Ein privater Kindergartenverein soll jahrelang zweifelhafte Ausgaben getätigt haben. So soll etwa Essen per Bargeld von Baufirmen bezogen worden sein.
Wien, 17. Jänner 2023 | 4,2 Millionen Euro soll ein Verein, der zehn private Kindergärten in Wien betreibt, zwischen 2019 und 2021 an Bauunternehmen ausbezahlt haben, die sich als Scheinfirmen erwiesen. Davon entfielen laut einem Bericht des Stadtrechnungshof 2,7 Millionen Euro auf die Lieferung von Essen für die Kinder. Ausbezahlt wurden die Transaktionen in bar. Auch einige Autos, darunter BMWs und Mercedes, soll sich der familiengeführte Verein gegönnt haben. Der Verein hatte jahrelang Fördermittel der Stadt Wien bezogen.
Mit Steuergeld gefördert
Für heftige Kritik sorgte insbesondere der Umstand, dass der Verein von Steuermitteln gefördert wurde. Denn die zuständige Magistratsabteilung 10 (MA 10) schüttet auch Geld an private Vereine aus, wenn die notwendigen Betreuungsstandards für Kinder eingehalten werden. Der grüne Gemeinderatsabgeordnete Martin Margulies fand es „unglaublich, dass hier jahrelang völlig ohne Kontrolle Millionenbeträge ohne passende Belege, ohne Nachweis einer korrekten Abrechnung an einen verzweigten und völlig undurchsichtigen Familienbetrieb ausbezahlt wurden“.
Auch die ÖVP schoss sich auf die Behörde ein: „Diese Familie hat einen Selbstbedienungsladen aus diesem Kindergarten gemacht und der Stadt Wien ist dies über ein Jahrzehnt lang nicht aufgefallen“, so der türkise Bildungssprecher Harald Zierfuß bei einer Pressekonferenz.
Familie als Profiteur?
Der Stadtrechnungshof bemängelt nicht nur die sonderbaren Ausgaben des Vereins in bar, sondern auch die Struktur desselben. So soll die Vereinsspitze aus Mitgliedern der gleichen Familie bestanden haben. Diese habe etwa Autos gekauft und diese dann an die Kindergärten verleast. Auch der Bezug von Catering über Baufirmen erschien dem Rechnungshof ungewöhnlich. Die Firmen stellten sich später bei näherer Prüfung als Scheinfirmen heraus oder waren in Konkurs.
Außerdem habe es sogenannte In-Sich-Geschäfte gegeben, bei denen eine Person über Umwege ein Geschäft mit sich selbst abschließt. So soll etwa die Obfrau des Vereins einem von ihr betreuten Kindergarten Inventar in Höhe von 100.000 Euro „vermietet“ haben, ohne den Gegenwert der Objekte entsprechend belegen zu können.
„Keinerlei Mängel“
Die MA 10 will davon nichts gewusst haben. Es seien „keinerlei Mängel aus den Bereichen Kinderschutz oder pädagogische Bildungsarbeit festgestellt“ worden, wird die Behörde per Aussendung zitiert. Allein, um pädagogische Missstände scheint es diesem Fall jedoch gar nicht zu gehen. Die Opposition ist aufgebracht und fordert einen Förderstopp für den Verein. FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp ortete etwa ein „Multiversagen der rot-pinken Stadtverantwortlichen“.
Rückforderung eingeleitet
Nach dem Bericht des Stadtrechnungshofs sah sich die Stadt Wien zu Handlungen gezwungen. Man habe einen Wirtschaftsprüfer eingeschaltet und die Rückförderung der Fördermittel eingeleitet, heißt es.
(dp/apa)
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