Donnerstag, März 28, 2024

Fake-Alarm in der Krone – Kommentar

Kommentar

Wie wird die „Kronen Zeitung“ mit der Affäre „Budin“ umgehen? Werden Fake News und ÖVP-Gefälligkeitsjournalismus geduldet? Oder kommt das „Aus“ für den ÖVP-Brückenkopf in Österreichs größter Zeitung?

 

Peter Pilz

Wien, 10. August 2022 | „Laut Auskunft der behandelnden Ärztin (jetzt gerade bei der Visite) muss ich jedenfalls noch zwei Wochen im Krankenhaus bleiben.“ Hans-Jörg Jenewein hat mir diese Nachricht gestern um 9.59 Uhr aus dem Spital geschickt.

Am Abend vorher stellte „Krone“-Redakteur Christoph Budin sich selbst sieben Fragen. Frage 3 lautete: „In welchem Gesundheitszustand befindet sich Hans-Jörg Jenewein?“ Budin gab sich selbst die Antwort: „Er ist schon wieder in „häuslicher Pflege“, wird auch psychologisch betreut.“ Jenewein war mehr als überrascht, als er am Beginn eines langen Spitalsaufenthaltes erfuhr, dass ihn Dr. Budin in häusliche Pflege entlassen hatte.

Fake-Alarm

Gleich nach der Fake-Antwort auf Frage 3 wollte Budin noch etwas von sich selbst wissen: Gab es einen Abschiedsbrief?“ Budins Antwort: „Die ersten Gerüchte bestätigten sich nicht.“ Budin verschwieg dabei ein Detail: Die „ersten Gerüchte“ waren in der „Krone“ veröffentlicht worden – von Budin selbst.

Jenewein fragt sich zurecht, warum ihn der „Krone“-Redakteur noch auf der Intensivstation mit Fake News verfolgt. Warum versinkt Jenewein in der „Krone“ neben seinem erfundenen Abschiedsbrief ins Koma, wacht auf und übersiedelt schnurstracks in häusliche Pflege? Warum verbreitet Budin News, die schon bei erster Überprüfung Fake-Alarm auslösen?

Jeneweins Handy-Daten, die Herbert Kickl möglicherweise schwer belasten, sind längst gesichert. Wer die Spuren zum FPÖ-Chef verfolgen will, findet von Ideenschmiede bis Jenewein-Handy genügend Ansatzpunkte. Man muss nicht auf einen Suizidpatienten eindreschen, um sich einen angeschlagenen FPÖ-Führer vorknöpfen zu können.

Damit es zu keinem Missverständnis kommt: Politisch empfinde ich für Hans-Jörg Jenewein keinen Funken Sympathie. Aber die Art, in der Budin die Macht seiner Zeitung missbraucht, halte ich für inakzeptabel.

Flood the Zone

Warum verbreitet Budin Falschmeldungen? Warum erfindet er Abschiedsbriefe und plötzliche Genesungen? Lässt er Jenewein spontan gesunden, um noch härter auf ihn einprügeln zu können? Oder ist er einfach zu faul, seine Behauptungen durch ein paar Anrufe zu überprüfen?

Vielleicht ist es etwas ganz anderes: Budin hat von Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka einfach das Handwerk gelernt. Fake News oder Real News – egal, Hauptsache News. Wenn sich wer aufregt, kann man am nächsten Tag aus der nächsten Kanone schießen. „Flood the zone“, mit Abschiedsbriefen und häuslicher Pflege, das geht, solange man es in der „Krone“ gehen lässt.

Jobs für die ÖVP

Dazwischen geht es um Politik, um Jobs, die für die ÖVP erledigt werden. Die BMI-Chats zeigen, dass Budin mehr als ein Werkzeug ist. Er gehört dazu und macht Politik, mit dem Kabinettschef des Innenministers und dem Medienstrategen der Partei.

