Freitag, März 29, 2024

Chefs von »Presse« und ORF2 müssen sich eigenen Redaktionen stellen

Durch die Chats von „Presse“-Chef Rainer Nowak und ORF 2-Chef Matthias Schrom mit Thomas Schmid bzw. HC Strache sehen sich beide Medienzampanos heftiger Kritik ausgesetzt – auch intern. Ein Tag, zwei Redakteursversammlungen. Und: ZackZack-Vorschau.

Benjamin Weiser

Wien, 07. November 2022 | Für die Chefredakteure von ORF2 und „Die Presse“ beginnt die Woche auf rauer See. Denn beide müssen sich vor ihren Teams verantworten – Ausgang ungewiss. Wenn Sie verpasst haben sollten, was der Auslöser war: Unser Innenpolitik-Experte Benedikt Faast hat die Schmid-/Strache-Chats mit Mathias Schrom (ORF2), Rainer Nowak („Die Presse“) und Richard Grasl („Kurier“) zusammengefasst. Es offenbart sich ein Bild der zweifelhaften Nähe und medialen Machtbegleitung statt Machtkontrolle.

Spekulationen um Nowak-Rücktritt

Der Redakteursausschuss der „Presse“ lädt für 13 Uhr zur Redaktionsversammlung, wie „Der Standard“ am Wochenende berichtete. Abwählen können die Redakteurinnen und Redakteure ihren Chef nicht, allerdings dürfte Nowak ordentlich unter Druck stehen.

Im Ö1-Medienmagazin „Doubleckeck“ äußerte sich derweil Markus Mair, CEO der Styria-Gruppe, also der Eigentümerin der „Presse“, so: „Wir werden und wir haben die Situation und das Verhalten von Chefredakteur Rainer Nowak intern sehr intensiv besprochen und diskutiert, und dieser Prozess wird auch noch in den kommenden Tagen andauern. Ich erlebe Rainer Nowak hier als demütig.“

Während Mairs erstes Statement nach Aufkommen der Chats noch als Entlastung für Rainer Nowak gewertet wurde, wird spätestens seit dem Kommentar des „Kleine Zeitung“-Chefredakteurs Hubert Patterer über einen möglichen Rücktritt von Nowak diskutiert. So spekuliert Patterer über den „Läuterungs- und Befreiungsakt eines Einzelnen“, der nicht reichen werde für die „Überwindung alter schlechter Gewohnheiten“. Nowak, so Patterer, habe „die Feuerwand nach innen nie preisgegeben, aber so wie ich ihn kenne, wird er sich der Verantwortung stellen“.

Zum Rapport beim ORF

Auch Mathias Schrom muss sich am Montag den Fragen der eigenen Redaktion stellen. Der anberaumten Redaktionsversammlung um 10 Uhr ist ein internes Mail an rund 400 ORF-Bedienstete vorausgegangen. Darin schreibt der Vorsitzende des Redakteursrates, Dieter Bornemann, eine „ordentliche Aufarbeitung dieser Chat-Protokolle“ sei notwendig. Durch Schroms Kommunikation mit Strache (ORF1 sei „noch viel linker“ als ORF2) sei der Eindruck verstärkt worden, „die Politik regiert den ORF und es gibt Führungskräfte, die das tatkräftig unterstützen.“

Fest steht auch hier nur: Für Schrom wird es eher kein angenehmer Termin. Wobei Bornemann im Mail an die Belegschaft Schrom dafür lobte, die Redaktion, gerade das Investigativteam, frei arbeiten zu lassen. Es gebe keine inhaltlichen Beschwerden an seiner Amtsführung.

ZackZack-Vorschau

ZackZack hat indes einiges vor für die kommende Woche: Chronik-Redakteurin Stefanie Marek hat mit ihrer Story über nicht geleistete, aber wohl dennoch verrechnete Stunden der Sicherheitsfirma G4S im Schubhabft-Zentrum Vordernberg für Nervosität gesorgt – allen voran bei G4S. Ehemalige Bedienstete haben sich nämlich an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gewandt. Der Sachverhalt wurde mittlerweile an die Staatsanwaltschaft Graz übergeben. Auch die Polizei kommt wegen ihres Umgangs mit Schubhäftlingen und Missmanagement-Vorwürfen nicht gut weg.

