Mittwoch, April 24, 2024

Internationale Pressestimmen zu Cherson

Das ist eine Unterüberschrift

Internationale Tageszeitungen kommentieren den Abzug russischer Truppen aus Cherson wie folgt:

Cherson, 12. November 2022 |

“Irish Times” (Dublin):

“Die russischen Truppen werden mit Sicherheit Minen und Sprengfallen hinterlassen haben, und sie können die stark angeschlagene Stadt nach Belieben beschießen. Eine Rückkehr der Zivilbevölkerung in die Häuser, die noch stehen, wird schwierig sein.

Die Ereignisse der letzten Tage werden sich jedoch auch als wichtiger Erfolg für das internationale Ansehen Kiews erweisen. Als Signal an die Verbündeten, dass sich ihre Investitionen in Waffen und Nachschub auszahlen, und als Beweis dafür, dass dieser Krieg gewonnen werden kann. Die ukrainische Armee, die von Verbündeten ausgerüstet und ausgebildet wurde, ist ihren Aufgaben gewachsen.

Angesichts einer sich abzeichnenden Kriegsmüdigkeit seitens der US-Republikaner wird das Abschneiden der Demokraten bei den Zwischenwahlen, das besser als erwartet war, dazu beitragen, diese Lieferkette aufrechtzuerhalten. Bis heute haben die USA seit der Invasion rund 52 Milliarden Dollar an militärischer, humanitärer und finanzieller Hilfe zugesagt. Jedwede Schwächung der Entschlossenheit in Washington könnte ein gefährliches Signal an schwankende europäische Länder senden.”

“Nepszava” (Budapest):

“Seit Kriegsbeginn hängt in der Luft, dass Putin in einer Situation der äußersten Bedrängnis und Gefahr sogar zu einem strategischen Atomschlag ausholen könnte. Doch vorerst dürfte dies nicht zu befürchten sein. Selbst der Herrscher im Kreml kann es sich nicht erlauben, das ‘eigene’ Gebiet auch nur mit einem begrenzten Atomschlag zu überziehen. Denn – so Putins Sprecher – Russland betrachtet die nach einem Scheinreferendum annektierte Region Cherson nach dem Abzug der russischen Truppen weiterhin als Teil der Russischen Föderation.

(…) Zu einer großen russischen Gegenoffensive im nächsten Frühjahr wird es kaum kommen. Aus Cherson heraus bedrohen die ukrainischen Streitkräfte, die nun über äußerst effiziente westliche Waffen verfügen, nicht nur die ans linke Ufer (des Dnipro) geflohenen russischen Truppen, sondern auch die (annektierte Halbinsel) Krim. Putin weicht zurück, aber er wird nicht kapitulieren. Die Welt muss mit einem langen Krieg rechnen.”

“Público” (Lissabon):

“Die fröhlichen Bilder der von Besatzern befreiten Städte gehören zu den schönsten Augenblicken der Geschichte. Die ukrainische Armee ist in Cherson einmarschiert, und wenn das Ausmaß des Jubels mit dem der Feierlichkeiten in Paris oder Amsterdam im Zweiten Weltkrieg nicht zu vergleichen ist, kann man im Lachen und Weinen, in den Gesängen oder in den erhobenen Fäusten ein ähnliches Gefühl der Wiedergutmachung für ein Unrecht und der Wiedererlangung der Würde wahrnehmen. Cherson hat mehr als jede andere befreite Stadt diesen symbolischen Wert: die Niederlage der Aggressoren und der Sieg ihrer Opfer.

Was in diesen letzten Tagen passiert ist, ist jedoch weit mehr als Symbolik. Cherson wurde im September von Russland annektiert und ist damit aus Moskaus Sicht eigenes Territorium. Angesichts der aktuellen Kräfteverhältnisse lohnt ein Blick auf den nächsten Schritt. Statt neuer Offensiven könnten sich die Russen am linken Ufer des Dnipro eingraben. Sie würden das Ziel eines Marionettenstaates und der Kontrolle des gesamten Zugangs zum Schwarzen Meer aufgeben und sich damit begnügen, den Donbass und einen Zugang zur Krim zu behalten. Dann gäbe es einen Kalten Krieg, statisch und ohne absehbares Ende. Ein Abszess, der wie ein Alptraum über Europa schweben wird.”

(apa)

Titelbild: GENYA SAVILOV / AFP / picturedesk.com

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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3 Kommentare

  1. Eine Verhandlungslösung zum jetzigen Zeitpunkt ist ausgeschlossen. Zuerst muss sichergestellt werden das die Russen keine Gefahr mehr darstellen für den Rest Europas in den nächsten Jahrzehnten.
    Man kann natürlich auch drauf verhandeln das Russland zukünftig nur noch eine Armee von 8000 Mann mit leichten Waffen unterhält, monatlich durch die UNO kontrolliert.
    Darauf wird Russland aber nicht eingehen.
    Also muss man diese Mannstärke eben mit westlichen Waffen herbeiführen.

  2. Verhandlungen und Diplomatie sind möglich, wenn Russlnd in die Knie gezwungen ist. Nach Rückerobweung der besetzten Gebiete inklusive der Krim.
    Russland will aber nicht verhandeln, Russland begeht täglich Kriegsverbrechen. Das muss gestoppt werden. Wenn man dies nicht durch umfassende Flugabwehr für die Ukraine tun will, muss die UN selbst eingreifen und den Luftraum schliessen. Wer das nicht will muss also umfassend Waffen liefern.
    Wäre das schon im März passiert, wäre Russland gar nicht auf ukrainischen Gebieten.

  3. Inzwischen sollen sich nach russischen Angaben bereits 87.000 Mobilisierte im Kriegsgebiet befinden.
    Die können den ukrainischen Sieg allerdings nur verschleppen, nicht aber verhindern.
    Sie werden dem ukrainischen Sieg wohl vorübergehend im Wege liegen.

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