Freitag, März 29, 2024

Das Land der verschwundenen Kinder – Skylla & Charybdis

Skylla & Charybdis

Österreich ist eine verwunschene Insel der Seligen geworden. Hinter sieben Schleiern der magischen Nebel verborgen liegt die Tatsache, dass allein innerhalb von sieben Monaten über 5.000 Kinder verschwunden sind.

Julya Rabinowich

Wien, 17. September 2022 | Alles, auf das man nicht gut aufpasst, verschwindet. Die eine Socke von dem schönen bunten Sockenpaar. Der geliebte Kaschmir-Schal während einer langen, ermüdenden Zugreise. Der Ring, den man zum Händewaschen ablegte auf dem Marmorrand des Waschbeckens in einem feinen Restaurant. Die stürmische Sommerliebe, die den Herbst nicht erlebte. Der Dosenöffner beim letzten Campingurlaub. Eine Spielkarte. Ein brauner, vom vielen Kuscheln leicht verformter Teddybär in den Öffis, Bus oder Straßenbahn – man weiß es nicht mehr genau –, vom Kind bitterlich beweint. Andere Kinder beweinen nicht das Stofftier, beweinen vielleicht nicht einmal sich selbst. Denn sie selbst sind das, was verloren gegangen ist.

200 Schulklassen verschwunden

Österreich ist eine verwunschene Insel der Seligen geworden. Hinter sieben Schleiern der magischen Nebel verborgen liegt die Tatsache, dass allein innerhalb von sieben Monaten über 5.000 Kinder verschwunden sind, die als unbegleitete Geflüchtete hier abgekommen waren. Das sind mehr als 200 Schulklassen, hält Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich fest. Es sind 96 Prozent aller Kinder, die in Österreich einen Asylantrag stellten. In Österreich sind also ungefähr 200 Klassen voller Fluchtwaisen auf magische Art und Weise verschwunden, in Luft aufgelöst. 200 Klassen voll verlorener Kinder, vielleicht weitergezogen, oder vielleicht von Peter Pan hinfort geleitet, vielleicht vom Rattenfänger von Hameln, vielleicht von reichen Adoptier-Willigen, vielleicht von wundersam aufgetauchten Verwandten, vielleicht von Pädophilen, vielleicht von Kinderhändlern. Alles ist möglich! Es interessiert nur irgendwie keinen.

Innenministerielles Schulterzucken

Offenbar auch nicht den Innenminister. Statistiken darüber, wo die verschwundenen Minderjährigen wieder aufgefunden werden, gibt es nicht. Die Minderjährigen leben oft nicht kindgerecht versorgt wie Erwachsene in überfüllten Lagern. Sie sind, ganz wie Peter Pans Gefährten, auf sich allein gestellt. Das Problem ist lange bekannt, das Problem ist aber nach wie vor nicht konkret angegangen worden. Die Asylkoordination Österreich verortet ein Schulterzucken seitens des Innenministers. Vielleicht hofft er auf etwas Feenstaub, um der Gesamtlage mehr Leichtigkeit zu verleihen. Währenddessen tickt die Uhr für neuankommende Fluchtwaisen weiter – leider nicht jene Uhr im Krokodil, sondern eine höchst konkrete und reale. Märchen sind bekanntlich grenzenlos. Menschenleben nicht.

Titelbild: ZackZack

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24 Kommentare

  1. Unfassbarer Bericht!
    Ich musste das nun zweimal lesen, da ich es einfach nicht glauben konnte.
    Warum das nicht die Top Schlagzeile im ORF ist, bleibt mir weiter schleierhaft.
    Da wird es wohl auch keine Kampuschgschichten mehr brauchen, bei solchen Stückzahlen?

    Ich kann ihnen im Namen dieser Kinder, ihrer Eltern und allen Menschen welche hier ihr Mitgefühl nicht mehr ins Loot bringen können, nur ganz ganz herzlich Danken.

    Wenn hier aber weiter nicht das passiert was bei einer solchen Meldung passieren muss, dann bleibe ich wohl fassungslos, auch noch in Zeiten eines BP Wahlkampfs?

  2. Frau Rabinovich! Beklagen Sie die immer größer werdende soziale Misere in diesem Land! Führen Sie diese Ihre Klage mit allem Fug und Recht der Welt! Aber versuchen Sie dabei nicht, intellektuell zu glänzen, denn andernfalls ist es stets sehr, sehr peinlich!