2019 stand die „Kronen Zeitung“ vor einer ähnlichen Situation. Das Ibiza-Video kostete Richard Schmitt seine Schlüsselposition in der „Krone“. Die FPÖ stürzte ab, und die „Krone“ ging aus der freundschaftlichen Nähe in die seriöse Distanz. Seit damals wirft niemand der „Kronen Zeitung“ unstatthafte Nähe zu den Freiheitlichen vor.

Budins Ibiza

Im Fall „ÖVP“ steht die „Krone“-Entscheidung noch bevor. Die Nehammers und ihre Partei haben nach wie vor beste Drähte in die Redaktion. Aber die BMI-Chats und alles, was da noch kommt, können für die Budin-Gruppe das werden, was Ibiza für Schmitt war. Und Nehammer stürzt ab, egal, wie oft ihm seine letzten Getreuen am Boulevard noch unter die Arme greifen.

Vom Chefredakteur abwärts versuchen nicht wenige, die „Krone“ wieder dorthin zu steuern, wo sie Hans Dichand verankert hatte: in eine Position, in der Regierungsparteien nicht weiter als in den Vorhof der „Krone“-Macht kommen.

Dann könnte es soweit sein, dass Christoph Budin den Computer aufklappt, seinen Kündigungsbrief schreibt und das Haus in der Muthgasse verlässt. Der erfahrene Journalist mit den guten Kontakten wird sicher woanders ein gutes Angebot bekommen.

p.s.: Budins BMI-Chats liegen auch anderen Tageszeitungen vor. Aber sie werden nur bei uns veröffentlicht, weil wir überzeugt sind, dass nicht nur über Missstände in Parteien, sondern auch über die in Medien berichtet werden muss.

Titelbild: APA Picturedesk

Redaktion
Redaktion
Die ZackZack Redaktion
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

28 Kommentare

  1. Anscheinend hat man die Spinndoktoren aus der PR Abteilung nun gleich direkt in die Medien hinein verlegt.
    Diese flacheren Strukturen sind vermutlich auch viel effizienter und bleibt auch mehr vom Kuchen für die harten Arbeiter und Ausführer damit übrig?

  2. Ich finde Krone, Kurier und die ÖVP nur noch verwerflich. Wie grauenvoll und unmenschlich sich diese verhalten und Falschmeldungen über Herrn Jennewein verbreiten grenzt an öffentlichen Mobbing und gehört bestraft. Eines haben sie aber geschafft. Ich werde als nicht FPÖ Wählerin morgen eine Unterstützungserklärung für Rosenkranz abgeben und niemals mehr die ÖVP wählen. Nur so kann das Volk zeigen, dass es solche miesen Machenschaften verabscheut. Also abwählen und diese Zeitungen nicht mehr lesen.

  3. ÖVP-Strategen haben ruckartig die Chance erkannt, die riesigen hauseigenen Wickel, auf den verhassten Herrn Kickl umzupolen. Mit dem Krone-Abschiedsbrief und Krone-Koma, wurde der vermeintlich große Kracher gedeichselt.
    Ergebnis: Die ÖVP-Kapazunder samt Krone-Crew haben sich optimal, unter die aufgerissenen Güllefässern positioniert.

  4. Der Medien-Polit-Komplex wird immer deutlicher. Danke für die Kenntnisbringung an zackzack. Von der FPÖ-Hymne, die die “Krone” lange Zeit sang, schwenkte sie nach “Ibiza” auf totale Kurzverehrung um. Wohl auch, um das Vakuum nicht so sehr spürbar werden zu lassen und um der eigenen rechten politischen Gesinnung nicht abhold zu kommen. Es hätte die Leser:innen vor den Kopf gestoßen.

