Freitag, März 29, 2024

Finanzprokuratur und Opposition kritisieren Cofag – Ex-Chef sieht Lob

Ex-Chef sieht Lob

Die Opposition erneuerte ihre Kritik an der “Blackbox” Cofag. Auch die Finanzprokuratur sparte nicht mit Kritik. Ex-Cofag-Chef Perner sieht hingegen Lob im Rohbericht des Rechnungshofes.

Wien, 11. August 2022 | Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, schließt sich der Kritik des Rechnungshof-Rohberichts an der Corona-Hilfsagentur Cofag an. Im Ö1-“Morgenjournal” am Donnerstag bemängelt er, dass auf externe Beratung gesetzt und die öffentliche Verwaltung übergangen wurde. Ex-Cofag-Geschäftsführer Bernhard Perner, ebenfalls im Ö1-“Morgenjournal”, sieht indes viel Positives im Bericht. Die Opposition hingegen sieht sich in ihrer Kritik an der Cofag neuerlich bestätigt.

Dass die staatliche Verwaltung die Herausforderungen ebenso hätte stemmen können, begründet Peschorn damit, dass bei der Cofag das Betrugserkennungssystem, das die Finanz etabliert habe, angewandt worden sei. Und: “Die staatliche Verwaltung hat es vor dem 13. März 2020 gegeben und auch danach, die Cofag nicht.”

Finanzprokuratur erst im April beauftragt

Bezüglich der mutmaßlichen Mehrfachbezüge des vorübergehenden Cofag-Geschäftsführers Perner und deren Rückzahlungen sagt Peschorn: “Die Cofag gehört der ABBAG (staatliche Abbaugesellschaft, Anm.) und der Eigentümervertreter der ABBAG gegenüber der Cofag ist der Herr Perner.” Das, was zu prüfen sei, seien die Entgelte, die Perner als Cofag-Geschäftsführer erhalten hat. Das werde schwierig und herausfordernd werden. Perner selbst glaubt nicht, dass eine Rückzahlung erforderlich sein wird, werde sich aber an das Ergebnis der Prüfung halten.

Die Finanzprokuratur sei erst im April damit beauftragt worden, “mit Fragen, die wir ganz rasch innerhalb von 24 Stunden beantwortet haben”. Der Rechtsrat der Finanzprokuratur müsse nicht gefragt werden und man müsse ihn auch nicht befolgen, so Peschorn. Er betont auch die Wichtigkeit dieser Causa: “Es geht um ein Viertel des Jahresbudgets des Bundes. Das ist sehr viel Geld. Da muss man sehr genau hinschauen.”

Der Kritik der fehlenden Dokumentation und fehlender Einbindung der Fachabteilungen im Rechnungshof-Rohbericht, schließt sich Peschorn ebenfalls an. “Ein rascher aber intensiver interner Diskussionsprozess in den betroffenen Ministerien mit einer Dokumentation”, die die Entscheidungen nachprüfbar mache, wäre für ihn “nach allen Regeln der Kunst” gewesen. Zeit dafür habe es laut Peschorn jedenfalls gegeben: “So dramatisch rasch musste und konnte das natürlich nicht gehen. Da hätte man schon noch 14 Tage sicher Zeit gehabt, die Dinge in einer gewohnten Art und Weise rasch zu diskutieren.” Perner entgegnete, er sei damals zu einer Krisenstabssitzung gerufen worden und habe die Verantwortung übernommen, für die er keinen “extremen Andrang” gesehen habe.

Dass bei der Cofag auf externe Beratung gesetzt wurde, die Millionenbeträge gekostet hat, erklärt sich Peschorn mit “Beratungs- und Interessennetzwerken”. “Das sind hier Personen, die in wechselnden Positionen in verschiedenen staatsnahen Unternehmen Einfluss nehmen, gleichzeitig aber hier den Einfluss staatlicher Institutionen ausschließen wollen.” Diese Kritik weist der Ex-Cofag-Geschäftsführer zurück: “Ohne Rechtsexperten im Ministerium, Finanzverwaltung und Anträge via FinanzOnline, hätte die Cofag nicht funktioniert”, wird er im Ö1-“Morgenjournal” zitiert.

Perner sieht Lob im Rohbericht

Die Beraterkosten in Höhe von 21 Mio. Euro seien laut Perner vor allem Prüfaufwendungen gewesen. In der Krisensituation sei die Verfügbarkeit von qualifizierten Prüfern nicht anders gegeben gewesen, deshalb habe man auf Ressourcen aus dem Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsumfeld zugegriffen.

Lob entnimmt Perner dem Rohbericht bezüglich der im Verhältnis zu anderen europäischen Förderinstitutionen geringen Betrugsfälle und der schnellen Bearbeitungszeiten. Diese seien nur möglich gewesen, weil mithilfe von Algorithmen und vorhandenen Daten aus der Finanzverwaltung gemeinsam mit dem BMF die Anträge vollautomatisch vorgeprüft worden seien.

