Ausgerechnet:
Energiekonzerne verzeichnen Rekord-Gewinne, zulasten der Bevölkerung. Wie eine Übergewinnsteuer für eine gerechte Verteilung in der Teuerungskrise sorgen könnte.
Wien, 20. August 2022 |
Jakob Sturn
Im Juli veröffentlichten die heimischen Energiekonzerne OMV und Verbund ihre Quartalsergebnisse. Sie können sich über enorme Gewinnzuwächse freuen. Allein im ersten Halbjahr 2022 erzielte der Verbund einen Gewinn von EUR 933 Mio., das ist eine Steigerung von 152% gegenüber dem ersten Halbjahr 2021. Bei der OMV macht der Gewinn rund EUR 3,4 Mrd. aus, eine Steigerung von 105%. Nun lassen sich diese riesigen Übergewinne nicht auf kluge Investitionen zurückführen, sondern auf den Krieg in der Ukraine, den niemand vorhergesehen hat. Dieser verursacht weiterhin große Unsicherheiten auf den Rohstoffmärkten, das lässt die Preise steigen. Während also Österreichs Bevölkerung unter der ohnehin hohen Inflationsrate von aktuell 9,3 Prozent schnauft, erhöhen die Energiekonzerne ihre Preise immer weiter und profitieren so indirekt vom Krieg. Zuletzt bekräftigte Vizekanzler Kogler im ORF-Sommergespräch die Forderung nach einer Übergewinnsteuer. Konservative Kräfte bremsen jedoch und warnen vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort. Einer Überprüfung halten die Argumente gegen eine Übergewinnsteuer jedoch nicht stand.
Während Gegner:innen der Übergewinnsteuer oft behaupten, dass zukünftige Investitionen aufgrund der nachträglichen eingeführten Sondergewinnsteuer nicht getätigt werden, ist das aus ökonomischer Sicht unwahrscheinlich. Unternehmen tätigen eine Investition, wenn sie sich davon in absehbarer Zeit eine gute Rendite erwarten. Weil Übergewinnsteuern aber ja nur auf Gewinne gelten, die als glücklicher Zufall den Energieriesen in den Schoß gefallen sind und nicht auf einer klugen Investition beruhen, bleibt die erwartete Investitionsrendite dieselbe. Eine nachträgliche Übergewinnsteuer spielt in der Investitionsrechnung der Unternehmen daher gar keine Rolle.
Ebenso unwahrscheinlich ist die Befürchtung, dass eine Übergewinnsteuer noch höhere Preise bewirkt. Unternehmen setzen ihre Preise so, dass sie gewinnmaximierend sind. Dabei wägen sie ab zwischen hohen Preisen, die nur wenige Menschen bereit sind zu zahlen und niedrigen Preisen, die weniger Gewinne bringen. Auch in dieser Abwägung spielt eine Übergewinnsteuer keine Rolle. Der Preis, der vor der Steuer zum höchsten Gewinn führte, tut dies nach der Steuer immer noch.
Auch allfällige Sorgen über das Aufspüren der Übergewinne sind unbegründet. Unternehmensgewinne unterliegen ohnehin der Körperschaftssteuer, Österreichs Finanzminister weiß sehr gut über die Gewinne der letzten Jahre Bescheid. Daraus lässt sich leicht ein Durchschnitt der vergangenen Jahre bilden und mit den aktuellen Rekordgewinnen vergleichen. Andere Staaten in Europa schöpfen die Übergewinne selbstverständlich ab. Griechenland etwa besteuert alle Übergewinne ihrer Energieerzeuger mit 90%.
Auch der Verwaltungsaufwand muss niemanden schrecken. Für Deutschland rechnete eine Stiftung vor, dass bis zu 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen durch eine Übergewinnsteuer machbar wären. Alles einfach weiterlaufen lassen, hat drastische Folgen: Die Rekordgewinne zahlen jetzt die Konsument:innen aller Einkommensschichten. Eine Teilzeit-Angestellte mit einem Monatseinkommen von 860 Euro ist heuer im Schnitt mit Mehrkosten von über 1.000 Euro konfrontiert. Das heißt die Teuerung kostet sie mehr als ein Monatseinkommen, größter Posten sind die gestiegenen Energiepreise. Auch wenn sich die Aktionär:innen der Energiekonzerne über fette Dividenden sicherlich freuen würden: Die Lasten der Teuerungskrise gehören gerecht verteilt.
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Jakob Sturn ist Ökonom am Momentum Institut. Er arbeitet zur Frage, wie wir unsere Arbeitswelt fair gestalten können. Er schreibt und forscht zu Arbeitsmarkt, Löhne, Verteilung und Steuerpolitik. Volkswirtschaft hat er an der Wirtschaftsuniversität Wien und der University of Illinois studiert.
Titelbild: ZackZack