Donnerstag, März 28, 2024

Zwei Drittel kennen diese Arbeitszeit-Falle nicht – AK- Umfrage

AK-Umfrage:

Kaum planbare Arbeitszeiten und daraus folgende, oft unzulässige Minusstunden. Eine neue Umfrage der Arbeiterkammer Wien zeigt großflächige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz.

Wien, 29. September 2022 | Von den 2.515 Personen, die an der reinen Online-Umfrage der AK Wien teilgenommen haben, gab fast die Hälfte an, dass es zumindest einige Male pro Jahr vorkommt, dass sie während der vereinbarten Arbeitszeit nicht eingesetzt werden. Bei einem Fünftel kommt es fast jeden Monat vor, dass sie wieder nach Hause geschickt werden.

Frauen besonders betroffen

“Für viele Menschen ist die Arbeitszeit völlig unberechenbar. In gewissen Branchen wissen drei Viertel der Befragten nur ein bis zwei Tage vorher, manchmal sogar erst am selben Tag, ob und wie lange sie arbeiten müssen”, so die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik, Sybille Pirklbauer. Vor allem Beschäftigte in den Branchen Gastronomie und Tourismus, Handel sowie im Gesundheits- und Sozialbereich seien mit unplanbaren Arbeitszeiten konfrontiert. Das bedeute für die Betroffenen oft Stress, Freizeitplanung sei so nur sehr schwer zu gestalten.

Eine besondere Belastung sei es, wenn dann auch noch Kinderbetreuung oder die Pflege eines Angehörigen organisiert werden muss. Frauen seien dabei besonders betroffen – sie waren mit 71% der Befragten deutlich überrepräsentiert gegenüber 48% an den Gesamtbeschäftigten. Der Grund dafür sei, dass unplanbare Arbeitszeiten sehr oft ein Problem für Teilzeitbeschäftigte- zumeist Frauen – ist. Diese würden in vielen Fällen auch noch um ihr “Mehrarbeits- oder sogar Überstundenentgelt geprelllt”, so Pirklbauer: „Wenn im Betrieb nichts los ist, werden Arbeitnehmer:innen nach Hause geschickt und es werden ihnen illegalerweise ,Minusstunden‘ verrechnet, die sie später wieder einarbeiten sollen.

Minusstunden “nur in Ausnahmefällen”

So geht es laut Umfrage über der Hälfte der davon Betroffenen. Rund ein Viertel der von Arbeitsausfällen betroffenen Arbeitnehmer musste im halben Jahr vor der Befragung 50 und mehr Stunden einarbeiten – also mehr als eine Urlaubswoche. 5% Prozent der von Minusstunden Betroffenen mussten gleich 100 Stunden oder noch mehr einarbeiten.

Zwei Drittel der Betroffenen wüssten laut Umfrage jedoch nicht, dass das unzulässig ist: “,Minusstunden‘ gibt es außer in einigen Ausnahmenfällen nicht. Wenn der Vorgesetzte einen heimschickt, ist das eine Dienstfreistellung. Werden die ,Minusstunden‘ später wieder eingearbeitet, führt das im Regelfall zu Mehr-, und manchmal sogar zu Überstunden, die mit entsprechenden Zuschlägen zu entlohnen sind. Diese Zuschläge werden den Betroffenen durch die Behauptung von Minusstunden letztlich unterschlagen!“

Besonders problematisch: die gesetzliche Frist, dass Dienstpläne im Regelfall 14 Tage im Voraus bekannt gegeben werden müssen, wird nur bei 7 Prozent der Befragten eingehalten.

