Dienstag, April 16, 2024

Sinnvoll, aber problematisch – Was die Strompreisbremse wirklich bringt

Sinnvoll, aber problematisch

Am Donnerstag wird im Nationalrat die Strompreisbremse beschlossen. Momentum-Ökonom Oliver Picek findet die Idee gut, es hapere aber noch an der Umsetzung. Alles, was man dazu jetzt wissen muss.

Wien, 13. Oktober 2022 | Die Strom- und Gaspreise sind hoch und sie werden weiter steigen. Am Donnerstag beschließt der österreichische Nationalrat nun eine Strompreisbremse, die ab Dezember bis voraussichtlich im Frühjahr 2024 gelten soll.

Das bedeutet, dass es durch Zuschüsse einen Maximalpreis für einen Grundbedarf an Strom pro Haushalt geben wird. Die Menschen sollen für diesen Bedarf von 2.900 Kilowattstunden pro Jahr also nicht mehr als 10 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen. Verbraucht man allerdings mehr als 2.900 Kilowattstunden, muss man die marktüblichen Preise blechen. Die Unterstützung durch die Strompreisbremse erfolgt automatisch über die Stromrechnung und zwar bereits bei monatlichen Teilzahlungsrechnungen.

Ökonom: Regierung hat zu lange gewartet

Die Idee der Strompreisbremse an sich sei sehr sinnvoll, sagt Ökonom Oliver Picek vom Momentum Institut. Das Problem sei aber die Umsetzung: „Die Idee gibt es schon lange, auch in anderen Ländern. Wir haben schon im März vorgeschlagen, so etwas zu machen, die Politik hat sich aber erst im August durchgerungen und damit wertvolle Zeit verstreichen lassen.“

Denn die Datengrundlage, die notwendig wäre, um die Strompreisbremse sinnvoller einzusetzen, gibt es laut Picek noch nicht Da nicht nach Einkommen oder Haushaltsgröße unterschieden werden kann, bekommt das obere Einkommensfünftel die gleiche Preisentlastung wie das unterste, so Picek. Bis zu 500 Euro soll die Deckelung abfangen, bei den einkommensschwachen Haushalten sollen es noch um 200 Euro mehr werden, behauptet die Regierung.

Nicht fair: Gleiche Entlastung für Arme und Reiche

Die Strompreisbremse ist auf einen Drei-Personen-Haushalt ausgelegt. Leben mehr als drei Leute in einem Haushalt, kann zwar ein höherer Zuschuss beantragt werden. Wohnen jedoch weniger Personen in einem Haushalt zusammen, wird das nirgends erfasst. Ein-Personen-Haushalte, die mehr verbrauchen, können so zum Beispiel ihren gesamten Verbrauch gedeckelt bekommen. Sozial gerecht ist das also nicht, so Picek.

Fehlende Datengrundlagen

Um die Zuschüsse effektiver zu verteilen, müsste man das zentrale Melderegister mit den Daten der Stromanbieter zum Stromverbrauch zusammenführen, meint der Ökonom. Diese Datengrundlage herzustellen, würde zwar ein paar Monate dauern, aber da die Strompreisbremse bis Frühjahr 2024 wirken soll und noch gar nicht klar sei, wie es mit Strom und Gas in den nächsten Monaten weitergeht, müsse man dringend damit anfangen. „Aber mir kommt vor, das passiert nicht.”

Heizschwammerl und Weihnachtsbeleuchtung

„Damit könnte man die Strompreisbremse in den paar Monaten so reformieren, dass sie ihren Zweck besser erfüllen kann”, so Picek weiter. Obwohl die Strompreisbremse die „einzige Maßnahme im preisdämpfenden Bereich“ sein wird, die laut Picek wirken wird, löse sie nicht alle Probleme. „Wir müssen trotzdem Strom einsparen. Die Heizschwammerl im Winter sollten eigentlich gesetzlich verboten werden, ob die großartige Weihnachtsbeleuchtung im eigenen Garten wirklich notwendig ist, sollten wir überdenken.“

Keine Preisbegrenzung für Gas

Und dann gibt es auch noch jene Haushalte, die mit Gas heizen. Das seien fast eine Million Haushalte in Österreich. Vor allem in Städten wird viel mit Gas geheizt. Die Gasrechnung ist oft deutlich höher als die Stromrechnung. Picek ist auch für eine Gaspreisbremse. Haushalte könnten sich dadurch zumindest jeweils mehrere 100 Euro im Jahr sparen.

