Samstag, April 13, 2024

Schengen und der Zaunkönig: Fleischmanns erster Sieg

Beim Schengen-Veto setzt Zaunkönig Nehammer auf Propaganda. Fast alle machen mit. Fleischmann scheint seine Medien wieder im Griff zu haben.

 

Kommentar von Peter Pilz

Wien, 16. Dezember 2022 | Gestern Abend fühlte sich der ORF-Korrespondent in der ZiB1 sichtlich unwohl. Während seine Kollegen über bedeutende Entscheidungen aus Brüssel berichteten, hatte er aus Wien einen anderen Auftrag: den Propagandagag rund um Nehammers Schengen-Veto groß ins Bild zu setzen.

An der bulgarischen Grenze zur Türkei steht ein Zaun. Die österreichische Regierung wird so lange den Schengen-Beitritt Bulgariens verhindern, bis es dort, wo es längst einen Zaun gibt, endlich einen Zaun gibt. Die Folgen sind weitreichend: Wenn sich Nehammer durchsetzt, wird dort ein Zaun stehen. Wenn er sich nicht durchsetzt, auch. Und Rumänien weiß nicht, wo es einen Nehammer-Zaun hinstellen soll.

Die naheliegende Frage „Psychopharmaka oder Alkohol“ führt in die Irre. Karl Nehammer tut völlig nüchtern das, was jenseits der österreichischen Grenze am Rande der EU-Treffen als „absurd“ abgetan wird.

Alternative Fakten

Die richtige Antwort lautet „Fleischmann“. Der Dirigent der Kurz-Propaganda hat zum ersten Mal gezeigt, dass er es auch mit Nehammer kann. Fleischmann weiß:

  1. Die Forderung nach dem Zaun ist blanker Unsinn. Wer Flüchtlinge abhalten will, muss das an der österreichisch-ungarischen Grenze tun.
  1. In Wien berichten alle brav. Hier sind unsinnige Behauptungen der ÖVP längst „alternative Fakten“. Fast überall bekommen Fleischmann und Nehammer „O-Töne“ und damit Platz für Propaganda.
  1. Alle wissen: Das Schengen-Grenzzaun-Veto ist eine Propagandalüge. Wer sie mit verbreitet, macht sich mitverantwortlich.
  1. Im Gegensatz zu Journalisten können Medienkonsumentinnen nicht auf den ersten Blick feststellen, was Fakten sind und was nicht. Sie hören nur „Zaun gegen Flüchtlinge“ – und sind dafür.

Später lamentieren dieselben Journalisten, dass die Menschen eben so seien. Auch das stimmt nicht: Die erfolgreiche Verbreitung der Propaganda hat die Menschen so gemacht. Verantwortungsloser Journalismus ermöglicht den Sieg „alternativer Fakten“.

Genau dafür gibt es als Belohnung Posten, Presseförderung und Regierungsinserate.

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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33 Kommentare

  1. Wie wäre es mit Fluchtursachen bekämpfen und einer” nicht Existenz vernichtenden Wirtschaftspolitik” der EU?
    Subventionierte Agrarprodukte und subventionierte Fertiglebensmittel auf den Märkten der Schwellenländer zu vermarkten vernichtet viele Existenten in diesen Ländern. Nur damit einige wenige große Marktplayer den hiesigen Markt erobern. Die Kolateral Schäden dieser Wirtschaftspolitik trägt die Allgemeinheit. Klimawandel und Landgrabbing verstärken diese Fluchtbewegungen natürlich. Banken und Versicherungen sind natürlich auch Treiber der “Markterweiterung “……..
    Geregelte Migration wie Canada z.B. wäre ein zusätzlicher Vorschlag.

    • Das würde ich gerne mal tiefer diskutieren, an der Außengrenze, in Drittstaaten die Asylverfahren abzuwickeln. Wenn das, wie PRW schreibt, die einzige Lösung ist, dann wird es nie ene Lösung geben, fürchte ich. Edtstadler übernahm diese Argumentation übrigens fast wortident Freitag in der ZiB2.

