Ausgerechnet
Frauen bekommen wesentlich weniger Pension als Männer. Geht es so weiter wie bisher, müssen Frauen noch fast 100 Jahre auf gleiche Pensionen warten.
Sophie Achleitner
Wien, 06. August 2022 | Ab dieser Woche müssen Frauen in der Pension die Gürtel – rein rechnerisch – enger schnallen. Denn bis zum 3. August, dem Equal Pension Day, hat ein Mann im Schnitt schon jenes Pensionseinkommen bezogen, mit dem eine Frau das ganze Jahr lang auskommen muss. Nicht nur im Erwerbsleben verdienen Frauen wesentlich weniger als Männer. Auch ihre Pensionen sind um einiges geringer. Das beschreibt der Gender Pension Gap, also die Pensionseinkommenslücke zwischen Frauen und Männern.
Kaum Fortschritte in den letzten 25 Jahren
Eine Lücke, die sich kaum schließt: Nur zwei Tage ist der Equal Pension Day im Vergleich zum Vorjahr nach hinten gerückt. 1997 erhielten Frauen mit 46 Prozent etwa halb so viel Pension wie Männer. Inzwischen sind wir bei einem österreichweiten Gender Pension Gap von 38 Prozent angekommen. Viel getan hat sich in den letzten 25 Jahren also nicht, von Gleichstellung bei den Pensionen kann noch lange nicht die Rede sein. Zwischen den Bundesländern gibt es aber deutliche Unterschiede: So bekommen Frauen in Vorarlberg immer noch nur etwa die Hälfte eines Männer-Pensionseinkommens – in Wien liegt der Gender Pension Gap bei etwa 25 Prozent.
Besonders hoch ist die Pensionslücke in jenen Bundesländern, die auch bei den Kinderbetreuungs-Möglichkeiten hinterherhinken. Kein Zufall, denn ein springender Punkt für die Höhe einer Frauenpension ist die Erwerbsarbeitszeit. Und sind Kinderbetreuungsplätze nicht mit Vollzeitbeschäftigung vereinbar oder erst gar nicht vorhanden, sind es immer noch Frauen, die den Löwenanteil der Kinderbetreuung schultern – auf Kosten ihrer Vollzeitgehälter.
Hälfte der Frauen in Teilzeit
Fast die Hälfte der Frauen in Österreich arbeitet in Teilzeit, nur jeder zehnte Mann ist teilzeitbeschäftigt. Durch das niedrigere Einkommen hat Teilzeitarbeit schwerwiegende finanzielle Folgen, die sich bis in die Pension ziehen. Bereits eine dreijährige Teilzeitphase bedeutet einen Verlust von rund 58.200 Euro netto an Lebenseinkommen – Erwerbseinkommen und Pension zusammen – für eine ganzjährig beschäftigte Frau mit mittlerem Einkommen (rund 2.900 Euro brutto). Je länger die Teilzeit andauert, desto höher der Verlust. Mit 15 Jahren Teilzeit liegt der Verlust insgesamt bereits 308.600 Euro netto. Für die Pension bedeutet das: Pro Monat bekommt eine Frau mit mittlerem Einkommen nach fünf Jahren Teilzeit während der Erwerbszeit um etwa 180 Euro netto weniger. Nach 15 Jahren Teilzeit fehlen jeden Monat satte 560 Euro netto beim Pensionseinkommen.
Eine logische Ableitung aus dieser Rechnung: Frauen müssen raus aus der Teilzeitfalle. Ja, aber ohne flächendeckende, umfassende und kostenlose Kinderbetreuung wird es nicht gehen. Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen ist in Österreich vor allem in jenen Bundesländern längst überfällig, in denen auch der Gender Pension Gap besonders hoch ist. Kinderbetreuung ist ein zentraler Schlüssel, um die Pensionslücke zu schließen. Geht es so weiter wie bisher, bleibt der Gender Pension Gap noch knapp 100 Jahre bestehen – etwa fünf Generationen an Frauen, die auf Gleichstellung bei den Pensionen noch warten müssten.
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Sophie Achleitner ist die Gender- und Bildungsexpertin am Momentum Institut. Sie absolvierte nach dem Bachelorstudium der Volkswirtschaftslehre an der WU Wien ihren Master in Policy Economics in den Niederlanden.
Titelbild: ZZ