  3. Da gibt es ganz offensichtlich einen eklatanten Missstand. Unklar ist nur wo genau. Entweder vernachlässigt der Staat aus einer falsch verstandenen laissez-faire Poliik gegenüber den Migranten und Flüchtlingen seine Schutzpflicht gegenüber den Kindern oder aber eine Industrie aus perversen Menschenhändlern wird von entsprechend reichen und mächtigen Kunden geschützt. Oder natürlich, und das ist am wahrscheinlichsten, passiert beides gleichzeitig

  4. 5000 ist viel. Sehr viel. Das wusst ich nicht. Und wenn sie nur ein paar Tage im Nirgendwo waren. Sehr viel. Arg.

    Wir sind Weltmeister im Erfassen von Statistiken: Auslastung der Hotelbetriebe etc. können auf Knopfdruck auf 2 Monate im voraus akurat ermittelt werden. Weils eben so wichtig ist. Die Tourismusindustrie kann wöchentlich Auskunft geben, wie viel ein Durchschnittsgast ausgegeben hat. Geht ganz schnell.

    Bei der Gesundheit ist das nicht möglich zu ermitteln. Da greift der Datenschutz. Und bei mirakulösen Kindern auch. Sie sind halt weg. Uff. Wahrscheinlich kann man auch dafür den Datenschutz heranziehen, warum man keine Daten erheben kann.

  5. Jo, endlich wird mal darüber geschrieben. War das nicht auch eine Verschwörungstheorie mit den pädophilen PolitikerInnen?

    Here you go: Royal family member was investigated as part of paedophile ring before cover-up, ex-cop says. The former officer claims the investigation was shut down for ‘national security’ reasons

    Quelle: https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/royal-family-member-was-investigated-as-part-of-paedophile-ring-before-coverup-excop-says-10126864.html

    In diesem Sinne Fuck The British Crown! Wo ihr alle Krokodilstränen heult für diese kriminelle Familie. Weg mit der Pädomonarchie!

    • Die Adeligen dürfen das. Seit jeher. Oder die Epsteins mit ihren superreichen Freunden.

  6. Genau das zeigt die beschämende Einstellung der türkisen Schandregierung und ihrer wichtigsten Funktionäre!

    Diese Pharisäer regen sich darüber auf, dass Flüchtlinge, die mindestens fünf Jahre in Österreich sind, 500 Euro bekommen (0,00.. Prozent des Gesamtaufkommens).

    Dass in der Zwischenzeit
    5.000 (in Worten fünftausend) Kinder auf unerklärliche Weise und vom Innenministerium überhaupt nicht erfasst verschwinden, dass ist dieser scheinheiligen ÖVP Kaste aber so was von egal.

    Als Gipfel der Unverfrorenheit führen sie auch noch “christlich” in ihren Parteinstatuten, diese falsche Brut.

  7. Niemand interessiert das wirklich ☹️
    Und mit rechts orientierten Politikern kann man auch nicht damit rechnen, dass es hier Aufklärung gibt…..

  8. Diese jungen Menschenleben fallen halt auch durch das gnadenlose “Leistungsträger” Raster der ÖVP …🤷‍♀️

  9. Ich hoffe, Amnesty International geht wieder der Sache nach! Neben vielen Grausligkeiten hinsichtlich Verbleib der Jugendlichen möchte ich auch auf eines aufmerksam machen: Viele erinnern sich bestimmt noch an die skandalösen Elendsquartiere in NÖ, wo von österr. Pflegeeinrichtungen ausgebeutete Sklavenarbeiter ihre 4 Stunden Schlaf am Tag konsumieren durften, Pässe waren abgenommen. Oder an die unzumutbaren Arbeitsbedingungen und Drangsalierungen durch von Hygiene Austria beauftragten Personalscheinfirmen beim angeordneten Maskenpfusch. Wenn ich oder weitere wachsame Bürger einen einzigen Bauern sehe, der plötzlich junge Menschen zur Spargelernte usw. heranzieht, wird das nicht mehr 5 Jahre bis zur Aufdeckung des nächsten ÖVP-Skandals dauern, sondern da fahre ich mit einem Bus (Journalist+Fotograf im Gepäck) in der Erntezeit höchstpersönlich durchs “Hoamatl”, werde einen schönen Bildband mit Interviews anfertigen und in Straßburg vorlegen.

