Samstag, April 20, 2024

Redaktionsrat fordert Suspendierung von ORF-NÖ-Chef

Laut Chats soll sich der ORF-Niederösterreich-Chefredakteur massiv für TV-Präsenz von Johanna Mikl-Leitner eingesetzt haben. Der Redaktionsrat forderte am Montag seine Suspendierung.

Wien/ St. Pölten, 19. Dezember 2022 | Der ORF-Redaktionsrat fordert von ORF-Chef Roland Weißmann die sofortige Suspendierung von Robert Ziegler, der derzeit als Landesdirektor des ORF-Landesstudio Niederösterreich tätig ist, und mit schweren Vorwürfen aus seiner Zeit als ORF-NÖ-Chefredakteur konfrontiert ist. Eine Kommission mit externer Begleitung solle die Vorwürfe gegen Ziegler aufklären und in der Zwischenzeit eine “untadelige Person” die Landesstudioleitung übernehmen, hieß es in einer Aussendung.

Nachträglich Mikl-Leitner O-Ton eingebaut

Laut internen Chats und E-Mails aus dem ORF-Landesstudio Niederösterreich, die am Freitagabend publik wurden, soll sich Ziegler immer wieder massiv für TV-Präsenz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben haben. Demnach wollte Ziegler in einen “ZiB”-Kulturbeitrag nachträglich einen O-Ton Mikl-Leitners eingebaut haben, lautet ein Vorwurf. Auch soll er landesnahe Unternehmen in ein positives Licht setzen lassen haben. Ziegler sprach in Reaktion auf die Vorwürfe von “diffusen und nicht nachvollziehbaren Vorwürfen”. Er habe sechs Jahre lang “nach bestem Wissen und Gewissen” die Redaktion des Landesstudios Niederösterreich geleitet.

Naheverhältnis “nicht akzeptabel”

Der ORF-Redaktionsrat wolle mit der Forderung nach Zieglers Suspendierung diesen nicht vorverurteilen, sondern möglichst weiteren Schaden vom ORF und der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung der Landesstudios abhalten. “Sollte es sich als wahr erweisen, dass Redakteurinnen und Redakteure angewiesen wurden, Beiträge so zu gestalten, dass bestimmte Politikerinnen und Politiker vorkommen, auch wenn dazu keinerlei journalistische Notwendigkeit besteht, ist das ein klarer Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht zur Unabhängigkeit”, hielt der ORF-Redaktionsrat fest.

Ein Naheverhältnis zwischen einem Chefredakteur und einer politischen Partei sei für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seiner Verpflichtung zur Unabhängigkeit “nicht akzeptabel”, hieß es mit anschließendem Verweis auf Matthias Schrom, der erst im November als ORF-TV-News-Chefredakteur zurücktrat, nachdem Chats mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache öffentlich geworden waren. Diejenigen, die Missstände in der Redaktion an die Öffentlichkeit bringen, dürften nun dafür nicht bestraft werden, mahnte der Redaktionsrat unter Vorsitz von Dieter Bornemann.

Vorwürfen wird nachgegangen

Auch die ORF-NÖ-Redakteurssprecher sprachen sich am Wochenende für eine Untersuchung aus, wehrten sich aber gegen eine “pauschale Vorverurteilung der gesamten Redaktion des ORF Niederösterreich”. Der ORF reagierte am Freitag mit der Feststellung, dass ORF-intern keinerlei Beschwerden gegen Ziegler vorliegen, den anonym erhobenen Vorwürfen aber “selbstverständlich nachgegangen” werde.

Die Causa rief bereits am Freitagabend politische Reaktionen hervor. SPÖ und Grüne forderten den Rücktritt von Mikl-Leitner. Auch forderten sie wie die FPÖ die Suspendierung bzw. den Rücktritt Zieglers. Die FPÖ kritisierte auch das ORF-Gesetz, das derzeit ein Anhörungsrecht für Landeshauptleute vor der Bestellung eines ORF-Landesdirektors vorsieht. Die NEOS forderte ein Bekenntnis der ÖVP, “ob sie weiter den ganzen Staat und alle Institutionen mit in den Abgrund reißen will – oder bereit ist für Aufklärung und echte Reformen”.

(bf/apa)

Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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39 Kommentare

    • Oder auch nicht. Denn Ziegler war offiziell niemals für den “aktuellen Dienst” zuständig als Landesdirektor. Wieso er da ruhend stellen kann, wofür er nie zuständig war, ist schon seltsam. Und wie jemand anderer eingesetzt werden kann für eine Position, die es nicht gibt, ist noch unklarer.

      Man gewinnt fast den Eindruck, die ORF-Direktor:innen wissen nicht, welche Aufgaben sie haben. Und wenn Ziegler nicht weiß, dass er sich nun entbinden lässt, wofür er nie gebunden war, lässt das auch auf seine ungebundene Eingebundheit tief blicken.