Opposition sieht geschlossen eine “Blackbox”

Die Opposition hingegen sieht sich in dem am Dienstag veröffentlichten Rechnungshof-Rohbericht in ihrer Kritik an der Cofag bestätigt. Alle drei Oppositionsparteien bezeichnen die Cofag als “Blackbox”. Nach der gestrigen Forderung der FPÖ, die Cofag sofort aufzulösen, schließen sich die NEOS dieser heute an. FPÖ-Chef Herbert Kickl fordert eine Gesetzesänderung, die derartige Auslagerungen verbietet und nur unter der Bedingung voller parlamentarischer Kontrolle sowie regelmäßiger Kontrolle durch den Rechnungshof erlaubt.

Seitens Karin Doppelbauer, Finanz- und Budgetsprecherin der NEOS, heißt es, die Cofag sei bewusst gegründet worden, um sich der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Weiters verlangen die NEOS, dass alle Förderungen über 1.000 Euro online gestellt werden. Auch der Forderung nach einem kleinen Untersuchungsausschuss zu den Corona-Hilfen schließt sich Doppelbauer an. Jan Krainer, Finanz- und Budgetsprecher der SPÖ, fordert indes eine Rückzahlung der Mehrfachbezüge Perners sowie eine Offenlegung, wohin die Förderungen geflossen sind sowie Klarheit über die Beraterkosten. Die Republik habe eine Cofag “nie gebraucht”, so Krainer.

Vonseiten Transparency Austria fordert Bettina Knötzl im Ö1-“Mittagsjournal”, Gelegenheiten für solche Ad-hoc-Gesellschaften möglichst klein zu halten. Dies funktioniere mit frühen Kontrollen. Für die Zukunft müsse man die Kritik des Rechnungshofs hören, die Transparenz erhöhen und früher agieren. Weiters kritisiert Knötzl – ohne Namen zu nennen – maßgeschneiderte Stellenausschreibungen für Top-Positionen.

Rückendeckung bekommt die Cofag lediglich von der Wirtschaftskammer (WKÖ). WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf weist auf die zeitliche Knappheit zu Beginn der Pandemie sowie die Dringlichkeit, Unternehmen zu helfen, hin. Die Organe der Cofag hätten die Förderanträge “mit der gebotenen Sorgfalt geprüft” und die notwendigen Unterstützungen rasch ausgezahlt, so Kopf. Die WKÖ ortet außerdem “Pauschalverdächtigungen” gegenüber geförderten Unternehmen in Folge des Rechnungshof-Rohberichts.

(apa/bf)

Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

9 Kommentare

  1. Dieser Finanzprokurator… ich weiß noch immer nicht wie ich diesen sehen soll?
    Ich denke dabei auch nur beispielsweise an die Hypo Alpe Adria, an die Eurofighter, an die Commerzialbank Mattersburg, usw.?

    • Bin aber schon sehr gespannt wenn die Ergebnisse von den “Förderungen” auf dem Tisch liegen und was dann passieren wird?

  2. Wer hätte auch “ahnen” können, dass eine bekennende neoliberale Partei mit dem ausgeprägten Fetisch Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren, sich so schamlos über den Staatssäckel hermacht, um ihr Klientel zu versorgen. Und das grüne Adabei- Wagerl findet es immer noch als eine Success Story…..

  3. Das Bemerkenswerte an der Causa die sich zum einem Megakorruptionsfall ausweiten wird, ist das Abrücken vom schwarzen Parteisoldaten Peschorn. Vermutlich ist er schon im Besitz von Informationen, die ein “unter die Tuchent kehren” nicht mehr ermöglichen. So gesehen ist eine Flucht nach vorne noch immer unauffälliger…
    Es sollte dringend heller werden!

  4. Lob entnimmt Perner dem Rohbericht bezüglich der im Verhältnis zu anderen europäischen Förderinstitutionen geringen Betrugsfälle. Wird die Blackbox ausgelesen, steht der nächste Megaskandal ins Haus. Vielleicht ein Grund für die derzeitigen politischen Leuchtfeuer?

  5. Die Opposition war von Beginn an gegen diese Konstruktion. Neben Ulrich Zafoschnig ist auch Marc Schimpel Geschäftsführer der Cofag. Schimpel war früher Büroleiter im Grünen Club. Der Aufsichtsrat wurde durch den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler bestellt. Vizekanzler war und ist Werner Kogler. So zu tun, als hätten die Grünen damit nichts zu tun, wird schwer erklärbar sein.

  6. Bei der Kohle die der gemacht hat……

    Da is er natürlich voll des Lobes.

    Unfassbar widerlich

  7. Tja Herr Kopf, was die angeblichen Pauschalverdächtigungen gegen Unternehmen betrifft: Die Leute sind ja schließlich nicht blöd, die haben sehr wohl mitbekommen, dass sich einige eine goldene Nase verdient haben und dann während der Lock downs auf Urlaub gefahren sind. Manche haben sogar damit geprahlt, dass sie noch nie so viel Gewinn gehabt hätten. Auch kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, dass die kleinen Unternehmen heillos mit der Antragstellung, die ohne Steuerberater kaum möglich war, überfordert waren. Von schneller Hilfe kann daher keine Rede sein, außer für die großen Betriebe, Ketten und Konzerne. Das ganze war eine Missgeburt sondergleichen und ich frag mich ob die bei einem kleinen “Umtrunk” von Kanzler und Vizekanzler zustande gekommen ist…

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!