Donnerstag, Oktober 3, 2024

Teil 20: Verdacht auf Unterschriftenfälschung – Neue Details zu Ho-Ermittlungen

Neue Details zu Ho-Ermittlungen

Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters von Martin Ho verleihen den laufenden Betrugsermittlungen gegen den Gastronomen neue Brisanz. Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass Unterschriften von Mitarbeitern bei Kurzarbeitsanträgen gefälscht wurden, berichtet die Investigativ-Plattform “Dossier”.

Wien, 24. August 2022 | Für Martin Ho läuft es zurzeit alles andere als gut. Seit März wird gegen den Gastronomen und Kurz-Vertrauten wegen Betrugsverdachts ermittelt. Es geht um mutmaßlich falsche Abrechnungen von Corona-Förderungen. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien hat nun “weiterführende sicherheitsbehördliche Erhebungen in der Sache Martin Ho angeordnet”, zitiert die Investigativ-Plattform “Dossier” am Mittwoch eine Sprecherin der Behörde.

Das Arbeitsmarktservice Wien (AMS Wien) hatte Ho im Februar angezeigt, nachdem mehrere ehemalige Mitarbeiter der Dots-Gruppe – zu dieser zählen unter anderem mehrere Lokale – im August 2021 an das AMS und das Finanzamt Österreich herangetreten waren, um Missstände bei den Abrechnungen von Corona-Förderungen anzuzeigen. Schon damals bestand der Verdacht, “dass der vormalige Arbeitgeber unserer Mandanten in großem Umfang rechtswidrig Kurzarbeitsförderungen beantragt und bekommen hat“, zitiert “Dossier” den Wiener Rechtsanwalt Paul Kessler in einem Mail an das AMS Wien.

Verdacht auf Unterschriftenfälschung

Wie die Recherche-Plattform berichtet, hat sich der Betrugsverdacht nun weiter verdichtet. Bei der Beantragung von Kurzarbeitsförderungen könnten Unterschriften von Mitarbeitern gefälscht worden sein. Laut der vom AMS herausgegebenen Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-Covid-19) ist die ordnungsgemäße und vollständige Dokumentation eine wesentliche Voraussetzung, um Förderungen zu bekommen. Die Arbeitgeber müssen die Unterschriften der Arbeitnehmer einholen.

So sagte etwa ein Mitarbeiter unter Wahrheitspflicht zu einem Kurzarbeitsantrag für den Zeitraum 1. März bis 31. Mai 2020, dass eine Unterschrift darauf nicht von ihm sei. Wer sie gefälscht habe, wisse er nicht, aber: “In dem angeführten Zeitraum war ich zu Beginn eine Woche zu Hause und danach zwei Wochen in Quarantäne”, sagte der Mitarbeiter laut “Dossier” unter Berufung aufs Einvernahme-Protokoll.

“Zehn Stunden pro Tag arbeiten”

“Mit der Rückkehr aus der Quarantäne, circa 23. März 2020, wurde von mir verlangt, voll zu arbeiten”, sagte der Mitarbeiter aus, und weiter: “Ich musste sogar die Zeit der Quarantäne einarbeiten, die Order kam von meinem Betriebsleiter.” Der Mitarbeiter beschwerte sich, dass “der Staat die Quarantäne finanziell ausgleichen würde für das Unternehmen” und darum die Forderung des Einarbeitens unzulässig sei.

“Ich musste zehn Stunden pro Tag arbeiten, fünf Tage die Woche”, so die Schilderung. “Mir wurden die geleisteten Mehrstunden nicht ausbezahlt, und ich hatte zu dieser Zeit nur das Kurzarbeitsgehalt.” Laut Dienstvertrag war er als Kellner in der Dots-Gruppe von Martin Ho angestellt. “Ich goss die Pflanzen, strich und schleifte die Tische ab, es gab diverse Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten”, so der Mitarbeiter zu seiner Vollzeit-Tätigkeit ohne Gäste. Und dabei sei er nicht allein gewesen: “Wir waren immer drei bis vier Arbeiter.” Im ersten Lockdown habe es auch mehrere Kündigungen gegeben, erinnerte sich der Zeuge.

