Donnerstag, März 28, 2024

Quod licet bovi non licet iovi – Skylla & Charybdis

Skylla & Charybdis

Die Kolumne von Julya Rabinowich: Heute über einen grünen Abgeordneten, der das Wahlvolk offenbar für nicht dankbar genug befand.

Wien, 20. August 2022 |

Julya Rabinowich

Ich persönlich habe lange darauf gewartet, dass grüne Politikerinnen und Politiker die verstörend kuschelige Contenance endlich verlieren. Wenigstens auf Twitter! Man soll sich aber besser gut überlegen, was man sich so wünscht. Da platzt dem grünen Abgeordneten und Rechtsanwalt Georg Bürstmayr endlich der Kragen. Aber: Es ging gar nicht um Moria, nicht um illegale Pushbacks, es ging nicht um den Fall Tina, es ging nicht darum, dass die ÖVP wieder ihr Lieblingswahlkampfpferdchen, besser gesagt Sündenböckchen wieder entmottet: die Gefahr, die von der Balkanroute eini zieht, die Asylsuchenden und Vertriebenen, kurz die, die so nützlich waren -immer für FPÖ und nunmehr auch ÖVP, die sich kaum noch unterscheidet, bis auf besseres Ibizieren vielleicht. Um das alles ging es nicht.

Es ging darum, dass der Abgeordnete das Wahlvolk offenbar für nicht dankbar genug befand. Zur Verlautbarung dieser Unzufriedenheit mit dem unzufriedenen Volk wählte er die Form der Satire, genau genommen Monty Python, noch genauer genommen das Leben des Brian. Und aus allen Szenen, die Brians Leben geboten hätte, wählte er diese eine, die mit den Römern. „Was haben die Römer für uns getan?“ Und dann kommt nach und nach zur Diskussion, was diese Römer denn nicht eigentlich Wunderbares für das besetzte Judäa getan hätten. Kurzum, es führt die Befreiungsfront und ihre Kritik an der Besetzung vor. Nur dass in Bürstmayrs Fall nicht die Römer, sondern die Grünen abgefragt werden.

Dieser Tweet ist in mehrfacher Hinsicht daneben. Abgesehen von der Tatsache, dass ein Teil der Bevölkerung- und zwar kein kleiner- an begründeten Existenzängsten leidet und ein weiterer Teil bereits so verarmt ist, dass Sozialmärkte und die Tafel lange Warteschlangen abfertigen und sogar Menschen wegschicken müssen, was dafür spricht, dass es dem Land vielleicht nicht so gesalbt geht wie Herr Bürstmayr vermitteln möchte. Abgesehen von der Tatsache, dass sich die Empörung an die Leidtragenden der Koalitionspolitik richtet, und nicht an die zahlreichen und empörenden Skandale dieser Koalition und ihre Verursachenden. Herr Bürstmayr wähnt sich offenbar immer noch auf Seiten der Machtlosen, der Opposition und der Regierten, nicht der Mächtigen und Regierenden (ein Blick auf seinen Gehaltszettel könnte helfen, sich ergebnisorientiert neu zu verorten).

Ihnen, den Nichtmächtigen, obliegt die Macht der Satire, der Zuspitzung und Übertreibung, Satire zielt von unten nach oben und niemals umgekehrt, denn Oben hat keine Satire nötig, Oben hat bereits Macht. Davon abgesehen- was vermittelt das Bild der lächerlichen Volksfront? Dass die Besatzer eigentlich nur Gutes tun und Kritik an ihnen obsolet ist. Es mutet seltsam an, dass ein Menschenrechtsanwalt und Nationalratsabgeordneter sich und seine Partei als erfolgreiche Besatzer eines Landes vorführt. Im Laufe dieser Koalition ist aber „seltsam“ ein dehnbarer Begriff geworden. Wir werden uns nicht wundern.