  1. Die Medienlandschaft in Österreich ist verbrannte Erde und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit zig Jahren. Will man kompetente, entpolitisierte Berichterstattung, muß man in Österreich bei null anfangen. Erstens Abschaffung der Medienförderung, die alten korrupten Journalisten raustreten aus den Redaktionen, zweitens junge parteilose oder freischaffende wie Gundula Walterskirchen in Position bringen. Der jetzige Sauhaufen ist zum Schmeissen, außer kassieren und sich gegenseitig in den Arsch kriechen, passiert nichts, außer das das Volk von den Schmierfinken und Fernsehmachern geschissen wird und sich diese Jacke noch selbst bezahlt. Das ist die gelebte Praxis in Österreich.

    • Und Frau Thalhammer (!) wird Chefredakteurin des profil. Damit ist erwiesen, dass es kein Problem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, sondern die gesamte Medienlandschaft als Propagandainstrument betrachtet wird (egal ob von der Politik oder von Privaten, die eben auch Politik machen wollen).

      • So kann ich mir aber nicht vorstellen, dass diese Dame wirklich die Clevernes haben wird das bisherige politische Programm erfolgreich weiter so fortsetzen zu können (ist zumindest meine Hoffnung daraus…)

    • Werter Wolfgang1958!
      Ich stimme vollinhaltlich mit Ihren Äußerungen überein, erlaube mir jedoch submissest den Hinweis, daß Sie wohl “beschissen” gemeint haben dürften.
      Saúde!

    • Zitat Weißmann: „Landesdirektor Robert Ziegler hat mich heute gebeten, seine Zuständigkeiten hinsichtlich der aktuellen Berichterstattung, insbesondere der Berichterstattung zur Landtagswahl am 29. Jänner 2023, bis zum Vorliegen des Berichts der Evaluierungs-Kommission jemand anderem zu übertragen (…).”

      Das ist eine bemerkenswerte Herangehensweise: 1) “seine Zuständigkeiten hinsichtlich der aktuellen Berichtertstattung”? Der Landesdirektor darf laut ORF-Gesetz nicht in die aktuelle Berichterstattung eingreifen. Dafür gibts ja einen Chefredakteur. 2) “insbesondere der Berichterstattung zur Landtagswahl am 29. Jänner 2023”? Es war also zu vermuten, dass er es da besonders wirken lassen würde, was er nicht wirken darf. “hinsichtlich” ist kein Hinweis auf die Berichterstattung über ihn, wie 2) zeigt.

      Zusammengefasst: Wir wissen, wie der Hase läuft. Wir nehmen den Hasen aus der Schusslinie bis nach der Landtagswahl. In der Zwischenzeit, bis der Landesdirektor möglicherweise bis wahrscheinlich im Februar zurückkehrt, schließen die Redakteur:innen ihre Schere im Kopf und verlieren danach ihre Arbeit oder aber sie halten die Schere offen, behalten ihren Job, weil sich an der Berichterstattung nichts geändert hat. Das gibt den Verantwortlichen die Möglichkeit zu sagen: “Seht her, er war weg, und es hat sich nichts geändert. Also an ihm ist es nicht gelegen.”

      Eine perfide Vorgangsweise und alle spielen mit.

      • Es gibt noch eine Lesart dieser “Aktion”. Und die ist nicht weniger bemerkenswert, sondern desaströs.

        Ziegler ist NICHT als Landesdirektor zurückgetreten, er hat nur die Agenda “aktuelle Berichterstattung” abgegeben, für die er laut ORF-Gesetz aber nie zuständig war, weil es dafür den Chefredakteur gibt.Thurnher wird nun Interissima einer Position, die es nicht gibt: Landesdirektorin für NICHTS.

        Das Desaster ist, dass diese Lesart nur den Schluss zulässt, dass die ORF-Führung eine False-Flag-Aktion veranstaltet.

  2. “… soll sich der ORF-Niederösterreich-Chefredakteur massiv für TV-Präsenz von Johanna Mikl-Leitner eingesetzt haben…. ”

    Na net, ohne sein Nahverhältnis zu Mikl-Leitner wäre er niemals Orf-Landesintendant geworden!

    Das ist bereits in Gesetze gegossen, dass der LH das Recht hat, ungeliebte Bewerber für den Landesintendanten des ORF dezitiert abzulehen.

    Also was bleibt dann übrig?
    Einer der devoten Parteiheinis – vorzugsweise der parteihörige Chefredakteur – des ORF Landesstudios oder ein Redakteur einer parteinahen Zeitung!
    Jeder andere objektive oder politisch neutrale Bewerber wird von den LHs abgeschmettert!
    Das ist aber alles bewusst so gewollt von der gesetzgebenden Politik. Deshalb ist die ganze Aufregung nur reine Polit-Show!

    Aber gut, wenn wenigstens einmal auf diesen Missstand aufmerksam gemacht wird!!!