“Die Arbeiter mussten auch Stundenaufzeichnungen an das Unternehmen weitergeben und bekamen bar auf die Hand eine Stundenvergütung von fünf Euro nach Ende des Lockdowns”, sagte der Mitarbeiter weiter aus. Der Zeuge nannte vier weitere Mitarbeiter, die noch in der Dots-Gruppe tätig sind.

StA-Sprecherin: “Ho und Vullriede als Beschuldigte geführt”

Neben Ho wird nun laut dem “Dossier”-Bericht auch ein Co-Geschäftsführer der Dots-Gruppe als Beschuldigter geführt. “Die Polizei ermittelt. Doch bis zum Abschluss wird es noch dauern”, sagte die Staatsanwaltschafts-Sprecherin. Die fallführende Staatsanwältin hat dem Landeskriminalamt (LKA) Wien im April eine lange Liste von Zeuginnen und Zeugen geschickt, die alle einzuvernehmen sind.

Kurz nach Start der Ermittlungen verabschiedete sich der wichtige Geschäftspartner von Ho: Am 10. Mai 2022 legte Wilhelm Vullriede die Geschäftsführung in sieben Firmen der Dots-Gruppe zurück. Lediglich an der Holdingfirma Dots Beteiligungen GmbH, wo er 20 Prozent der Anteile hält, sitzt er noch im Management. “Herr Vullriede ist aus den operativen Gesellschaften ausgeschieden”, bestätigte Nikolaus Rast, der Anwalt von Martin Ho, gegenüber “Dossier”. Ob der Rücktritt von Vullriede etwas mit dem laufenden Strafverfahren zu tun habe, habe Rast nicht beantworten wollen. Eine Anfrage des Magazins bei Vullriede sei offengeblieben.

“Zum Verfahren kann ich derzeit nichts sagen”, sagte Ho-Anwalt Rast weiter. “Im September bekomme ich Akteneinsicht.” Sein Mandant wurde bis dato “nicht einvernommen”. Auch die StA-Wien-Sprecherin Judith Ziska blieb beim Usus, laufende Ermittlungen nicht zu kommentieren, bestätigte aber: “Martin Ho und Wilhelm Vullriede werden von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigte geführt.”

Ho selbst ließ über eine Agentur, die seine Pressearbeit macht, ausrichten: “Die Vorwürfe betrügerischen Handelns weisen wir aufs Schärfste zurück.” Für Martin Ho und Wilhelm Vullriede gilt die Unschuldsvermutung.

Keine guten Zeiten für Ho

Sollten sich die Verdachte erhärten, könnte es ungemütlich für Martin Ho werden. Denn die Justiz bestraft Kurzarbeitsschwindel besonders hart. Im August verhängte ein Salzburger Strafrichter in einem anderen Fall eine bedingte Haftstrafe: zehn Monate Gefängnis für den Geschäftsführer, weil dieser dem AMS Salzburg betrügerisch gemeldet hatte, dass seine Mitarbeiter wegen der Pandemie in Kurzarbeit seien.

Die Causa ist nur eine von vielen Rückschlägen, die Ho in letzter Zeit einstecken musste. Wegen der ZackZack-Recherche „Die Ho Kain-Affäre“ klagte Ho ZackZack auf einen Millionenwert. Insgesamt hat ZackZack nun fünfmal gegen Ho gewonnen: Einmal medienrechtlich und viermal zivilrechtlich. Grundsätzlich ist noch nicht alles rechtskräftig entschieden, doch wird es für Ho mittlerweile juristisch eng.

(apa/red)

Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Anja Melzer

    Hält sich für die österreichischste Piefke der Welt, redet gerne, sehr viel und vor allem sehr schnell, hegt eine Vorliebe für Mord(s)themen. Stellvertretende Chefredakteurin. Sie twittert unter @mauerfallkind.

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