Titelbild: ZackZack

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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25 Kommentare

  1. Den Bürstmayer kann man nur noch mit dem Wort “peinlich” beschreiben. Was für ein überflüssiger Typ ist denn der.

  2. Genauso wie in GB der “Thatcherismus” geprägt wurde ist in Österreicher unter Schwarz/Grün der Regierungsstil von “watching and waiting” entstanden. Ich ziehe bereits jetzt ein Resümee was bleibt: Negativ vor allem die Abschaffung der Hacklerregelung und die Missgeburt einer sinnlosen Impfpflicht und als einzig wirklich positive Errungenschaft das Klimaticket. Der Rest ist wie gehabt…Korruption und Steuergeldverschwendung, Feigheit und politische Wehleidigkeit wie die eines Herrn Bürstmayer. Das wars dann.

  3. Bürstmayr dürfte aber auch nicht die hellste Kerze auf dem 🌲 sein. Tät es sich im eine offizielle Verlautbarung der Partei handeln, würde ich es auch als höchst bedenklich erachten. Dasselbe gilt auch für VdBs Sager an unsere Jugend. Man kann aber den Deppen das Twittern nicht wegnehmen wie auch den Teilzeitignoranten das Unvermögen auf überraschende Fragen überlegte Antworten zu geben.

    • Mir depp wurde das twittern auf permanenz weggenommen, da ich folgende äußerung von mir gab: “trump, the moron in chief”.

    • Das Gehirn arbeitet 24 Stunden am Tag, beim einen mehr, beim anderen weniger. Beim Bürstmayer läuft es eher auf Standby.

    • “… bis zu jenem Tag, an dem man als GrüneR in eine Koalition mit Kurz geht”. Wenn ich etwas anmerken darf: Die Tatsache der Koalition war noch nicht das Desaster, aber zu welchem Preis diese eingegangen wurde, ist einmalig. Robert Musil’s Mann ohne Eigenschaften befindet passenderweise: “Nie ist das, was man tut, entscheidend, sondern immer erst das, was man danach tut!”
      Ansonsten auch von meiner Seite einmal vielen Dank für Ihre Blogbeiträge!

  4. Bürstmayr hat eben seinen Brecht gelesen: “Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?”

  5. Dieses grüne Regierung hat vermtlich die Grünen in diesem Lande ein für alle Male als unglaubwürdig und was noch viel schlimmer ist, als verauensunwürdig erlebt.
    Schade für meine Enkel und Urenkel…

    • Da habe ich meine Zweifel. Nicht nur die Grünpartei, sondern auch ihre WählerInnen sind ein Problem!

      Zitat Jutta Ditfurth: “Die Täuschung irgendwie “anders” zu sein gelingt nur, weil die heutigen grünen Wähler getäuscht werden wollen und selber täuschen. Die Grünen sind die Partei der gehobenen und auch der verrohenden Mittelschicht. Man attestiert sich wechselseitig ein alternatives Image. Mittvierziger in gut bezahlter Position mit zwei Kindern, Eigenheim, Vermögen, Aktien und regelmäßigen Flugreisen, die die Grünen wählen, weil sie schick sind, werden sich von mir nicht davon überzeugen lassen, dass die Grünen keine soziale Partei sind, weil sie das gar nicht interessiert.”

      https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/alt-linke-jutta-ditfurth-gruenen-waehler-wollen-getaeuscht-werden-a-745943.html

      • Danke f den link. Sehr gute beschreibung des ist zustandes bei den grünlingen, denke aber, bei uns ist es noch ärger.
        Habe mir gleich das buch bestellt von jutta ditfurth: was sie denken, was sie tun.
        Widerwillen steigt in mir auf, wenn ich an die heuteigen grünlinge denke.