    Die “Krone” macht Politik. Wir haben es immer geahnt, gespürt. Die Budin-Affäre bringt dieses “Politik machen” nun ans Tageslicht. Die Verhaberung, der vorauseilende Gehorsam, das Anzuckern und Ätzes geben, wie man richtig rechte Politik vorantreibt, der ÖVP quasi die Parteilinie vorgibt, das ist “Politik machen”, anstatt über Politik zu berichten. Und Budin kann das, weil er in der “Krone” genau diesen Spin veröffentlichen darf oder muss (ob dürfen oder müssen kann man heute noch nicht so genau sagen).

  5. Pressefreiheit wird doch seit Jahren mit Lügenfreiheit verwechselt … und Berichtertstattung mit Volkserziehung.

    • Deswegen hat auch die schwarze Brut ein an die heutigen Ansprüche angepasstes Bildungssystem mit einer sozial gerechten Reform seit Jahrzehnten erfolgreich verhindert .
      Dummes Wahlvieh kann man leichter belügen und steuern.

    • Dabei wären Fragen wie z.B. wer hat Shireen Abu Akleh erschossen und gibt es für die Täter Konsequenzen oder wo und wann wurde Jeffrey Eppstein begraben ganz leicht zu beantworten. Die Medien werden leider ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr gerecht, ganz im Gegenteil.

  6. Unfassbarer Artikel und eigentlich auch das Ende der Wahldemkratie in die nächste Abstiegsliga welche ich leider (noch) nicht kenne.
    Gott sei Dank sind wir wenigstens nich so, sonst müsste man als Bürger dieses Landes ja schon lange aufgeben?

  7. Herr Pilz, sehr lieb von Ihnen dass sie sich einsetzen dafür, dass man uns, von journalistischer Seite her, nicht länger verarscht!

    Da kann man heutzutage ja gar nicht gut genug drauf aufpassen….

    In dem Zusammenhang fällt mir grad ein, wär es wirklich ein feiner Zug von ihnen WENN SIE UNS ENDLICH MITTEILEN WÜRDEN, WAS SIE ÜBER SOBOTKA IM U-AUSSCHUSS AUSGESAGT HABEN!

    Bitttedanke!

    Sollte es driftige Gründe geben, warum sie nicht darüber berichten können, was hindert sie uns diese Gründe zu nennen?

  8. Nach Thalhammer (“ich hab mich echt bemüht”), Mayer (Kurz-Praetorianer), Salomon (weiß sie schon, dass Kurz nicht mehr Kanzler ist?) nun Budin, der Märchenonkel. Ehrenwerte Journalist:nnen mit dem gesteuerten Überblick. Natürlich Unschuldsvermutung. Langsam können die beliebten ÖVP-Propagandisten eine eigene Zeitung gründen.

    • Meiner Meinung nach wird es nun höchste Zeit dass das Ausland eingereift, um wieder den Status einer NEUTRALEN liberalen Demokratie für uns Büger zurückzuholen

      • Wenn Sie sich deutlicher ausdrücken, verstehe ich Ihren Post. So wie er dasteht, so allgemein formuliert, könnte man denken, Sie wünschen sich, dass Putin oder Orban bei uns klar Schiff machen.

      • Van der Bellen und Kathi könnten die Vier im Jeep empfangen und einen neuen Staatsvertrag aushandeln. Nicht nur Leo war trinkfest!

  9. Die Krone…..die einzige ” Zeitung ” die die vielen Gratisblätter Leser auch bezahlen. So geht Bildung….oder do ned?

  10. Die wohlwollende Berichterstattung über die Freiheitlichen in der Krone hat ja dermaßen abrupt geendet, das konnte man als eine atemberaubende Vollbremsung bezeichnen, nachdem jahrelang zwischen die Krone und die FPÖ kein Blatt Papier gepasst hat. Danke P.P. für die Information jetzt kenne ich auch endlich den Grund dafür. Ich hoffe, dass das im Bezug auf die ÖVP ebenfalls so schnell geht. Herr Budin findet sicher woanders sein Auskommen, Schwurbelmedien gibts mittlerweile mehr als genug, wo einer unterkommt der sich als Journalist selber disqualifiziert hat.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!