Freitag, Januar 17, 2025

Pressestimmen zu Putins Teilmobilmachung – Ukraine-Krieg

Ukraine-Krieg

Internationale Tageszeitungen kommentieren am Donnerstag Putins Rede zur Teilmobilmachung von Tausenden Reservisten wie folgt:

Wien, 22. September 2022 | Am Mittwoch verkündete der russische Präsident Wladimir Putin zum ersten Mal seit 1941 eine landesweite Teilmobilmachung, bei der angeblich 300.000 Reservisten eingezogen werden sollen. Darüber berichten Medien weltweit wie folgt:

“New York Times” (USA):

„Ein in die Enge getriebener Wladimir V. Putin ist gefährlicher als je zuvor. Er versucht, einen Angriffskrieg gegen einen Nachbarn in einen Krieg zur Verteidigung des bedrohten “Mutterlandes” umzuwandeln – ein Thema, das bei den geschichtspatriotischen Russen großen Anklang findet. Indem er mit seinem nuklearen Säbel rasselt, den Westen beschuldigt, sein Land “zerstören” zu wollen und die Einberufung von 300.000 Militärreservisten anordnet, räumt Putin implizit ein, dass der Krieg, den er am 24. Februar begonnen hatte, nicht so verlaufen ist, wie er es sich gewünscht hat. Er stellt die Ukrainer als bloße Spielfiguren der “Militärmaschine des kollektiven Westens” dar.”

“Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Deutschland):

“Im Ringen mit Putin bleibt der Westen nur ein glaubwürdiger Gegner, wenn er der Ukraine tatsächlich weiter zur Seite steht, mindestens im bisherigen Ausmaß. Lässt er sich von Putin nuklear erpressen, dann braucht er das Wort von der regelbasierten Weltordnung, die es zu verteidigen gelte, nicht mehr in den Mund zu nehmen, auch nicht gegenüber allen anderen Diktatoren. Doch nicht zuletzt in Deutschland könnte angesichts Putins Drohung die Versuchung wieder wachsen, auf Kosten der Ukrainer zu einem Arrangement mit Moskau zu kommen, dem sich der so hochtrabende wie falsche Titel ‘Land gegen Frieden’ (und Gas!) anheften ließe. Solches Appeasement wäre Verrat an den eigenen Werten und Interessen. Aber ist nicht alles besser als ein Atomkrieg? Diese Frage kann man nur mit Ja beantworten.”

“de Volkskrant” (Niederlande):

“Einer nuklearen Erpressung nachzugeben, würde erst recht destabilisierend wirken. (…) Der Westen sollte sich von Putins Rhetorik nicht abschrecken lassen, sondern stattdessen schwerere Ausrüstung – einschließlich Panzer und Kampfjets – schicken, die Kiew seit Monaten fordert. Nachdem Putin die weitere Zerstückelung der Ukraine angekündigt hat, kann es nur eine Antwort geben: Hände weg von der Ukraine!”

“El Mundo” (Spanien):

“Putins Antwort bestand erneut darin, nach vorne zu stürmen und fiktive Referenden in den besetzten Gebieten abzuhalten. Damit sollen sie Russland einverleibt und unter den russischen Atomschirm gestellt werden, der die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten davon abhalten soll, sie angesichts der Gefahr einer atomaren Tragödie zu befreien. Bisher kam das Kanonenfutter aus entlegenen Gegenden Russlands, aber das Bild von Soldatensärgen, die in Moskau oder Sankt Petersburg ankommen, könnte die Stimmung einer in Propaganda erstickten Gesellschaft verändern und Putin sogar die Macht kosten.”

“Nowaja Gaseta” (Russland):

“Mit der Mobilisierung hat Putin seinem eigenen Land den Krieg erklärt. Der von der Propaganda angekündigte “historische Tag” der Ansprache Putins verlief in der Ukraine wesentlich ruhiger als in Russland. Die Russen suchten im Internet nach Informationen darüber, wie sie das Land verlassen oder zumindest einen Aufschub des Militärdienstes erhalten können – das zeigen die Statistiken der Google-Anfragen. Es gibt weder eine Bremse noch einen Weg zurück: Das militärisch-strategische Spiel, in das Putin das Leben Russlands und der Ukraine verwandelt hat, könnte entweder in einem völligen Zusammenbruch des Strategen oder in einer Art “neuer Weltordnung” enden.”

“Le Monde” (Frankreich):

“Die beunruhigende Eskalation des russischen Präsidenten, der am 21. September die Mobilisierung von 300.000 Mann anordnete und erneut die atomare Bedrohung heraufbeschwor, stellt nun die Länder, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine geschwiegen haben, vor eine einfache Wahl: diese Aggression zu unterstützen oder zu verurteilen. Wladimir Putin hat die Rückschläge, die er in den letzten Wochen in der Ukraine erlitten hat, zu spüren bekommen.”

“Pravo” (Tschechien):

“Russland schickt rund 300.000 seiner Söhne zusätzlich in den Krieg gegen die Ukraine. Der eigenen Bevölkerung muss das Land nun erklären, warum dies geschieht. Selbst für ein Regime, das in jeder Hinsicht lügt und freiheitlich denkende Menschen verfolgt, wird das nicht leicht sein. Die Reservisten rücken zu einer Verteidigungsoperation ein, die auf einem fremden Staatsgebiet geführt wird und bisher alle ihre Ziele erreicht haben soll. Es ist ein Widerspruch nach dem anderen. (…) Dennoch bleibt das Bild der sogenannten Spezialoperation in der russischen Öffentlichkeit unverändert.”

(nb/apa)

Titelbild: HANDOUT / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Nura Wagner

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