Dienstag, April 23, 2024

Ex-Judoka Seisenbacher aus Strafhaft entlassen

Der wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu einer fast fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilte zweifache Judo-Olympiasieger Peter Seisenbacher befindet sich wieder auf freiem Fuß.

Wien, 04. November 2022 | Der 62-Jährige ist nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe bedingt aus der Justizanstalt (JA) Graz-Karlau entlassen worden. Ein psychologischer Sachverständiger habe in seiner Prognose-Begutachtung keine Einwände gegen die bedingte Entlassung Seisenbachers gehabt, sagte Schwarz. Die Staatsanwaltschaft Graz habe dieser zugestimmt. Die Enthaftung sei daher bereits verfügt worden.

2019 verurteilt

Das ist insofern keine Überraschung, als das österreichische Strafrecht vorsieht, dass ein Häftling grundsätzlich spätestens nach zwei Dritteln der über ihn verhängten Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen wird, es sei denn, so genannte besondere Gründe lassen befürchten, dass er wieder straffällig wird. Die bedingte Entlassung wird mit einer Probezeit von einem bis zu drei Jahren verknüpft, während dieser sich der Betroffene wohl zu verhalten und allfällige gerichtliche Weisungen zu befolgen hat. Solche hat es laut Gerichtssprecherin Schwarz auch bei Seisenbacher gegeben. Falls der Ex-Sportler gegen Auflagen verstoßen oder gar wieder strafrechtlich in Erscheinung treten sollte, kann die bedingte Entlassung widerrufen werden. Dann ginge es wieder zurück ins Gefängnis, um die Reststrafe abzusitzen – wovon dem Gutachten des von der Justiz beigezogenen Psychologen allerdings nicht auszugehen ist.

Seisenbacher war im Dezember 2019 vom Wiener Landesgericht für Strafsachen in sämtlichen Anklagepunkten des Kindesmissbrauchs für schuldig befunden und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien reduzierte die Strafe später um zwei Monate. Die Strafhaft verbüßte Seisenbacher dann in der JA Graz-Karlau, womit das Grazer Landesgericht als zuständiges Vollzugsgericht über die bedingte Entlassung zu entscheiden hatte.

2016 in Ukraine abgesetzt

Nicht nur die Judo-Szene, auch weite Teile der Öffentlichkeit hatten ungläubig reagiert, als seinerzeit bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Wien 2013 gegen Seisenbacher Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen aufgenommen hatte. Der Olympiasieger von 1984 in Los Angeles, der vier Jahre später in Seoul seinen Titel erfolgreich verteidigte, war nach dem Ende seiner aktiven Karriere für viele ein Idol geblieben. 1996 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Er gründete in Wien einen eigenen Judo-Verein, wo es zu Missbrauchshandlungen kam, über die nicht mehr berichtet werden darf, da es sich um gerichtlich abgetane strafbare Handlungen handelt. Die Betroffenen waren zwei in den jeweiligen Tatzeiträumen noch unmündige Mädchen.

Seisenbacher hatte sich dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zu entziehen versucht, indem er sich Ende 2016 in die Ukraine absetzte. Er wurde im August 2017 in einer Wohnung in Kiew festgenommen. Erst im September 2019 wurde er ausgeliefert und an die Wiener Justiz übergeben, wo er in U-Haft genommen wurde. Die in der Ukraine verbrachte Zeit in Haft sowie die U-Haft in Wien wurden Seisenbacher auf die fünfjährige Freiheitsstrafe angerechnet.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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11 Kommentare

  1. Einer, der sich an einem 9 jährigen Kind vergeht, gehört eingesperrt und der Schlüssel weggeworfen.

  2. Ich schätze einmal der Mann hat sich nicht besonders viel dabei gedacht als er die beiden Mädchen missbraucht hat. Missbrauch, sexuelle Übergriffe verbal oder tätlich sind in unserer Gesellschaft eine lässliche Sünde, seien wir doch einmal ehrlich. Es macht keinen Sinn diesen Mann stellvertretend zu steinigen. Ich halte das für Heuchelei. Die Einstellung zu Frauen und Mädchen muss sich generell verändern in dieser Gesellschaft, das ist der springende Punkt. Fast 28% der Frauen wurden als Kinder sexuell missbraucht! Das ist unglaublich und dagegen helfen keine höheren Haftstrafen sondern nur eine Gleichstellung von Frauen und Männern.

