Samstag, April 20, 2024

E-Scooter-Unfälle: Alkohol, Aufmotzen und fehlendes Bewusstsein

Polizei und KFV:

Dass es immer mehr schwere Unfälle mit E-Scootern gibt, liegt laut Polizei und Kuratorium für Verkehrssicherheit an fehlendem rechtlichen Bewusstsein bei der Nutzung. Laut KFV mangelt es außerdem an sicherer Infrastruktur. 

Wien, 25. August 2022 | Die Landesverkehrsabteilung Wien (LVA) und das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) nehmen sich des Themas E-Scooter an. Denn seit drei Jahren ist nicht nur die Zahl der E-Scooter und deren Fahrern gewachsen sondern auch die Zahl an Unfällen.

Besonders die Forderung des KFV nach einer allgemeinen Helmpflicht schaffte es bisher in die Medien. Dabei bräuchte es tatsächlich eine Reihe von Maßnahmen, wie es auf ZackZack-Nachfrage heißt. Unter anderem muss unter E-Scooter-Fahrern ein besseres Bewusstsein für die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, stellten LVA und KFV in einer gemeinsamen Aussendung am Donnerstag fest.

Risiko durch Alkohol und Aufmotzen

Immer mehr werden stark alkoholisierte E-Scooter-Fahrer und getunte E-Scooter zum Problem. Vielen E-Scooter-Fahrern sind die rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen zu wenig bewusst, haben LVA und KFV festgestellt.

2022 hat es in Wien bereits 1.283 Organmandate und 1.491 Anzeigen in Zusammenhang mit E-Scootern gegeben, „darunter 261 gegen alkoholisierte Lenker und 205 gegen Suchtmittellenker“, berichtet Oberst Thomas Losko, Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien.

Die Wiener Polizei erwischt immer wieder E-Scooter-Fahrer, deren Fahruntersatz auf eine deutlich höhere Leistung aufgemotzt ist als in Österreich erlaubt – es gilt eine Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h und eine maximale Leistung von 600 Watt. Der schnellste bislang von der Polizei gemessene und angehaltene E-Scooter war mit 102 km/h unterwegs.

In so einem Fall ist nicht nur mit empfindlichen Geldstrafen zu rechnen, gibt das KFV zu bedenken. E-Scooter, die mit so einer Geschwindigkeit unterwegs sind wären rechtlich einem Moped gleichzusetzen. Sie bräuchte also etwa ein Kennzeichen, müssten entsprechend angemeldet werden, dürften nur mit Führerschein und Helm gefahren werden und im Falle eines Unfalls sei auch die Schuldfrage eine andere.

Auch bessere Radwege nötig

Die LVA Wien führt seit Längerem Schwerpunktaktionen durch. Ziel ist es laut Polizei, rechtlich zu informieren, damit im besten Fall Unfällen vorzubeugen, im Zweifelsfall aber drastische Verstöße zu ahnden.

E-Scooter sind Fahrrädern gleichgesetzt, dementsprechend gelten dieselben Regeln – Fahren auf dem Radfahr- oder Mehrzweckstreifen oder, sofern das die einzige Möglichkeit ist, auf der Straße.

Das KFV fordert als Präventivmaßnahme daher auch eine bessere Radfahr-Infrastruktur: Es brauche mehr und breitere Radwege, wo möglich auch eine bauliche Trennung. Dazu müsse Geld in die Hand genommen werden, „einfach nur eine Linie hinpinseln reicht nicht, um Konflikte zu vermeiden“, so das KFV. Wo Radfahrinstrastruktur nicht möglich sei, gehört aus Sicht des KFV ein Tempolimit von 30 km/h für einen sicheren Mischverkehr eingeführt und auch dementsprechend kontrolliert.

E-Raser als Problem

An anderer Stelle sind es wiederum E-Scooter-Fahrer, die Geschwindigkeitsbeschränkungen übertreten und damit schwächere Verkehrsteilnehmende gefährden. „In Begegnungszonen überschreiten 39 Prozent der E-Scooter das 20 km/h-Limit, in Fußgängerzonen sind es sogar überwältigende 98 Prozent, die sich nicht an die vorgegebene Schrittgeschwindigkeit (5 km/h) halten“, so KFV-Direktor Othmar Thann.

Verschärfend hinzu kommt, dass der Bremsweg mit einem E-Scooter merklich länger ist als bei Rädern, da sie nur eine Bremse haben.

Unfälle dramatisch gestiegen

Die Zahlen von Unfällen mit E-Scootern haben sich seit deren Aufkommen jährlich erhöht, zuletzt drastisch: Verunfallten 2019 noch 1.200 Menschen mit E-Scootern, waren es 2020 schon 1.300, 2021 sogar schon 2.800. Von den Verunfallten im vergangenen Jahr seien alle wegen ihrer Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden, so das KFV.

Bei E-Scooter-Unfällen komme es nun mal häufig zu Kopfverletzungen, daher plädiere das KFV für eine allgemeine Helmpflicht. Bisher gilt eine solche nur für Fahrer bis zum Alter von zwölf Jahren, analog zum Fahrrad. Aber damit würden nur schwere Kopfverletzungen vermieden, nicht Unfälle im Allgemeinen, heißt es vom KFV.

E-Scooter sind auf maximal 25 km/h ausgelegt. Prallt man mit dieser Maximalgeschwindigkeit ungebremst kopfüber auf, entspricht das einem Sturz von „einem 2,5 Meter hohen Baum direkt auf Beton“, heißt es in der Aussendung zum gemeinsamen Pressegespräch. Indes trägt nur rund jeder zehnte E-Scooterfahrer (11 Prozent) in Wien einen Helm, im Vergleich zu 38 Prozent der Radfahrer.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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8 Kommentare

  1. Diese E-Scooter sorgen dafür, dass noch weniger gegangen wird, es wird dadurch sicher nicht weniger Auto gefahren.
    Ein Start up, wie heute in der Zeitung hoch gelobt, wird schon einiges an Geld drinnen sein, aber der Umwelt das sicher nicht.

    Für immer Gewaltfrei

  2. …. Aufgemotzt ist gut, letztens auf einer Hauptverkehrsverbindung in Graz, wurde von einem Scooter überholt, am Gehsteig….

  3. Ich denke, jeder kennt so halbwegs die Verkehrsregeln, den Scooter-Fahrern sind sie aber völlig gleichgültig, sie fühlen sich frei von allen Regeln, stehen über Fußgängern, Radfahrern, Autolenkern. Sie fahren auf Straßen, Radwegen, Gehwegen. Und sie sind eine Gefahr für alle. Keiner kann mehr 100 Meter zu Fuß gehen. Diese Auswuchs der Wohlstandsgesellschaft gehört gedrosselt, eingeschränkt, abgedreht.

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