  3. Wenn man bei sämtlichen regierungstreuen Propaganda-Medien die Landesdirektoren, Chefredakteure, Stiftungsräte + Vorsitzenden sowie 1000 Handlanger suspendiert, bleibt niemand übrig und wir können wieder mit der Brieftaube arbeiten. Derzeit werden Nachrichten von der Politik bestimmt, gefiltert, manipuliert – demnächst werden die Geldgeber (wie bei SAT usw, exxpress…) das grosse Sagen haben. Wer sich informieren will, kann als Alternative auf die befremdlichen Social Media Accounts der Protagonisten ausweichen. Für die ganz Hartgesottenen, die heute noch die Journalistenlaufbahn einschlagen möchten, wird in der von ÖVP+Grün beabsichtigten Journalismusparteiakademie ein Brainwashing durchgeführt, dann erkennen die Absolventen nicht mal mehr ihre Grossmutter, schreiben Propaganda-Artikel allerdings aus dem Effeff.

    • Liebe Summa, der Urlaub / die Reise hat Ihnen sichtlich lesbar gut getan – wie ich meine… 😎

      • Geh da schau her! Dass Sie mich noch kennen (wollen) hätte ich jetzt nicht erwartet. Das ist ja eine schöne Bescherung🤯…….😉

  4. Sofortige Kündigung, unfassbar. Der Typ meint, der persönliche Medien Berater von der hinterfotzigen Hanni auf Kosten der Steuerzahler zu sein

  5. Ein Wahnsinn, woher sich so ein fertiger Dodel die Frechheit herausnimmt, uns Österreicher noch mehr mit der Visage von der Hanni zu quälen wie nötig

  6. Heuchelei, in den anderen Bundesländern schauts doch vermutlich nicht anders aus. Und schafft doch endlich diese “Belangsendungen” der Landeshauptleute ab, keiner braucht Formate wie OÖ heute mit null Informationsgehalt und 100% ÖVP Parteiwerbung.

    • Aber so penetrant wie beim ORF NÖ, ins besonders bei NÖ Heute, geht es sonst nirgends so zu. Das Studio ORF kommt dem NÖ Skandal, der aus Zwangsgebühren gestalteten ÖVP Werbesendungen, angeblich am Nächsten.

    • Sehr schiefe Optik. Wenn steuerbar und beeinflussbar, dann wird der Landeshauptmann zustimmen und “darf medial berichten “?
      Message Control geht weiter.

  7. Wenn der Redaktionsrat im NÖ ORF nun zu einer offenen Revolte betreffs Suspendierung wegen politischer Gängelung erwünscht gerichteter Berichterstattung im schwarz-miefigen Lokalcolorit aufruft, muss man eigentlich konsequent darauf pochen, dass dies in ALLEN 9 Landesstudios zu passieren hat, will man es nicht (wieder einmal) in typischer ÖSI Manier zu einer unglaubwürdig geheuchelten Kampagne verkommen lassen. Schluss damit, im linientreuen Korsett, in vorbereiten Interviews, präparierte Bericht ERSTATTUNG, zu vorbereiteten Fragen vorbereitete Antworten “redaktionell aufzubereiten”. Welchem aufmerksamen (zahlenden) Medienkonsumenten stossen die Kuschelfragen in gestellten Interviews nicht schon gefühlte Ewigkeiten auf?? Wehe dem / der, welche/r sich gefinkelte Fragen oder anmaßend kritische Redaktionsbeiträge erlaubt… Der (gefühlt) überdurchschnittl. oft dynastisch ererbte Arbeitsplatz im “öffentlich rechtlich unabhängigen Informations- und Bildungsmedium” wäre morgen futsch…

    • Zum (ORF) gesetzlich verbrieften Anhörungsrecht:

      | Als eine seiner ersten Maßnahmen wird der neue Chef dem Stiftungsrat (Anm. pol. besetzten) seine Landesdirektoren präsentieren und dabei in neun von neun Fällen Personalwünsche aus den Ländern berücksichtigt haben. Alle fünf Jahre wiederholt sich das Spiel. |

      https://www.profil.at/oesterreich/wer-chef-im-orf-wird-entscheidet-seit-jeher-der-bundeskanzler/401445757

      Fazit: “Die Huren der Reichen” rekrutieren “deren Hurenkinder” – im amorphen Schattenspiel der Fascho-Föderalismus-Krake einer bis ins Mark korrumpierten Wahl-Demokratie. Aus Infotainment im gesetzlichen Auftrag wird message control’tes Entertainment. Skrupellos Moral befreit am LebensAlltag von 4/5 der wahlberechtigten Bevölkerung vorbei, von 5/6 der im Lande lebenden / arbeitenden Steuerzahlern.

    • Wenn generelle Abschaffung nicht möglich, dann zumindest Aufteilung auf drei Regionalsender (West, Mitte,Ost).

  8. Der türkise Weißmann soll den türkisen Ziegler suspendieren und das noch im Land der Hanni und des Wolfers…?????? die werden eher nach oben gelobt…….

  9. auch hier gilt:
    um das zu wissen braucht man eigentlich keine chats, weil eh offensichtlich.
    aber mit den chats ist es jetzt beweisbar.

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