Donnerstag, März 28, 2024

ÖVP gespalten über Klima-Kleber-Strafen

Obwohl die Regierung kein härteres Strafrecht wegen Blockaden durch Klima-Aktivisten will, plädiert auch Tirols VP-Landeshauptmann Anton Mattle offen dafür.

Wien, 12. Jänner 2023 | Die Diskussion um strafrechtliche Verfolgung von Klebe-Blockaden durch Aktivisten entzweit die ÖVP. Am Mittwoch hat die Regierung der Fantasie eine Absage erteilt, das Strafrecht so zu verschärfen, dass man Klima-Aktivisten, die sich festkleben, verfolgen kann. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte am Dienstag verkündet, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag beim Landesverfassungsdienst in Auftrag gegeben zu haben. Diesen wollte sie dem Justizministerium vorlegen. Am Donnerstag hat trotz Regierungs-Absage Tirols VP-Landeshauptmann Anton Mattle den Vorstoß seiner Amtskollegin offen unterstützt: Härtere Strafen seien „zu diskutieren“, sagte er gegenüber der APA.

Mikl-Leitner behauptet Rettungs-Blockaden

Die Anliegen der Aktivisten seien verständlich, “aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Mittel einfach die falschen sind”, sagte Landeshauptfrau Mikl-Leitner am Dienstag. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, “Rettungsorganisationen zu behindern und damit Menschenleben zu gefährden”. Auch Anton Mattle schloss sich diesem Argument an. Nur, die Klima-Aktivisten arbeiten bei ihren Aktionen mit der Rettung zusammen und informieren sie entsprechend. Die Berufsrettung Wien hat gegenüber ZackZack gesagt, bisher hätten sie keine Probleme gehabt, durch die Blockaden zu kommen.

Am Montag hatte die ÖVP-Politikerin sogar einen Sicherheitsgipfel zu den Klebe-Aktionen abgehalten, obwohl es in Niederösterreich noch kein einziges Mal welche gegeben hat. Mikl-Leitner verwies auf die Pendler aus Niederösterreich, die in Wien von den Blockaden betroffen sind.

Deutsches Vorbild

Konkret hatte Mikl-Leitner auf ein strafrechtliches Delikt nach deutschem Vorbild verwiesen. Sie möchte, dass Aktivisten schon dann belangt werden können, bevor ein Schaden eingetreten ist, nämlich aufgrund eines „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“. In Deutschland ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht, wenn man durch Hindernisse “Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet”.

Beifall erntet der Vorstoß von Mikl-Leitner und Mattle jedenfalls von der FPÖ. Die Freiheitlichen hätten diese Forderung bereits nach den ersten Klebe-Aktionen in Innsbruck erhoben, schrieb FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger in einer Aussendung. Er sprach sich für ein generelles Verbot derartiger Aktionen aus. Auch Mikl-Leitners freiheitlicher Mitbewerber im Wahlkampf Udo Landbauer trägt den Vorschlag mit: “Die Angriffe kosten der Allgemeinheit viel Geld und den Einsatzkräften wertvolle Zeit. Radikale Gesetzesbrecher, die Einsatzkräfte an ihrer Arbeit hindern, sind mit voller Härte zu bestrafen.”

Strafrechtsexperten halten nichts davon

Strafrechtsexperten halten eine neue Regelung nicht für notwendig. Ingeborg Zerbes von der Universität Wien hat festgestellt, dass die von Mikl-Leitner angesprochene Regel in Deutschland nicht auf Klima-Blockaden angewandt wird. “Der Straftatbestand ist ziemlich eng und kaum anwendbar für Klimakleber”, erklärte die Juristin dem “Standard”. Alois Birklbauer, Strafrechtsprofessor an der Johannes-Kepler-Universität Linz, sah im Gespräch mit dem “Standard” bereits jetzt rechtliche Handhabe für den Fall, dass “Rettungskräfte behindert werden und Menschen Schaden nehmen”. Infrage kämen etwa Delikte wie die fahrlässige Körperverletzung.

