U-Ausschuss:
Die ÖVP löst ihr Versprechen ein. Im U-Ausschuss, der sich eigentlich mit mutmaßlicher ÖVP-Korruption befassen soll, nimmt man am Mittwoch die SPÖ in die Mangel.
Wien, 13. September 2022 | Nach der OMV-Woche auf Betreiben von NEOS startet die neue U-Ausschuss-Woche am Mittwoch mit einem “Wunsch-Tag” der ÖVP. Im U-Ausschuss sind unter anderem unrechtmäßige Vergaben und Förderungen ein Thema, und eine solche möchte die ÖVP bei der SPÖ gefunden haben.
Geladen sind dazu zuerst eine leitende Beamtin aus dem Bundeskanzleramt, danach Ex-Klubvorsitzender der Wiener SPÖ, Siegfried Lindenmayr, und abschließend Ex-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ).
Josef Ostermayer: Faymanns rechte Hand
Im Jahr 2015 hatte das Bundeskanzleramt unter Werner Faymann (SPÖ) eine Förderung an die Paul Lazarsfeld Gesellschaft (PLG) für Sozialforschung in Höhe von 40.000 Euro vergeben. Das Geld ist laut ÖVP aber erst geflossen, nachdem ein erster Antrag von 80.000 Euro abgelehnt worden war und ein PLG-Obmann an den Präsidial-Sektionschef im Bundeskanzleramt für ein persönliches Gespräch herangetreten sein soll.
Schon damals hatte jene Beamtin, die von der ÖVP geladen worden ist, die Abteilung für Vergaben und Recht im Bundeskanzleramt geleitet. Kanzleramtsminister damals: Josef Ostermayer. Er galt als Faymanns rechte Hand. Nach Faymanns Rücktritt und der Übernahme des Bundes-SPÖ-Vorstands durch Christian Kern war auch Ostermayers Karriere in der Spitzenpolitik vorbei.
Siegfried Lindenmayr: SPÖ-Wien-Veteran
Siegfried Lindenmayr war Schriftführer und Vorstandsmitglied der Paul Lazarsfeld Gesellschaft für Sozialforschung (PLG) gewesen, bis diese 2018 aufgelöst wurde. Der Verein löste sich damals wegen persönlicher „Entscheidungen langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne einer beruflichen Umorientierung und andererseits (…) immer schwierigeren Aussichten für projektfinanzierte Forschungsgesellschaften“ auf, wie in einer Informationsschrift der neuen Paul Lazarsfeld Gesellschaft von Juli 2020 zu lesen ist.
2019 gründete sich eine neue PLG, die, wie es auf Anfrage gegenüber ZackZack heißt, nur von der Idee her, aber weder rechtlich noch personell, als Nachfolgerin des alten Vereins gesehen werden kann.
Frage nach Zusammenhang
Sowohl die Förderung als auch die Amtszeit Ostermayers liegen eigentlich außerhalb des Untersuchungszeitraums. Dieser erstreckt sich von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021, also über die Zeit der Regierungen unter Sebastian Kurz. Grundsätzlich können, ähnlich wie bei den BMI-Chats, auch zeitlich knapp davor liegende Ereignisse relevant sein. Spannend wird daher, wie die ÖVP versuchen wird, ihre Fragen mit dem Untersuchungszeitraum in Einklang zu bringen.
Sie wird auch versuchen müssen, den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand herzustellen: mutmaßlicher Korruption in der ÖVP und ihrem Umfeld. Gelingt das nicht, müssen die Auskunftspersonen Fragen nicht beantworten.
NEOS und Grüne sehen den heutigen Tag, wie sie selbst sagen, “nüchtern”. Man habe nie behauptet, die ÖVP sei die einzige Partei, in deren Umfeld es zu Korruption gekommen ist. Aber die ÖVP habe den Machtmissbrauch eben auf die Spitze getrieben, so die Fraktionsführerinnen Stephanie Krisper (NEOS) und Nina Tomaselli (Grüne) im Vorfeld des U-Ausschuss-Tags.
(pma)
Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl