Mittwoch, Dezember 11, 2024

Regierung lobt »strengstes Antikorruptionsgesetz der Welt«

Die Regierung zeigt sich überzeugt, am Donnerstag das strengste Korruptionsstrafrecht Europas, womöglich sogar der ganzen Welt präsentiert zu haben. 

Wien, 12. Jänner 2023 | Endlich steht es: das neue Korruptionsstrafgesetz. Zumindest aus Sicht der Regierung. Donnerstagfrüh haben Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die Neuerungen präsentiert. Korruption sei „Gift für unsere Demokratie“, sagte Zadić. „Wir schaffen das strengste Antikorruptionsgesetz der Welt“, meinte Edtstadler. Man wolle die Lücken, die das Ibiza-Video aufgezeigt habe, schließen. Das Gesetz geht nun in die achtwöchige Begutachtung.

„Sie erinnern sich alle an das Ibiza-Video“, sagte Zadić einleitend. Es habe ein Sittenbild der österreichischen Politik offenbart, das viele Menschen zurecht abgestoßen habe. Es sei „demokratiepolitischer Zündstoff“, wenn sich immer mehr Menschen von der Politik und der Demokratie nicht vertreten fühlten, führte die Justizministerin aus. Man könne das Vertrauen der Menschen nicht von heute auf morgen mit einem Gesetz wiederherstellen, ergänzte Edtstadler. Aber das Gesetz sei „ein wichtiger Schritt für die Korruptionsbekämpfung, ein wichtiger Schritt für die Koalition, ein wichtiger Schritt für die Österreichische Volkspartei“.

Amtsverlust bei Korruption

Mandatskauf soll strafbar werden, und zwar für alle Beteiligten. Der Mandatskauf gilt dann als vollzogen, wenn die Person, die davon betroffen ist, das Mandat tatsächlich antritt. Die Regelung gilt für den Nationalrat, die EU-Wahlen sowie für die Landtage, nicht aber für Gemeinden.

Wer aufgrund von Korruption rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wird, verliert automatisch sein Amt und ist auch nicht mehr wählbar. „So wenden wir weiteren Schaden von unseren demokratischen Institutionen ab“, sagte Zadić. In den Parteien, die den Vorteil annehmen, ist der Verantwortliche für die entsprechende Listenerstellung strafbar.

„Vorab-Korruption“ strafbar

Als Bestechung gilt künftig auch, wenn jemand das entsprechende politische Amt, für welches Versprechen gemacht werden, noch nicht innehat und während der Bewerbung oder Kandidatur für das Amt bestochen wird. Das soll für Beamte in jeder Position gelten und auch dann, wenn das Versprochene nicht ausgeführt wird. „Sowohl Politiker und Politikerinnen als auch Beamte und Beamtinnen haben eine Vorbildwirkung“, begründete Zadić die Entscheidung.

Bisher ist „Vorab-Korruption“, wie Zadić es nennt, nicht strafbar gewesen. Für Ex-Vizebundeskanzler Heinz-Christian Strache hätte die Strafverfolgung wegen des Ibiza-Videos und im Prozess um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) mit der neuen Regelung wohl entscheidend anders ausgesehen.

Stichtag zur Eingrenzung

Gleichzeitig sieht der Entwurf vor, dass der relevante Zeitraum abgegrenzt wird. Wenn jemand in der Sandkiste Schokolade dafür annehme, sich zukünftig als Bürgermeister für eine andere Person einzusetzen, könne das „natürlich nicht strafbar“ sein, führte die Justizministerin aus. Man habe deshalb klare Stichtage definiert, etwa den Neuwahlbeschluss.

Höhere Strafen und Verantwortlichkeit

Wer sich eines Korruptionsdelikts schuldig macht, das eine Schadenssumme von über 300.000 Euro umfasst, muss künftig damit rechnen, für bis zu 15 Jahre ins Gefängnis zu wandern. Und Unternehmen müssen nun mehr Strafe zahlen, wenn sie in Korruption verwickelt sind. Der Strafbetrag wird von 10.000 auf 30.000 Euro angehoben.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte Österreich dafür kritisiert, dass die bisherigen Strafen nicht abschreckend genug seien.

Auch der Umweg, Geld über gemeinnützige Vereine an Parteien oder Amtsträger zu schleusen, soll blockiert werden. Bisher war eine solche Spende nur dann strafbar, wenn der betreffende Politiker im Verein maßgeblich beteiligt war. Künftig reicht auch ein „bestimmender Einfluss“ von nahen Angehörigen auf den Verein.

Erster Streich

Die Regierung war immer wieder dafür kritisiert worden, wie lange sie dafür gebraucht hat, ein neues Korruptionsstrafgesetz auszuarbeiten. Man habe eben gewissenhaft arbeiten, sich mit Experten beraten und alles bedenken wollen, führte Edtstadler aus.

Das neue Korruptionsstrafrecht sei nur der erste Schritt, kündigte sie außerdem an. Das auch schon lange geforderte Informationsfreiheitsgesetz solle folgen, außerdem für raschere Verfahren gesorgt werden. Nach den diversen Affären rund um Chats, bisher vor allem rund um die ÖVP, ist es der Verfassungsministerin ein besonderes Anliegen, den „Rechtsschutz bei der Sicherstellung eines Handys“ zu erhöhen. Sie appellierte außerdem an die Gesellschaft und die Medien, die Unschuldsvermutung nicht als „leere Floskel“ zu behandeln.

(pma)

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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