(mst)

Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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15 Kommentare

  1. ‘Minusstunden’
    ‘Urlaubssperre’
    ‘unzulässige Klauseln in Dienstverträgen’

    Wie konnte es überhaupt soweit kommen, dass sich solche Ungerechtigkeiten dennoch ihren Weg in die wunderherrliche Welt des Arbeitens bahnen konnten …
    Unaufmerksamkeit/Desinteresse auf ganzer Linie auf Seiten der Arbeitnehmer (und deren Vertreter), andererseits die Skrupellosigkeit der Arbeitgeber (und deren Vertreter, die nun nicht mehr bereit sind auch nur einen fußbreit auf diese ‘Errungenschaften’ verzichten zu wollen – obwohl diese im Rahmen eines aufrechten Dienstverhältnisses nur aufgrund von Druck/Erpressung/Ausbeutung zustande kommen, aber sonst keine rechtliche Grundlage besitzen), mit der sie sich diese dubiosen ‘Vorteile’ verschaffen.

    • Richtig! Deshalb ist man vor Jahren auch auf das Modell mit den Leiharbeitskräften, Personalbeistellungsfirmen usw übergegangen, wo wöchentlich in verdunkelten Wägen Sklavenarbeiter aus unseren Nachbarländern herangekarrt, geringfügig angemeldet werden, aber 60 Std Minimum arbeiten müssen und am Abend in bereitgestellte Elendsquartiere fallen. Lohndumping nennt man das. Sehr praktisch, denn so werden Arbeitnehmer, auf die der österr. KV angewendet werden muss, entweder geringstmöglich eingestuft oder wegen “”zeitlicher Unflexibilität” bequem abgelehnt.

      • Da spielt man die einen gegen die anderen aus …
        Da heißt es dann ‘schau da Dein Kollegen au, wie der auzaht wie a Waglhund fias Schmoizbrot’.
        Und je mehr des bei bei die Leit einegeht umso mehr verschlechtert sich die Situation für die Arbeitnehmer – gepaart mit der aktiven Passivität der Arbeitnehmervertreter, führt das zum absoluten Desaster …

        • Gegeneinander ausspielen und die Gesellschaft besonders im Arbeitnehmerbereich spalten ist das Geheimrezept der österreichischen Wirtschaft(spartei).

          • Zum Drüberstreuen, gibts dann noch die glorreichen Tipps von jenen die noch zu ganz anderen Konditionen gearbeitet ham.
            ‘Zu meiner Zeit …’
            ‘Eich (Jungen) gehts heitzutag eh vü zguat …’

            Doch wie radikal sich die Welt des Arbeitens gegen die Menschen gewandt hat, kriegen jene die solche Aussagen tätigen, ja gar nimma mit – weil dann auch is Desinteresse überwiegt (‘i hob des hinter mir’) und man deswegen eh nimma so genau hinschaut.

  2. Arbeitnehmer gehören noch viel mehr aufgeklärt. Leider lässt sich ein großer Teil viel zu viel gefallen. Das Problem betrifft primär nicht nur den Einzelnen sondern den gesamten Arbeitsmarkt. Ich behaupte sogar, es ist politisch erwünscht, dass Arbeitnehmer recht uninformiert sind, dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, zu Gunsten des Arbeitgebers. Das Parteien wie die ÖVP die Situation für Arbeitnehmer ständig verschlechtern wollen liegt auf der Hand, das wäre tatsächlich das richtige Thema für die Sozialdemokraten. Leider schweigen diese zu oft und wirken nicht unbedingt sehr ambitioniert.

    • Dummes Stimmvieh kann man leichter steuern , manipulieren und belügen.
      Darum keine Bildungsreform.
      Je dümmer der Pöbel gehalten wird, um so leichter für die Herrschenden und deren Nutznießer.

    • Vermutlich is die Gschicht doch etwas diffiziler …
      Die Leit wissen um ihre Rechte mit Laufe der Zeit doch recht genau bescheid.
      Doch was nützt dieses Wissen in Anbetracht der Tatsache, dass sie, wenns drauf ankommt, auf verlorenem Posten stehen – da wiegt man dann das Einstehen für Rechte gegen den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes ab.
      Und aufgrund dieser Rezeptur gehen die meisten Schweinerein durch.