      Meine Probleme mit dem Ansatz:

      Wenn Asylverfahren VOR europäischen Grenzen abgewickelt werden, dann werden sie auf “fremdem” Territorium abgewickelt. Das wirft Fragen auf: Die EU unterhält dann Sammelbecken auf fremdem Terrtorium? Oder unterhält das Land VOR der EU-Grenze die Sammelbecken? Je nachdem, wie eine Lösung aussieht, wenn (falls) man sich mit einem Land einigen kann, solche Sammelbecken zu errichten, ergeben sich Probleme:

      Unterhält die EU die Sammelbecken, dann gibt das “fremde” Land Territorium an die EU ab. Schwierig. Dann würden wir Gebiete kaufen. Dann gehörten sie allerdings rechtlich zur EU, es wären Enklaven. Bei Zurückweisung muss dann das “fremde” Land die Meschen aufnehmen? Wir putzen uns ab und sagen, das geht uns nichts mehr an, was die dann “damit” tun? Wird mit der Zeit wohl ebenso problematisch werden. Zum Beispiel, wenn sich rund um die Enklaven ein Sklavenhandel entwickelt.

      Unterhält das “fremde” Land die Sammelbecke, dann kann es auf die Verfahren Einfluss nehmen. Sie unterstehen ihrer Rechtshoheit, nicht der unseren. Auch die Behandlung derer im Sammelbecken wäre diesen Ländern überantwortet, egal, wie die Zustände gestaltet werden. Man hätte kein Durchgriffsrecht. Und zu guter Letzt wäre man wieder einmal erpressbar geworden. Ich stelle mir gerade so ein Sammelbecken in Belarus vor. Das von Belarus geleitete Sammelbecken könnte dann, bei Unstimmigkeiten alle durchwinken und Anträge durchgehen lassen, ohne wirkliche Prüfung. Auch das würde große Probleme verursachen.

      Die Durchführungsideen würden mich aus obigen Gründen sehr interessieren.

      • Mich würde es auch interessieren, obwohl vllt nur aus Neugierde welche abstrusen Vorschläge man uns unterbreiten würde.
        Meines Erachtens ist alles nur ein weiteres Blabla. Gelaber wohl wissend das es absolut, wie Sie auch aufzeigen, undurchführbar und auch völlig unnötig ist.
        Wozu biedert sich die SPÖ, gegen besserem Wissens, mit dem gleichen Geschwafel wie FPÖ und ÖVP bei der Bevölkerung an? Warum sollte jemand mit dieser Ideologie die SPÖ wählen, wenn es das Original gibt. Ich kann dem Verhalten der SPÖ nicht mehr folgen. Wie man im Falle des Erstaufnahmezentrums in Kindberg sehen kann überrollt die FPÖ die SPÖ.
        Kickl nutzt jede auch noch so kleine Gelegenheit, detto die ÖVP. An PRW festzuhalten ist zwar Nobel, aber sinnbefreit. Was soll das werden?
        “Moria gibt es noch immer!”

        https://twitter.com/RMogyorosy/status/1603341553455755266?t=HrmvM_NXvOY9QaNzhIQJVg&s=19

        • Mhmm. Der Gesamtzusammenhang wird immer noch nicht betrachtet, ausgespart. Das ist übel und wird wohl noch ein Jahrzehnt brauchen, bis der in der Politik angekommen ist. Das sind sehr dicke Bretter. Zeit, die wir eigentlich nicht haben. Und weil es dicke Bretter sind, wagt sich kaum jemand ran. Die Diskurshoheit wird die SPÖ so jedenfalls nicht gewinnen.

          PRW spricht durchaus eine bürgerliche Klientel an, die die ÖVP verraten und verlassen hat. Ich versteh schon den Move, genau in diese Richtung zu gehen. Aber die politischen Perspektiven müssen andere sein. Das seh ich auch so.

    • Hört sich ja gut an.
      Wenn ich mir eine Frage erlauben darf, welche Despoten und Diktatoren meine Sie?
      Jene in der EU, oder jene, die wir seit Jahrzehnten mit unsererer Entwicklungshilfe finanzieren.
      Meiner Meinung nach, liegt einer der Probleme darin, daß sich niemand einer Ehrlichen heransgehensweise des Problems getraut bzw. das gar nicht will.

      • …. primär meine ich Waffenlieferungen!
        Gut gemanagte Entwicklungshilfe verhindert Fluchtbewegungen, einfach Geld überweisen ist da aber der falsche Weg, dieses kommt nahezu nie am Bestimmungsort an.
        Schulen zu bauen und Lehrer auszubilden ist einer der effizientesten Möglichkeiten….
        Was meinen Sie warum die rechten Bewegungen weltweit so vehement auf Schulen, Universitäten, deren Lehrkörper, sowie die Lernenden, los gehen?