Unsere stellvertretende Chefredakteurin Anja Melzer hat am Samstag den ersten Teil der Reportage-Serie (K)ein Ort wie jeder andere präsentiert. Es geht um Bad Erlach, einen Ort in „ÖVP-Geiselhaft“, mit einem Kaiser als Bürgermeister und einem phallusartigen Wahrzeichen. Im Laufe der Woche wird man auf ZackZack weitere Teile der Reportage bestaunen können – Verstörendes aus dem Maschinenraum der ÖVP-Macht im Kleinen inklusive.

Und natürlich werden wir weiterhin dranbleiben: An den Schmid-Chats, dem ÖVP-Korruptionsausschuss, der Medienkrise, sowie an allem, was relevant ist, aber woanders vielleicht untergeht.

Viel Spaß beim Lesen!

Titelbild: HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

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13 Kommentare

  1. Entschuldigung bitte, es ist nicht davon auszugehen, dass diese Chats eine große Überraschung darstellen für die Redaktionen…die haben das schließlich mitgetragen.

    • In den oberen Etagen war das sicher der Fall. Man erkennt bei DiePresse auch einen interessanten Unterschied: Seitdem ein Sektionschef nicht mehr den Überblick einer Reporterin steuern kann, ist sie von den spannenden Gschichtln abgeschnitten. Zu eigenen Recherchen ohne politischen Informanten nur bedingt fähig, wurde ihr unauffällig ein kompetenter Kollege zur Seite gestellt. Sie wusste sicher von den Umtrieben des Herrn Nowak, war (ist) sie selbst ja Nutznießerin…

      • … ergänze höflichst Ihren “gesteuerten Überblick einer Reporterin” mit Pilli’s formuliertem “inhaltlich begleitenden Informationsfluß”… 😉 (und wurde später aus dessen designierten Amtsgewalt in der Leitung der Strafrechtssektion im BMJ letztlich selbst quasi “daschlogn” entsorgt) Ist in dieser Perspektive also nicht nur eine geheuchelte Prima Causa Nowak in der DiePresse Top-Ebene…

        • Danke für die Ergänzung, zeigt sie ja das perfekte Zusammenspiel der diversesten Prätorianer. Der Sektions- und nunmehr Sanktions-Prätorianer wurde bis zum Schluss vom Moralapostel Klenk in den höchsten Tönen gelobt, verteidigt und melancholisch bedauert.

  2. Falls die beiden den Hut nehmen, werden sie jedenfalls wieder das berühmte österreichische “Opfer”-Narrativ bemühen, das schon Kurz bis zum Erbrechen zelebriert, transkribiert und rezitiert. Nein meine Herren, Sie sind nicht Opfer sondern Täter!

      • Vergessen wir hier nicht die beträchtliche Zahl an integeren Mitarbeitern, die bei etwaigen Fragen sofort vom Chefredakteur oder der Leitartiklerin einen Maulkorb verpasst bekommen und die sich aus Existenzgründen nicht auf Frage-Antwort-Spiele einlassen können. Diese bleiben allerdings von den wichtigen Positionen wohlweislich ausgesperrt und erfahren nichts. Ein dumpfes Gefühl haben sie zwar und da hoffe ich bei den heutigen Kopf-oder-Zahl-Besprechungen auf ihre entsprechend laute Positionierung.

        • … JEDES Unternehmen lebt zum nicht unbeträchtlichen Teil u.a. auch vom informellen Informationsfluß im erweiterten Kolleg:innen-Kreis. Solche System immanenten Interna also “nicht zu wissen” erscheint daher weltfremd… Möchte man als unselbständig entlohntes, oder freiberuflich bezahltes Fischlein nicht in solchen Gewässern schwimmen, müsste man sich Alternativen suchen. Im gegenwärtigen Setting etablierter Medienlandschaft im Ösi-Land aber ein eher aussichtsloses Unterfangen – wie ich meine… (da können übergeordnete Redakteur-Beiräte offiziell noch so sehr “erhabene Codizes einfordernd” um Transparenz urgieren)

  3. Ich schätze Novak ist bald Geschichte. Den wird man fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Er wird das nächste große Opfer nach HC Strache, dessen Urlaub auf Ibiza den Anstoß gab für einen Reinigungsprozess der nicht mehr aufzuhalten ist. Gut so.

    • Und was ist mit diesen, die ihn nun fallen lassen und so lange benutzt und extra dort als einen der brühmten Steuerbaren hingehoben und belassen haben?
      Die Steuermänner werden sich nun eben neue Steuerbare suchen. Zahlreiche Karieremöglichkeiten werden neu eröffnet…
      (Natürlich wird man nun für die nächste Generation neue Kommuniaktionsregeln erlassen, vor allem was die digetalen Möglichkeiten anbelangt…)

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