanzierung übten. Deripaska jedenfalls hat das nicht geholfen, er steht nach anfänglichem Zögern auf der EU-Sanktionsliste.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk (AFP/Kirill KUDRYAVTSEV)

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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19 Kommentare

  1. Vor allem aufgrund der Möglichkeit, mit Hilfe von Banken Geld zu waschen, hat Russlands
    organisierte Kriminalität ein großes Interesse am Bankensektor. Der unterentwickelte Zustand
    des privaten Bankensektors in der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre, die geringen Anforderungen zur Gründung einer Bank und die mangelnden Kontrollen in Verbindung mit der
    fehlenden Erfahrung staatlicher Aufsichtsbehörden erleichterten es russischen Gruppen der organisierten Kriminalität, enge Kontakte mit privaten Geschäftsbanken zu entwickeln und
    diese teilweise auch zu übernehmen. Dabei bevorzugten kriminelle Vereinigungen aus Russland zuerst Banken in den baltischen Staaten. Hier hatte sich das Bankensystem schneller entwickelt, als in den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Der Handel mit Devisen unterlag geringeren Restriktionen. Es gab bereits Kontakte mit westlichen Banken und die Währungen der baltischen Staaten waren stabiler als der russische Rubel. Die russische Mafia b

    • enutzte deshalb baltische Banken, um Gelder zu waschen und in den Westen zu transferieren.
      Auf längere Sicht war der baltische Bankensektor aber zu klein für die Bedürfnisse der russischen organisierten Kriminalität. So gab es 2018 in Russland bereits über 3.000 Banken. In
      Lettland waren es hingegen nur 55, in Litauen 21 und in Estland 20 Banken. Der russische
      Bankensektor war mittlerweile auch entwickelt genug, um komplexere Transaktionen, wie sie
      bei Kapitalflucht oder Geldwäsche erforderlich sind, durchführen zu können.
      Nicht nur wegen der besseren Bedingungen für Geldwäsche waren russische Banken für die
      organisierte Kriminalität interessant. Neugegründete Banken wurden schnell das Opfer von
      Schutzgelderpressung. Außerdem verlangten Schutzgelderpresser von Banken auch Informationen über die finanzielle Situation von Bankkunden. Diese Informationen konnten sie dann benutzen, um weitere Opfer zu finden und diesen gleich ihre Macht zu beweisen.
      Ein Vertreter des Zentrums für Internationale Verbrechensprävention der Vereinten Nationen erklärte im März 2019, dass sich zwei Drittel aller Banken des Landes unter Kontrolle der Mafia befinden.
      Auch ein auffallendes Ergebnis des Bankensektors mit der organisierten Kriminalität ist eine hohe Zahl von Auftragsmorden an Bankern. Von 1992 bis 2017 wurden fast 350 bewaffnete Angriffe auf führende Personen des russischen Bankensektors unternommen. Dabei starben etwa 280 Banker.
      Das entscheidende Problem der Entwicklung des russischen Bankensektors kann deshalb
      darin gesehen werden, dass die eigentlich vorrangige Geschäftstätigkeit selbiger, die
      Vergabe von Krediten an Wirtschaft und Bevölkerung, in Russland extrem unattraktiv ist und
      den Banken kaum das Überleben sichern kann. Die Banken müssen deshalb andere Einnahmequellen finden. Illegale Finanzmarktoperationen und die Verwaltung von Staatsgeldern sind deshalb von zentraler Bedeutung für die Bilanz der meisten russischen Banken. Eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit in diesen Bereichen ist aber nur möglich oder wird zumindest erheblich vereinfacht, wenn korrupte Kontakte zu staatlichen Vergabe- und Aufsichtsbehörden bestehen. Diese Korruptionsnetzwerke stellten
      und stellen eine wesentliche Hypothek für die zukünftige Entwicklung der russischen Volkswirtschaft dar.
      Aber selbige Tatsachen sind dem Raiffeisenmoloch natürlich nicht bekannt und auch kein Hindernis, mit der OK weiterhin einträgliche Geschäfte zu unterhalten. Die Panama-Papers-Affäre wurde von den gleichgeschalteten Medien in Österreich totgeschwiegen und sind längst kein Thema mehr, sowie vergessen. Ausländische Medien berichten ständig von den Raiffeisenmalversationen und dubiosen Geschäftsbeziehungen…
      Es sollte auch hier dringend heller werden!

      • Mein heutiges Lied für Vangelis Reise ins Licht,
        Dunk den Herrn! Kebekus! Feat. Mc Rene, Sister Mary Minaj, DJ Mess-Dee-Naa
        Da wird es gleich heller!

      • Lieber Beobachter, mAn sollten sämtliche Parteien, allen voran die Korruptionspartei, ihre Kredite bei welchen Banken mit welchen Bürgschaften und welchen Bürgen lückenlos offenlegen. Dann könnte es derart hell werden, dass man nicht vom Sommerloch sondern Ozonloch spricht.

        • Liebe Summa summarum, genau. Folgt man der Spur des Geldes, kommt man auch dem Lumpen auf die Schliche. Diesen erfolgreichen Ermittlungsansatz praktizierten auch Falcone und Borsellino und brachten so die Cosa Nostra in beträchtliche Schwierigkeiten. Beide wurden vom italienischen Staat zur Exekution durch die Mafia freigegeben…
          Spricht in Österreich noch jemand von der Bank Burgenland?
          Es sollte auch hier heller werden!

  2. Das RBI-Management geniesst meine Hochachtung, dass es sich dem von der US/EU erzeugten Druck der öffentliche Meinung nicht beugt und leichtfertig das Milliardenvermögen seiner Aktionäre verbrennt. Eine Schliessung des Russland-Geschäfts hiesse, den Russen die offenen Kredite mehr oder weniger zu schenken. Ich hoffe, dass die RBI-Leute bis zum baldigen Zerbröckeln des unseligen Sanktionsregimes durchhalten.

    Übrigens, die meisten westlichen Unternehmen, die medienwirksam und US-devot ihre Russland-Geschäfte geschlossen haben, haben dezent Konstruktionen und Besserungsvereinbarungen gewählt, die ihnen nach dem Ende der Sanktionen die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs erlauben. Verlogene Feigenblattkonstruktionen, passend zu unserer moralisch verlogenen Gesellschaft.

  3. Die Raiffeisen ist auch in Tansania. In Stone-Town(Sansibar) gehst einfach zum Bankomat. Es stehen halt bewaffnete davor…und was war da noch mit den Chinesen in Tansania?
    Das Lieb Kind vom Kurz war ja die Seidenstraße und dafür hat er eine Schleimspur durch China gezogen.

    • Der Kurze ist ein armer Narr. Willdabei sein. Wie in der Schule, wenn einer der überhaupt nicht kicken konnte, mitspielen will.

      • Meiner Meinung nach muß allem…eine ausgesprochen einfache Idee zugrunde liegen.
        Und meiner Meinung nach wird diese Idee, wenn wir sie schließlich entdeckt haben,
        so zwingend, so schön sein, daß wir zueinander sagen werden.
        Ja, wie hätte es auch anders sein können.
        John Wheeler aus der fast ersten Seite vom “Das Lola-Prinzip – die Vollkommenheit der Welt” Rene Egli

      • Dieser Typ Mensch will aber nicht mitspielen.

        Beim Fußball würden solche Leute nie zum Training gehen, und auch nie Zeit oder Interesse für den Sport aufbringen – aber wenn das letzte Spiel der Saison ansteht (und der Meistertitel schon feststeht), sind sie voll motiviert da und möchten die Kapitänsschleife haben.

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