    • Solche Taten sollte man nicht dadurch relativieren, daß sie häufig auftreten! Der Mißbrauch von Kindern ist und bleibt ein schweres Vergehen.
      Perversion bleibt Perversion!
      Eine Perversion die von den Tätern, ausgeht, die mit Ihrer Sexualität und anderen persönlichen Defiziten nicht umgehen können!

      • Natürlich ist das ein schweres Vergehen. Diese Mädchen sind für ihr Lebtag geschädigt. Aber wird sich etwas dadurch ändern wenn wir Seisenbacher zum Buhmann der Nation machen? Ich glaube nicht. Für mich ist das Heuchelei die davon ablenken soll, dass in Sachen Gleichberechtigung und auch was die Rechte von Kindern betrifft nichts aber auch schon gar nichts weitergeht.

        • Persönlich bezeichne ich die Kirche, nicht nur die Katholische, oft als Hort der Pädophilen und Päderasten. So wie Seisenbacher sozusagen am Pranger steht, ist es natürlich weder für die Institutionen noch für eine Einzelperson gerechtfertigt, sie pauschal zu verurteilen! Soweit denke ich gehen wir, vorallem nach Ihren Erläuterungen, konform.
          Eine Verknüpfung mit der Frage der Gleichberechtigung ist für mich nicht ersichtlich. Handelt es sich doch in erster Linie um ein „maskulines Problem“, ein Persönlichkeitsdefizit. Die Tabuisierung ( die Pornoindustrie trägt auch nicht zum offenen Dialog bei ) von Sexualität mag dafür natürlich auch ein Auslöser sein. Die Ungleiche Stellung der Geschlechter, wie wir sie aus den arabischen Kulturen und deren importierten Proponenten kennen, ist dafür sicher ein Beispiel in ihrem Sinn.

      • Danke für die klare Ansage. Man sollte die Strafen raufsetzen, Therapiemöglichkeiten anbieten, denn jeder einzelne Missbrauch steht stellvertretend für vermutlich 100e nicht gemeldete / verjährte und muss gerichtlich mit allem was gesetzlich möglich ist, beantwortet werden. Das ist das MINDESTE, was wir im Namen einer zerstörten Kinderseele tun müssen.

        • Ich glaub kaum, dass das die Kinderseelen retten wird und schon gar nicht andere vor ähnlichem Leid bewahren. Ich habe selber jemanden in Betreuung der 10! Jahre für ein ähnliches Delikt gesessen ist. 10 Jahre deshalb, weil damals vermutlich noch zusätzlich irgend ein anti Schwulen Paragraph zur Anwendung kam. Ich hab nicht den Eindruck, dass ich einen Schwerverbrecher betreue. Ich hab auch nicht den Eindruck, dass die Person ein schlechter Mensch wäre, zumindest nicht schlechter als sie oder ich.

  3. Alle, die zu diesem widerlichen – wieder – Justizskandal schweigen sind mitschuld!

    Wie ZackZack-Leser bereits so richtig schreibt: OPFER UND LAND VERHÖHNENDE, LÄCHERLICHE 5 Jahre für schweren sexuellen Missbrauch Unmündiger!!

    WAS FÜR EINE SCHANDE.

  4. Peter Seisenbacher – schwerer sexueller Missbrauch zweier Mädchen, eine davon zum Tatzeitpunkt NEUN JAHRE alt: nach 3 Jahren bedingt enthaftet.

    Julian Hessenthaler – durch konstruierte Vorwürfe und einem Scheinprozess wegen Kokainhandel verurteilt: 3,5 Jahre unbedingte Haft.

    Finde der 15. Juli 2023 wäre ein guter Tag um eine Demo vor dem Justizpalast abzuhalten!
    Gegen Justizwillkür und eine gesetzlich immune Oberschicht und für das Einführen eines Rechtsstaates – etwas was unsere Republik dringend benötigt.

    • Das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich?
      Kann diese Würdigung aberkannt werden?
      Sollte er noch im Besitz dieser Ehrung sein würde ich für die Aberkennung plädieren!

      Die fortlaufende Erwähnung dieser Auszeichnung in Bezug auf Seisenbacher erscheint mir wie eine Verharmlosung seiner Straftaten!

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