        • Wenn Sie Waffenlieferungen meinten, sollten Sie das auch dazuschreiben, um Verwechslungen auszuschließen. Beim zweiten Satz sind wir ja vereint.
          Bezüglich Bildung bin ich ebenfalls voll bei Ihnen.
          Was mich etwas stört, ist die Anerkennung einer differenzierten Meinung.

          • Sie haben recht, manchmal projiziere ich mein Denkmuster auf andere, das sorgt manchmal für Verwirrung, verzeihen Sie bitte!
            Ihren Letzten Satz verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht…. 🤔

          • Ich bedanke mich für Ihre Post, um Verzeihung müssen Sie nicht bitten.
            Es ist für mich immer, ein erhebendes Erlebnis, mit Menschen zu kommunizieren, auch wenn sie nicht immer meiner Meinung sind.
            Betraf die Unterscheidung von Despoten und Diktatoren.

      • …. leider gibt es die auf jedem Kontinent, die meisten sind da wo die Menschen voll Angst her kommen und auch bei uns Schutz suchen.
        Entwicklungshilfe sehen viele als Summen die man überweist, aber genau das ist nicht der Richtige Weg, die kommen nur zu einem Bruchteil an.
        Die Summen sollten in direkte Aktionen vor Ort investiert werden…., es wäre Arbeit und man müsste auch denken dabei, überweisen ist einfacher, auch auf die Gefahr hin das die “Tyrannen” das einsacken und Waffen kaufen.

        • …. mickrig vielleicht, manchmal auch effizient, Wolfgang Ambros hat in Afrika den Bau von 7 Schulen initiiert und auch überwacht, einer von Vielen die sowas gemacht haben.
          Staatliche Stellen sind da nicht ganz so treffsicher…

  2. Seit Herr Fleischmann wieder in Amt und Würden ist, hat sich die negative Berichterstattung gegen die ÖVP drastisch reduziert.
    Aber auch sonst haben die Medien nun wieder alle eigentlich unfasslichen Skandale, wo es laufend zu recherchieren und berichten gäbe, einfach wieder abgedreht und unser nun wohl endgültig rücktrittsreife BP (neben Herrn Sobotka und Frau Van der Leyen) schweigt erneut wieder so wie vor den Wahlen schon genau so…

    • dafür wird täglich in krone/kurier propaganda ausgespuckt pro brit-kate, brit-charlie und heidi klum.
      negativpropaganda gg meghan.

  3. Mit solch abstrusen Forderungen der ÖVP wird auch gleichzeitig der populistische Unsinn denn die FPÖ verbreitet in ein seriöses Licht gerückt, das eigentlich Verwerfliche an der Geschichte. Die ÖVP in ihrem niederösterreichischen Todeskampf schreckt nicht einmal davor zurück rechtsextremen Forderungen nach einer “Festung Europa” einen seriösen Anstrich zu verpassen. Und die Grünen müssen zuschauen weil sie genau wissen nach ihnen kommt Schwarz/Blau. Grausliches Schauspiel.

    • … das sehen nicht nur Sie so:

      “Ich sehe klar, dass wir es mit einer feindlichen Haltung Österreichs gegenüber Rumänien zu tun haben. Die Abstimmung im Rat der Innen- und Justizminister basiert auf einer eklatanten Doppelmoral.” Keines der Argumente, die Österreich vorgebracht habe, habe eine ernsthafte Grundlage. “Österreich hat nicht verstanden, was europäische Solidarität ist.”

      https://www.derstandard.de/story/2000141647149/nach-schengen-veto-boykottaufrufe-gegen-oesterreich-in-rumaenien

    • Es geht Richtung rechts. Die schwarze Brut nimmt das in Kauf. Hauptsache Hannerl fällt nicht. Die Opposition scheint absolut machtlos. ” Meine” Roten taumeln irgendwo zwischen Wien und Eisenstadt hin und her. Scheinbar erkennt die Beratungstruppe von PRW nicht den Ernst der Lage.☹️
      Es tut weh festzustellen, daß PRW scheinbar weiter auf die Liesinger Partie hört.

      • Es ist eine Katastrophe!
        Die ganze Spitze gehört ausgetauscht. Die Bürgermeisterinnen usw. reißen sich den Arm auf. Es funktioniert nicht mit PRW. Man kann nicht an etwas so festhalten wenn es nicht klappt. Ist in meinen Augen auch Egoismus und macht die Partei kaputt.

  4. der fleischmann ist der österreichische bannon.

    fluid the zone with shit.

    das problem ist halt, dass nicht der nehammer davon profitiert, sondern der kickl.

    was aber eigentlich auch schon irgendwie wuaschd is.

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