Donnerstag, April 25, 2024

Nach Schmid-Stille: Auch Verfahrensrichter für UA-Verlängerung

Nach Schmid-Stille

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ist nach Schmids Aussageverweigerung vor dem U-Ausschuss ebenfalls für dessen Verlängerung. Mit Schmids Aussagen gegenüber der WKStA sei ein “neues Faktum eingetreten”.

Wien, 04. November 2022 | Eigentlich galt eine Verlängerung des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses eher mehr als weniger vom Tisch. Auch nach Bekanntwerden von Thomas Schmids Aussage gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rückten die NEOS erst einmal nicht von ihrer Position ab, eine Verlängerung nicht unterstützen zu wollen. Aber nach Schmids Auftritt vor dem U-Ausschuss am Donnerstag, bei dem er keinerlei Fragen beantworten wollte, dürfte sich das geändert haben.

Auch der Verfahrensrichter im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss, Wolfgang Pöschl, spricht sich nun für eine Verlängerung des parlamentarischen Untersuchungsgremiums aus. Mit der Aussage von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sei ein “neues Faktum eingetreten, das erörtert werden sollte”, sagte er am Freitag im „Ö1“-Morgenjournal.

Pöschl vermutet Angst vor Falschaussage

Schmids Auftritt im U-Ausschuss tags zuvor bezeichnete Pöschl als “gräuliche um nicht zu sagen gräusliche Stunde oder Stunden”. Dass sich Schmid durchgehend auf sein Aussageverweigerungsrecht berief, versteht Pöschl nicht. Der Ex-ÖBAG-Chef hatte als Grund angegeben, dass gegen ihn in fast allen Bereichen ermittelt werde, die Befragung durch die WKStA noch nicht abgeschlossen sei und er sich durch die Beantwortung von Fragen der Gefahr aussetze, strafrechtlich verfolgt zu werden.

Fest stehe jedenfalls, dass er “hier unter Wahrheitspflicht gestanden” sei, sagte Pöschl im Interview. Er habe sich wohl nicht der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung wegen Falschaussage aussetzen wollen. Vor der WKStA habe er 15 Tage ausgesagt, so Pöschl: “Wir haben nicht eine Antwort bekommen.”

Bereits am Donnerstag hatten Pöschl und U-Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) festgehalten, dass Schmid sich mit seiner Begründung nicht zu Fragen entschlagen könne, für die er bereits strafrechtlich verfolgt werde.

Weitere Beugestrafe(n)

Der Ausschuss wird nun aufgrund der Aussageverweigerung beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine Beugestrafe beantragen. Dieses hat dann vier Wochen Zeit für eine Entscheidung, wobei diese Frist erst ab Einlangen des Antrags zu laufen beginnt. Inwieweit Schmid die Aussage tatsächlich verweigern darf, ist indes unklar. Diese Frage sei nicht klar geregelt, so der Rechtsanwalt und Verfassungsrichter Michael Rami Donnerstagabend in der “ZiB 2”.

Ebenfalls nicht klar geregelt ist für Rami die Höhe der möglichen Beugestrafe. Schmid hat sich Donnerstagvormittag wiederholt Anträge auf Beugestrafe eingehandelt. In der Verfahrensordnung ist nur von einer “Geldstrafe bis zu 1.000 Euro” die Rede. Ob das pro verweigerter Frage gilt oder insgesamt, bleibt offen.

Hier tendiert Rami zu Letzterem: Kommt eine Auskunftsperson nämlich gar nicht, gibt es Strafen bis zu 5.000, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro. Würde Schmid für jede von rund drei Dutzend verweigerter Fragen 1.000 Euro Beugestrafe kassieren, müsste er damit nämlich mehr zahlen als jemand, der gar nicht kommt. Das würde Rami “seltsam” erscheinen.

„Neues Faktum“, neue Ladungen

Pöschl hofft jetzt auf eine rasche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, da Schmid allenfalls noch einmal geladen werden sollte. Aber auch andere Personen könnten zu diesem “neuen Faktum” noch einmal befragt werden. Dieses könne man nicht in “drei bis vier Wochen abarbeiten”. Daher sei eine Verlängerung geboten. Endet der Ausschuss vor einer Entscheidung des Gerichts, kann dieses übrigens keine Beugestrafe verhängen.

Spezialfall Schmid

Grundsätzlich dürfen Beschuldigte in einem Strafverfahren die Aussage verweigern, um sich nicht selbst zu belasten. Strafrechtler Rami sagte in der „ZiB 2“, bei Schmid handle es sich aber um einen speziellen Fall, da er offenbar ja vor der WKStA schon ein teilweises Geständnis abgelegt habe und sich nun die Frage stelle, ob er sich in diesen Punkten nun noch selbst belasten könne.

Rami selbst neigt eher dazu, ein Verweigerungsrecht hier nicht anzuerkennen. Einschränkung: Die Einschätzung “Wo er gestanden hat, muss er aussagen, wo er noch nicht gestanden hat, darf er verweigern” sei in der Theorie leicht zu treffen, im Stress einer Ausschussbefragung sei das aber sehr schwer. Insofern habe er Verständnis für die komplette Entschlagung.

(pma/apa)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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5 Kommentare

  1. Nicht das mir Schmid am Herzen liegt, aber Recht sollte doch Recht bleiben und derartige Kunstgriffe wie sie Rami vorschlägt, würden schnell dazu führen, dass man den Verdächtigen dazu zwingt auszusagen um beurteilen zu können ob er sich damit selbst belastet. Also da liegt Rami so falsch wie man nicht falscher liegen kann.

  2. Die Ausführungen von Rami in der Zib 2 hörten sich für mich sehr vernünftig an. Eine Abgrenzung auf welche Fragen Schmid antworten muss oder sich entschlagen darf ist eine Illusion. Die Gefahr sich zu verplappern besteht immer. Und wozu soll das alles dienen? Die korrupten Mechanismen der ÖVP wurden im U-Ausschuss beleuchtet, die Antwort der ÖVP darauf kennen wir und wenn sich aus Schmids Aussagen strafrechtlich relevante Dinge ergeben ist das Sache der WKStA. Die ÖVP wird sowieso nur versuchen Schmid aufs Glatteis zu führen und sich selber rein zu waschen. Politische Verantwortung ist denen doch egal, ebenso wie Moral.

  3. Ein Medium, das NICHT aufzeigt,

    dass ein praktizierender Anwalt – Rami ist btw kein Strafrechtler, wie im Artikel behauptet – NATÜRLICH NICHT gleichzeitig Verfassungs”richter” sein kann, führt sich selbst ad absurdum.

    Ein Land/Volk, das sich kein seriöses Verfassungsgericht gibt, hat sich aufgegeben.

  4. Ich bin froh, dass Schmid nicht ausgesagt hat. Die ÖVP wollte ihn, um über Fragen zu den geschwärzten Aktenteilen Auskunft zu erhalten. Das ist der einzge Grund, warum die ÖVP sich den Vorschlägen der WKStA verweigert hatte. Fragen, die beantwortet werden oder nicht beantwortet werden, lassen Rückschlüsse auf die noch bevorstehenden Untersuchungen zu. Insofern hätte eine Teilentschlagung der ÖVP in die Hände gespielt.

    In diesem Netz der Günstlingswrtschaft ist es für die Ermittler von Vorteil, wenn nicht klar ist, welches Netzteil gerade in Augenschein genommen wird. Schade um die Zeit für alle. Aber es ist besser so.

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