Reine Blockaden, die niemanden gefährden, fallen laut den Experten in Deutschland unter Nötigung. In Österreich wird eine Anwendung des Paragrafen 105 StGB vom Obersten Gerichtshof (OGH) abgelehnt, infrage kommen Verwaltungsdelikte. Die Forderung nach einer schärferen Gangart lehnen die Strafrechtsprofessoren hier ab. Es handle sich um “Anlassgesetzgebung”, die “rechtlich nicht durchdacht” sei.

Abkopplung der Landes-VPs

Es ist nicht der erste Versuch der beiden Landeshauptleute, sich öffentlich von der Bundespartei abzukoppeln. Anton Mattle hatte sich im Wahlkampf vor der Landtagswahl im Herbst 2022 bemüht, möglichst nicht mit der Skandal-geschüttelten türkisen Volkspartei in Verbindung gebracht zu werden. Auf dem Stimmzettel stand letztendlich die Liste „Mattle“. Im aktuellen Niederösterreich-Wahlkampf lassen die Werbesujets der Volkspartei ebenfalls kaum eine Verbindung zur Bundespartei erkennen. Man ist die „Niederösterreich Partei“, während 2018 noch „Volkspartei Niederösterreich“ auf den Werbeplakaten stand.

(pma)

Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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11 Kommentare

  1. Zumindest beim gewaltbereiten grünen Weltrettungsmilieu kann man sicher sein, dass nur ganz wenige mit Migrationshintergrund dabei sind. Denn die Millionen junger Männer die als angebliche “Flüchtlinge” nach Deutschland in die Sozialsysteme gekommen sind, wollen sich ihren Traum vom tiefergelegten BMW oder Mercedes AMG erfüllen und nicht mit dem Lastenrad fahren und veganen Brotaufstrich essen.

  2. Man solle die Mikl Leitner dafür belangen wenn sie hier öffentlich lügt schließlich hat die Frau ein hohes politisches Amt inne.

  3. vizekanzler kogler sagt: mit der „klebetruppe“ kann er nix anfangen.
    ich glaub, der benya konnte mit den protesten in zwentendorf oder in der hainburger au auch nicht viel anfangen.

    aber gegen die betonschädeln in der övp – also stocker, wöginger, sobotka, hanger & co – denen wär sogar der benya durchaus als klimaschützer durchgehen.
    „Der Rechtsstaat gilt für Alle!“ sagt der stocker in pro&contra. irgendwie ist das schon a bissl amüsant, wenn sowas der generalsekretär der övp sagt.

    https://www.hagerhard.at/blog/2023/01/klimaterroristen/

  4. Bringen wir es auf den Punkt: (Doppelpunkt)

    Wir pfeifen darauf, durchdachte Klima stabilisierende Maßnahmen zu ergreifen, die solche Proteste (meinetwegen auch Gefährdungslagen) überflüssig mach(t)en, wir betonen im Gegenteil unser Verlangen nach härterer Bestrafung einer Protestbewegung zur politischen Untätigkeit.

    Wenn MiLei und Mattle (Stadthalter:innen) konkret dabei auf ein strafrechtl. Delikt nach deutschem Vorbild verwiesen, weil sie möchten, dass Aktivisten schon dann belangt werden können, bevor ein Schaden eingetreten ist, nämlich aufgrund eines „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“, dann plädiere ich für einen § zur rigorosen gerichtl. Verurteilung eines schon VOR dem Schadensfall eingetretenen “gefährlichen Eingriffs in unsere volkskulturelle Identität”, weil reaktionäre Fremdenfeindlichkeit, systemat. Korruption, Intransparenz, herkunftsbezogene Entwicklungsverhinderung, Amtshaftungsdelikte udgl. unbelangt bisher UNGEFÄHRLICH ohne Konsequenzen bleiben!

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