      • Als Arbeitgeber sehe ich das zwar etwas anders, aber natürlich haben ihre Zeilen Substanz. Innerbetrieblich löse ich das mit sehr vielen persönlichen Gesprächen. Ich versuche auch individuelle Absprachen zu treffen, sollte ein Mitarbeiter Probleme haben. Da mache ich keinen Unterschied, ob private oder berufliche Problemlagen. Alles wirkt sich nämlich auf die Leistung aus und auch das unmittelbare Umfeld ist betroffen. Die Stimmung kippt ziemlich schnell. Jetzt können sie mir glauben oder nicht, trotzdem schreibe ich es. Wir zahlen 20 bis 40 % über Kollektiv und sorgen auch für kostenlose Fortbildung und Bonuszahlungen. Es gibt in jedem Bereich die Möglichkeit aufzusteigen und natürlich mache ich das nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, sondern um die Arbeitsmoral möglichst hoch zu halten. Meine ersten 6 Mitarbeiter:innnen sind seit 12 Jahren bei uns und behaupten sehr zufrieden zu sein. Das es vermutlich nicht in jedem Betrieb so abläuft ist mir bekannt und finde ich persönlich äußerst schade. Ich habe es schon einmal geschrieben und schreibe es erneut, ohne Mitarbeiter:innnen die voll dabei sind, ist ein Unternehmen auf Dauer nicht zu führen.

        • Na das wäre doch das Mindeste was Sie als Arbeitnehmer (Sie haben sich nicht verlesen, nein, Sie sind es der die Arbeit der Menschen annimmt, Sie gleichen dies bloß per Arbeitsentgelfortzahlung aus, aber die Arbeit überreichen/!geben! Ihnen jene Menschen die für Sie arbeiten – und auch wenn Sie nebenher Ihren Teil an Aufgaben zu erledigen haben, sind Sie im weiteren Sinne nur Arbeitnehmer) tun sollten, wenn Sie schon darauf aus sind ‘die Arbeitsmoral möglichst hoch zu halten’ …
          Schließlich verlangen Sie sicher für die 20 bis 40 Prozent über Kollektiv Ihren Leuten bestimmt eine ganze Menge ab – da ja nicht aus ‘reiner Menschenfreundlichkeit’.
          Und ob des so gsund is, wage ich zu bezweifeln – Sie zahlen zwar eine Menge, aber verlangen dafür bestimmt eine ganze Menge (mitunter sogar die Gsundheit, welche auf der Strecke bleibt, weil die Leute das immer im Hinterkopf haben und sich entsprechend zu kasteien beginnen, weil Sie Ihnen so viel zu verdanken haben/schuldig sind).
          Wie man es dreht und wendet, es beißt sich die Katz in den Schweif.

          • Lieber Lojzek, die Gesundheit ist ein anderes Thema. Wir bieten neben kostenlosen Yogakursen auch Kampfsport an. Das ist ein schöner Ausgleich für einige MitarbeiterInnen. Betriebsbedingt ist es manchmal stressiger und manchmal ruhiger. Es gibt auch einmal jährlich einen Gutschein für eine Therme für 5 Tage für jeden Mitarbeiter und wie geschrieben, niemand ist auf sich gestellt mit seinen Problemen. Sie kennen mich nicht, ihre Zeilen erwecken den Eindruck, ich sei ein recht forscher und fordernder Mensch. Das Gegenteil ist der Fall. Glauben Sie was Sie wollen, danke trotzdem für Ihre Antwort und Ihre Mahnung. Und ich bezahle nur aus einem Grund weit über Kollektiv, weil es mir tatsächlich wichtig ist, dass sich meine Mitmenschen wohl fühlen. Die Wertschätzung erfolgt auch über die Bezahlung.

          • ‘Glauben Sie was Sie wollen’

            Ja, ich denke das werde ich tun, zumal mir soviel ‘Altruismus’ (wobei die Relativierungen führten Sie ja ohnehin schon ins Treffen, von daher …) von Seiten eines DG, nicht ganz koscher erscheint.

    • Ein Liftwart wird sich beim Hörl nicht beschweren über 100 nicht ausbezahlte Überstunden – der kriegt von Vbg bis Sbg keinem Job mehr.

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