  6. Österreich braucht eine grüne Partei.
    Leider ist die, zumindest im Nationalrat, nicht zu entdecken.
    Die ” Grünen” gibt es noch, in der Basis, aber eher still und leise. Ein Grundprinzip , die freie Meinung, wird von Kogler und Maurer weggewischt. Wer zu laut wird, wird ausgetauscht.
    Das hat mit Grün nix mehr zu tun……

  7. Die Grünen einer Gabriela Moser, eines Peter Pilz oder Besetzung der Au gibt es schon lange nicht mehr. Was sich jetzt unter dem Lodenmantel verkauft, ist eine türkise, selbstgefällige, Anstands-lose Intransparenzpartei, die einer Korruptionspartei die Räuberleiter macht. Ich brauche keine Grünen in Österreich. Das, was an Tier-/Klima-/Umweltschutzmaßnahmen notwendig ist, müssen ALLE ernst zu nehmenden Parteien im Programm haben, den Rest besorgt die EU mit entsprechenden Auflagen. Gusti Maurer soll ihre Instagram-Follower – von meinem Steuergeld finanziert – mitnehmen, sehr gerne, aber dann mit Kogler und Konsorten die politische Bühne verlassen. Danke für eure vermeintlichen Bemühungen, eure Privatmeinung zu Moria und jetzt adios amigos, aber nicht mehr im Parlament.

    • Ich denke, das ist genau das Grundproblem (gilt auch dem Artikel):

      Sozen sehnen sich in verklärten Reminiszensen nach Kreisky & Co.
      Grüne an Nenning, Pilz, Moser & Co.

      Der Unterschied?
      Ersteres entsprang dem Wunsch nach Erfüllung einer nur teilweise erinnerten Erinnerung.
      Zweiteres dem Wunsch nach Erfüllung der Erinnerung eines Wunsches.

      Realpoilitisch? – leben wir erinnerlich in komplett verschiedenen Zeiten, sämtliche nun gegebenen Parameter im Vergleich “zu diesen Tagen” sind nicht (mehr) kompartibel.

      Wir leben in Zeiten des totalen gesellschaftlichen (erzwungenen) Umbruchs. Eine (nicht nur) menschlich überlebensfähige Zukunft ist noch nicht da, die Erinnerungen an unbeschwerte(re) Szenarien im gesellschaftlichen Aufbruch sind noch nicht weg. (mindestens die Hälfte der Tierwelt und Pflanzenwelt inzwischen aber schon – und täglich(!) werden es mehr)

      Ein Verrat an ideelle grüne Werte deshalb? Kommt für mich nicht in Frage. Die Zukunft unseres Planeten ist grün. Komme, was da wolle. Wenn nicht, wird es auf Sicht ohne menschliche Zukunft gehen müssen…

        • Die Vernunft hab ich in die vierte Zeile gesetzt, so verstehen wir uns schon blind 😉

          • |Sie haben erkannt, Sie können nicht ohne mich (meine Ansicht).|
            Wer oder was veranlasst Sie zu solchen seltsam verwegenen Annahmen?
            (obwohl: es steht hier eh schon länger (beobachtet) im Forum… 😉 )
            .. und “in die Haare kommt sich” hier niemand …

      • Ich habe erkannt, ich kann nicht mit Ihnen (Ihrer Ansicht) –
        Sie haben erkannt, Sie können nicht ohne mich (meine Ansicht).
        Wonach sich Sozen – merkwürdige Bezeichnung – sehnen, weiß ich nicht.
        Die Vernunft sagt, es ist lustiger, sich zB um Zahnbürsten (elektrisch oder nicht elektrisch), Haustiere (Hund oder Kanarivogel) oder Urlaub (Berg oder Meer) zu streiten (fiktive Annahme, kein Angebot), als uns beim Thema ehemalige und aktuelle Grüne Partei in Dauerschleife wechselseitig zu nerven. Wir kommen uns hier immer in die Haare, daher gibt es von mir zum ggst Statement keine >inhaltliche Antwort< an Sie, lieber DaSchauHer.
        End of the Line.

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