Ukraine:
EU-Justizkommissar Didier Reynders hält für möglich, dass Wladimir Putin wegen des Ukraine-Kriegs angeklagt wird. Erste Verfahren gegen Kriegsverbrecher könnten schon dieses Jahr beginnen.
Brüssel/Kiew/Moskau, 29. Oktober 2022 | EU-Justizkommissar Didier Reynders hält wegen des Ukraine-Kriegs eine Anklage gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor einem internationalen Gericht für möglich. Es sei nicht seine Aufgabe, die Strafverfolgung einzelner Personen zu empfehlen, sagte der belgische Politiker dem “Hamburger Abendblatt” (Samstag). “Aber wenn Strafverfolger auch an der höchsten Ebene ansetzen wollen, sollen sie es tun.”
In einem solchen Fall bestehe lebenslang die Möglichkeit, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Reynders zeigte sich “ziemlich sicher”, dass die ersten Kriegsverbrecherprozesse vor dem Internationalen Strafgerichtshof gegen Russen noch dieses Jahr beginnen.
Eingefrorenes Vermögen für Wiederaufbau
Weiter sagte der EU-Kommissar gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die vom Westen eingefrorenen Vermögen des russischen Staates und von Oligarchen können beim Wiederaufbau in der Ukraine helfen. So könne der Westen 300 Milliarden Euro aus Devisenreserven der russischen Zentralbank so lange als Garantie behalten, “bis Russland sich freiwillig am Wiederaufbau der Ukraine beteiligt”.
“Bisher wurde das Vermögen von 90 Personen eingefroren, über 17 Milliarden Euro in sieben Mitgliedstaaten, davon 2,2 Milliarden Euro in Deutschland”, sagte der Belgier. In Österreich wurden laut Innenministerium rund 1,7 Milliarden Euro an Vermögenswerten eingefroren. Reynders sagte: “Wenn es sich um Geld aus kriminellen Geschäften handelt, das die EU beschlagnahmt, ist es möglich, es in einen Entschädigungsfonds für die Ukraine zu leiten. Allerdings reicht die Summe bei weitem nicht, um den Wiederaufbau zu finanzieren.”
Kriegsverbrechen bestätigt
Seit Beginn des Krieges haben Angriffe auf zivile Ziele und Exekutionen und Folter von Zivilisten seitens Russlands weltweit für Entsetzen gesorgt. NGOs wie Truth Hound, die niederländische Investigativ-Plattform Bellingcat und auch die Vereinten Nationen (UN) dokumentieren und verifizieren diese Kriegsverbrechen und versuchen, Beweise darüber zu sammeln und zu sichern. Im September haben die UN ihren ersten Bericht dazu veröffentlicht und klar festgestellt: Russische Truppen und Truppen, die Russland unterstützen, haben unrechtmäßig gemordet, Massenermordungen von Zivilisten verübt und sexuelle Gewalt ausgeübt, auch gegen Kinder.
(red/apa)
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