Mittwoch, April 24, 2024

EU-Kommission will Übergewinne von Energieunternehmen abschöpfen

Die EU-Kommission ist dafür, Über- und Zufallsgewinne von Energieunternehmen an betroffene Bürger und Betriebe umzuverteilen. Damit soll der Strompreis etwas eingehegt werden.

Brüssel/Kiew/Moskau, 07. September 2022 | Verbraucher sollen nach dem Willen der EU-Kommission mit Einnahmen aus übermäßigen Gewinnen von Energiefirmen entlastet werden. “Wir wollen diese unerwarteten Gewinne umleiten, um besonders betroffene Haushalte und Betriebe bei der Anpassung zu unterstützen“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel.

Soll Strompreis beeinflussen

Derzeit wird der Strompreis in Europa vor allem von teuren Gaskraftwerken bestimmt, die wegen der hohen Nachfrage zur Stromproduktion eingeschaltet werden. Unternehmen, die CO2-arm Energie produzierten, machten derzeit Zufallsgewinne, die nicht ansatzweise ihre Produktionskosten widerspiegelten, so von der Leyen. Das Gleiche gelte für “Zufallsgewinne” von Unternehmen, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen. “Das Ziel ist, Einfluss zu nehmen auf den Elektrizitätspreis, wohlwissend, dass er auch durch die globalen Umstände beeinflusst wird”, sagte von der Leyen.

Karas: „absolut richtiger Schritt“

Der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), sieht in den vorgestellten Maßnahmen den absolut richtigen Schritt. “Energieanbieter und Finanzminister erzielen gerade außergewöhnlich hohe Gewinne. Dieser zusätzliche Gewinn muss in die Entlastung, in die Erneuerbare Energie und in den Infrastrukturausbau investiert werden”, schrieb Karas am Mittwoch auf Twitter.

Jetzt müsse es Tempo bei der Umsetzung geben. Der Energiemarkt müsse neu gedacht werden. Es brauche ein europäisches Modell, um die Übergewinne abzuschöpfen.

Grüne vermissen konkrete Strategie

Der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz sieht in einem Preisdeckel und einem Solidaritätsbeitrag von fossilen Energieunternehmen gute Schritte, um der Krise entgegenzuwirken. Völlig überzeugt von dem EU-Vorschlag ist er aber nicht: “Ich vermisse den Vorstoß eines gemeinsamen EU-Gaseinkaufes und konkrete Vorschläge zur Umverteilung der Konzernprofite in der Gesellschaft, um den sozialen Frieden in Europa abzusichern und nicht weiter Spielball von Putins Drohgebärden zu sein”, so Waitz in einer Stellungnahme.

Weitere Maßnahmen denkbar

Als weitere Maßnahme gegen die hohen Strompreise schlug von der Leyen vor, den Stromverbrauch während Zeiten hoher Nachfrage zu reduzieren. “Wir werden ein verbindliches Ziel für die Verringerung des Stromverbrauchs zu Spitzenzeiten vorschlagen.” In diesen Zeiten sei Strom besonders teuer, weil während der Nachfragespitzen das teure Gas zur Produktion auf dem Markt genutzt werde.

Gleichzeitig müsse man die Energieversorgungsunternehmen unterstützen, die derzeit mit der enormen Volatilität der Märkte zu kämpfen hätten, sagte von der Leyen. “Wir werden unsere Rahmen für staatliche Beihilfen aktualisieren, damit staatliche Garantien im Notfall rasch bereitgestellt werden können.”

Am Freitag treffen sich die EU-Energieminister, um über die Optionen zu beraten. Kommenden Dienstag könnte die EU-Kommission von der Leyen zufolge dann einen entsprechenden Rechtsvorschlag vorlegen.

(apa/red)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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2 Kommentare

  1. Ich fände es besser, das Geld direkt für den Ausbau der Erneuerbaren zu verwenden als damit einen Zustand aufrechtzuerhalten der ohnehin nicht zukunftsträchtig ist. PV für alle ordentlich fördern und die Stromnetze umweltfreundlich ausbauen und die Stromversorgung für die Haushalte dezentralisieren. Strom sollte in erster Linie dort verbraucht werden wo man in herstellt, das spart teure Infrastruktur und Energie. Und dieses verrückte Merit Order System abschaffen.

    • Die Stromerzeugung aus Kohle ist im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gestiegen: Zwischen Januar und Ende Juni stammte knapp ein Drittel (31,4 Prozent) des in Deutschland erzeugten und eingespeisten Stroms aus Kohlekraftwerken, wie das Statistikamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte. Damit nahm die Einspeisung von Kohlestrom im Jahresvergleich um 17,2 Prozent zu – da waren es noch gut 27 Prozent.

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