Freitag, Dezember 13, 2024

Schengen und der Zaunkönig: Fleischmanns erster Sieg

Beim Schengen-Veto setzt Zaunkönig Nehammer auf Propaganda. Fast alle machen mit. Fleischmann scheint seine Medien wieder im Griff zu haben.

 

Kommentar von Peter Pilz

Wien, 16. Dezember 2022 | Gestern Abend fühlte sich der ORF-Korrespondent in der ZiB1 sichtlich unwohl. Während seine Kollegen über bedeutende Entscheidungen aus Brüssel berichteten, hatte er aus Wien einen anderen Auftrag: den Propagandagag rund um Nehammers Schengen-Veto groß ins Bild zu setzen.

An der bulgarischen Grenze zur Türkei steht ein Zaun. Die österreichische Regierung wird so lange den Schengen-Beitritt Bulgariens verhindern, bis es dort, wo es längst einen Zaun gibt, endlich einen Zaun gibt. Die Folgen sind weitreichend: Wenn sich Nehammer durchsetzt, wird dort ein Zaun stehen. Wenn er sich nicht durchsetzt, auch. Und Rumänien weiß nicht, wo es einen Nehammer-Zaun hinstellen soll.

Die naheliegende Frage „Psychopharmaka oder Alkohol“ führt in die Irre. Karl Nehammer tut völlig nüchtern das, was jenseits der österreichischen Grenze am Rande der EU-Treffen als „absurd“ abgetan wird.

Alternative Fakten

Die richtige Antwort lautet „Fleischmann“. Der Dirigent der Kurz-Propaganda hat zum ersten Mal gezeigt, dass er es auch mit Nehammer kann. Fleischmann weiß:

  1. Die Forderung nach dem Zaun ist blanker Unsinn. Wer Flüchtlinge abhalten will, muss das an der österreichisch-ungarischen Grenze tun.
  1. In Wien berichten alle brav. Hier sind unsinnige Behauptungen der ÖVP längst „alternative Fakten“. Fast überall bekommen Fleischmann und Nehammer „O-Töne“ und damit Platz für Propaganda.
  1. Alle wissen: Das Schengen-Grenzzaun-Veto ist eine Propagandalüge. Wer sie mit verbreitet, macht sich mitverantwortlich.
  1. Im Gegensatz zu Journalisten können Medienkonsumentinnen nicht auf den ersten Blick feststellen, was Fakten sind und was nicht. Sie hören nur „Zaun gegen Flüchtlinge“ – und sind dafür.

Später lamentieren dieselben Journalisten, dass die Menschen eben so seien. Auch das stimmt nicht: Die erfolgreiche Verbreitung der Propaganda hat die Menschen so gemacht. Verantwortungsloser Journalismus ermöglicht den Sieg „alternativer Fakten“.

Genau dafür gibt es als Belohnung Posten, Presseförderung und Regierungsinserate.

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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