Bis man eine solche Gaspreise auf Schiene bekomme, würde es zwar ebenfalls dauern, „irgendwann muss man aber angefangen, der Druck wird nicht weniger werden und die Preise weiter steigen.“ Picek befürchtet, dass die Rechnungen für viele zu hoch sein werden.

(sm)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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8 Kommentare

  1. Stromerzeuger sind kritische Versorger und gehören daher in das Volksvermögen, samt der Leitungsinfrastruktur. Und da darf es dann keine irrwitzige Gaspreisbindung gelten, sondern einzig und allein die Selbstkosten. Denn weder der Strom aus Wasserkraftwerken noch aus Windkraftwerken sind aufgrund der höheren Gaspreise teurer geworden. Und davon haben wir in Österreich einen recht grossen Anteil. Politiker, die das nicht erkennen können und nicht in der Lage sind und auch nicht willens sind diesen Missbrauch abzustellen, sollten nicht in der Regierung arbeiten. Wobei ich jetzt aber nicht glaube, dass es eine SPÖ es besser machen und die Preisdifferenz weitergeben würde. Die würden damit einfach die sozialen Budgetlöcher stopfen und auch über die hohen Preise jammern.

  2. Das ist ein weiterer Teil der größten und vermutliche auch ungerechtesten und korruptesten Umverteilung welches dieses Land je gesehen hat und das auch noch mit für mich nicht nachvollziehbaren Sanktionen und auch noch weiter ohne Bemühung eines Friedens

    • Die Wettbewerbsfähigkeit und größter Wohlstand wurden über dieses billige Gas von Europa erzeugt und waren über Jahrezehnte gesichert.
      Allein die nachhaltigen Auswirkungen au der aktuellen Situation sind wohl ein unvorstellbarerer Betrag, aber unsere Grünen bleiben weiter die größten Kriegstreiber und die die uns gerade mit langfristigen Verträgen diesen Vorteil sichern wollten, will man am liebsten vor Gericht stellen…
      Da werden sich unser aktuellen und zukünftigen Pensionistern aber auch sehr freuen? Gott sei Dank sagt es ihnen Niemand und rechnet es Niemand vor allem auch diesen VdB Versteher und WählerInnen…

  3. Eigentlich wird weiter mit dem Geld der Steuerzahler, die Gewinne der Energiekonzerne bezahlt.
    Hier wird nichts geregelt oder gebremst, hier findet nur eine Umverteilung von unten nach oben statt.
    Gibt es schon ein neues Energieeffizienzgesetz für die Industrie?

    Für ein geglücktes Leben

  4. Die bisherige Marktordnung funktionierte, weil es konstant viel und günstiges Gas gab. Das kippt plötzlich. Politik ist dafür da den Markt zu regeln. Das ist ihre Aufgabe. Und zwar so zu regeln, dass der Markt funktioniert und niemand unter die Räder kommt.

    Man kann sich da nicht auf die EU rausreden, weil eine eue Marktordnung von den Regerungschefs beschlossen wird. Und dann von den Parlamenten ratifiziert. Ich frage mich seit geraumer Zeit, welche Vorschläge von Ö in den Europäischen Rat diesbezüglich eingebracht wurden oder werden. Gar nichts? Rein gar nichts?

    Ja, die Grundlagen sind nun andere. Gas fehlt (und wird deswegen so teuer) – und zieht alles mit. Wenn der Markt funktionieren würde, bräuchte keine Regierung Almosen zu verteilen.

    Ums Energie Sparen kommen wir nicht herum. Mindestens 20% sagte eine deutsche Energiewissenschafterin, sonst ist ein europaweiter Blackout (3 Tage bis 2 Wochen) diesen Winter so gut wie sicher. Und es ist erst der erste Winter.

  5. Griechenland war wohl die Probe auf das Exempel. Ausbluten des Mittelstandes und die totale Verarmung derjenigen die es vor der Energiekrise kaum schafften. Das ist eine recht schlechte Konstellation. Kurz ist zwar fürs Erste gescheitert, ich fürchte aber der “Ruf” nach einem starken “Führer” wird in diesem Gemisch aus Armut und Resignation stärker werden denn je. Und wofür? Das einzelne Familienmitglieder noch mehr ihre unendliche Gier ausleben können. Grauslich.

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