    • 👍 … ich setze mich ehrenamtlich ans Steuer in diesem Kleinbus bis 3,5t… 😉

    • Bitte unbedingt verstärkt im Efko Land (Bezirk Eferding) Streife fahren. Hierzulande blüht dieses Unwesen im besonderen Stil. Da sind’s den Blauen und den Bauern hier wieder Recht die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Herbergsgeber karren diese täglich an zur Erntezeit von Spargel und Gurkerl und verdienen sich somit eine goldene Nase für den Aufwand. Zusätzlich lassen sie sich von den Buben die “Füße küssen” da sie ja so herzensgut sind und ihnen Arbeit verschaffen. Meist an ärgsten Hitzetagen, wo sich die Einheimischen vorwiegend im Schatten, klimatisierten Büros und Autos oder im Freibad aufhalten. Keiner von “uns” wäre so blöd sich diese Strapazen anzutun.

  10. Berührend gemalte Wortgebilde zu Unsäglichem… (angesichts der inländischen “Performance” zum Kindeswohl, zwar gesetzlich zähneknirschend anerkannt, aber nur mit Vorbehalten als unverbindliche “Vorschläge” übernommen, bzw. auch im latent gelebten Verrat in konservativ parteilicher Jugendarbeit und darüber hinaus medienwirksam zelebrierter illegaler Kindesabschiebungen, die trotz gegenteilig rechtsgültiger Urteilssprechung auch weiterhin in autonom ministerieller Hybris hochoffiziell für “in Ordnung beurteilt / befunden” werden, wundert einen diese beschriebene innenministerielle Gleichgültigkeit zur Causa aber nicht – mehr.) Es ist aber nach menschlichem Ermessen davon auszugehen, dass die “Kinder dieser menschenverachtend reaktionären Revolution” ihre Rädelsführer:innen früher oder später wieder auffressen werden…

  11. wenn Kinder verschwinden ist das traurig und vor allem eine Katastrophe.
    Die Behandlung dieses Themas ist es auch, genau so wie die mediale Aufarbeitung.
    Es werden zahlen publiziert die nicht gegengeprüft werden, auch die Entstehung dieser Zahlen wird nicht hinterfragt. Nicht erst heute ist das so, es geht schon viele Jahre lang schief.
    Für Deutschland gibt es Zahlen, allerdings hab ich die nur bis 2020 gefunden, verwunderlich sind die, der Umgang damit noch mehr.

    • es wurden laut der Webseite des BKA im Jahr

      2016: 8.084 Kinder als vermisst gemeldet – 7.781 der Fälle aufgeklärt (Aufklärungsquote von 96 Prozent).
      2017: 8.259 Kinder als vermisst gemeldet – 8.080 davon wieder angetroffen bzw. aufgefunden (Aufklärungsquote von 98 Prozent).
      2018: 12.791 Kinder als vermisst registriert – 12.604 Fälle aufgeklärt (Aufklärungsquote von 98,5 Prozent).
      2019: 15.395 Kinder als vermisst registriert – 97,9 Prozent der Fälle aufgeklärt (Aufklärungsquote von 97,9 Prozent).

      Ein ähnliches Bild zeigt sich bei vermissten Jugendlichen (14- bis 17-Jährige):

      2016: Vermisst insgesamt 52.702, davon wieder aufgefunden 52.554 (Aufklärungsquote 99,7 Prozent).
      2017: Vermisst insgesamt 53.546, davon wieder aufgefunden 53.326 (Aufklärungsquote 99,6 Prozent).
      2018: Vermisst insgesamt 76.719, davon wieder aufgefunden 76.322 (Aufklärungsquote 99,5 Prozent).
      2019: Vermisst insgesamt 77.499, davon wieder aufgefunden 76.424 (Aufklärungsquote 98,6 Prozent).

      Am 5. März 2020 – der letzten Aktualisierung der Zahlen durch das BKA – gab es in Deutschland „gerechnet ab dem frühesten registrierten Vermisstendatum 03.03.1951 bis heute – insgesamt 1.869 ungeklärte Fälle vermisster Kinder“.

      • Das sind die Kinder und Jugendlichen von Eltern mit festem Wohnsitz in Ö? Sind in den Statistiken auch Asylsuchende enthalten? Glaub ich eher nicht.

        Die Aufklärungsquote ist da wohl auch eher der falsche Begriff, denn die meisten als vermisst gemeldeten Jugendlichen werden wohl selbst zurückkehren. Also keine Aufklärungsleistung der Behörde.

        • …. das ist nicht näher ausgeführt, weiß nicht ob die berücksichtig sind, eher nicht.
          Allerdings ist zu diesem Thema wirklich sehr viel hanebüchener Unsinn zu finden, seriöse Aufarbeitungen fast nicht.

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