Montag, September 9, 2024

»Der Rothaarige« ist zurück – Was die Parteien dazu sagen

Kurz’ ehemaliger Medien-Dompteur Gerald Fleischmann ist zurück in der ÖVP. Bei der Opposition herrscht Unverständnis, die Volkspartei freut sich.

 

Wien, 24. November 2022 | Es war ein überraschender Schritt, den die Volkspartei am Mittwoch setzte: Der Kurz-Vertraute Gerald Fleischmann übernimmt die Kommunikationsleitung der Bundes-ÖVP.

Fleischmann war langjähriger, enger Mitarbeiter von Sebastian Kurz. In der türkis-grünen Bundesregierung stieg er zum Medienbeauftragten der Koalition auf. Fleischmann, den der ehemalige steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer nur als “den Rothaarigen” bezeichnete, hatte eine zentrale Rolle in der Inszenierung von Sebastian Kurz. Mit der Inseraten-Affäre, die im Oktober 2021 platzte, verschwand er gemeinsam mit Kurz von der Regierungsbühne. Gegen den 49-Jährigen ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Untreue in der Beinschab-Affäre. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Fleischmann blieb der Politik allerdings nicht fern, als Referent war er im ÖVP-Parlamentsklub tätig.

FPÖ: Die “mediale Brechstange” ist zurück

Die Reaktionen der Opposition auf die Reaktivierung des, im Umgang mit Journalisten rüden, Fleischmanns in der Bundespartei sind empört. Die FPÖ richtete am Mittwochnachmittag in Person von Mediensprecher Christian Hafenecker der ÖVP aus, dass sie „null Komma null“ aus den Diskussionen rund um die „Verhaberung“ von Politik und Journalismus gelernt habe.

Fleischmann, der eine zentrale Person beim Projekt Ballhausplatz war, sei „die mediale Brechstange zur Durchsetzung von ÖVP-Interessen in den Redaktionsstuben und im ORF.“ Hafenecker plädierte einmal mehr für Neuwahlen: „Kein Quäntchen Einsicht, keine Spur von Reue. Das Ausmaß der moralischen Verwahrlosung der ÖVP erreicht immer wieder neue Tiefpunkte. Neuwahlen, mit denen die Bürger an der Wahlurne diese Partei von den Schalthebeln der Macht wegwählen können, sind dringend notwendig.“

SPÖ: “Fleischmann war nie weg”

Der SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Jan Krainer, schlug am Donnerstag in seinem Eingangsstatement vor der Befragung von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ähnliche Töne an. Krainer verstehe die ÖVP nicht und zog einen Vergleich mit den Rücktritten von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus nach der Ibiza-Affäre. Damals haben beide bereits aus moralischen Gründen, vor dem Strafrecht zurücktreten müssen.

Chats wie bei Fleischmann seien „genauso Beweise wie ein Video“. Er hätte sich einen anderen Umgang der ÖVP erwartet, „aber das entscheidet die ÖVP für sich selbst“. Zudem meint Krainer: „Fleischmann war nie weg, er hat die Fäden im Klub gezogen, jetzt zieht er sie im Parlament.“

ÖVP freut sich

Für die ÖVP ist die Rückholaktion von Fleischmann kein Problem. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer sagte am Mittwoch gegenüber der ZiB1: “Wie gesagt, ich halte ihn für einen guten Kommunikationsprofi, der jetzt auch am rechten Zeitpunkt beginnt für die Volkspartei zu arbeiten.“ Auf Nachfrage, ob die Ermittlungen gegen Fleischmann kein Problem für ihn seien, wiederholte Nehammer nur seine Antwort.

Fast wortgleich antwortete Andreas Hanger am Donnerstagmorgen. Fleischmann sei ein versierter Kommunikationsmann, der “immer ausgezeichnete Arbeit” gemacht hat. Auf die Ermittlungen gegen Fleischmann angesprochen, betonte Hanger die Unschuldsvermutung.

(bf)

Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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