Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der Putin-Intimus wird wegen seiner fragwürdigen Nähe zu Russland kritisiert.
Wien, 12. August 2022| Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder reicht eine Klage gegen den deutschen Bundestag ein. Der 78-Jährige verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Anwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte. Die Klage sei beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden.
Mangelnde Wahrnehmung „fortwirkender Verpflichtungen“
Der Ausschuss hatte die Streichung der Mittel damit begründet, dass Schröder “keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler” mehr wahrnehme. Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer der dpa vorliegenden Erklärung der Anwaltskanzlei. Es werde “behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. “nachwirkenden Dienstpflichten” nicht mehr wahr”. Es werde “aber nicht festgelegt, was “nachwirkende Dienstpflichten” überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Procedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt”, heißt es in der Erklärung weiter.
Andere Beweggründe?
Dem ganzen Vorgang stehe “auf die Stirn geschrieben, dass andere Gründe als die anhand der “neuen Regeln” vorgegebenen, für die Entscheidung des Haushaltsausschusses maßgeblich waren”. Solche Entscheidungen erinnerten “im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Entstehung eher an einen absolutistischen Fürstenstaat” und dürften in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben, erklärten Schröders Anwälte. Schröder steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik.
Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Vielmehr solle die “Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen”, heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen.
CDU: „Sonderrechte auf Kosten des Steuerzahlers – Dreist!“
Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8.300 Euro erhält Schröder auch nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz. Wegen seiner Klage gegen den Bundestag sprach die CSU dem Altkanzler jeden Anstand ab. “Gerhard Schröder hat jedes Gespür für Anstand verloren”, schrieb CSU-Generalsekretär Martin Huber am Freitag auf Twitter. “Als Putin-Lobbyist vertritt er definitiv keine deutschen Interessen. Dafür will er Sonderrechte auf Kosten des Steuerzahlers? Dreist!” Er fügte hinzu: “Aber in der SPD ist er ja nach wie vor herzlich willkommen.” Die FDP verteidigte die Bundestagsentscheidung zum Entzug der Sonderrechte. Die Amtsausstattung sei dafür gedacht, dass Bundeskanzler auch nach ihrer Amtszeit Aufgaben für das Land wahrnehmen könnten.
(apa)
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