Die “Kronen Zeitung” muss Hans-Jörg Jenewein für mehrere Artikel über seinen angeblichen Suizidversuch entschädigen. Am Artikel des Redakteurs stimmte bis auf den Namen praktisch nichts.
Wien, 18. Jänner 2023 | Der ehemalige Nationalratsabgeordnete Hans-Jörg Jenewein hatte die “Krone” wegen der Verletzung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs geklagt – und gewann, wie der “Standard” berichtete. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Herr der Abschiedsbriefe
Bereits im August 2022 hatte ZackZack zum Autor des Jenewein-Artikels einiges enthüllt. Es geht um Chronik-Chef Christoph Budin. In den BMI-Chats mit Ex-Innenministerium-Kabinettschef Michael Kloibmüller hatten sich die beiden intensiv über die mediale Verwertung von Sicherheitsthemen ausgetauscht. Budin war es auch, der im Sommer 2022 in einem Artikel den Abschiedsbrief der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr veröffentlichte. Auch dafür erntete die „Kronen“-Zeitung Kritik. Im Fall von Jenewein hat dies nun ein gerichtliches Nachspiel.
Die “Kronen Zeitung” behauptete im August 2022 etwa, dass Jeneweins Ex-Frau einen Abschiedsbrief gefunden und der Ex-Politiker auf einer Intensivstation um sein Leben gerungen habe.
Nur der Name hat gestimmt
“Ich bin nie auf einer Intensivstation gelegen und war nie in Lebensgefahr”, stellte Jenewein am Dienstag am Landesgericht für Strafsachen in Wien klar. Auch habe er keine Ex-Frau, da er noch immer in erster Ehe verheiratet sei, und einen Abschiedsbrief habe es auch nicht gegeben. Folge der Berichterstattung über ihn sei etwa gewesen, dass seine Mutter verzweifelt versucht habe, herauszufinden, in welchem Spital er auf der Intensivstation liegt.
Richterin Nicole Baczak fragte bei Jenewein zum Inhalt des Krone-Artikels nach: “Man könnte auch die Frage stellen: Was war überhaupt richtig in dem Artikel? Ihr Name war richtig geschrieben?” Jenewein bejahte die Frage. Bis auf seinen Namen stimme in den Beiträgen praktisch nichts.
96.000 Euro
Die Vertreterin der “Kronen Zeitung” argumentierte, dass der Fall und damit die Berichterstattung politische Brisanz aufgewiesen habe, da in den Tagen zuvor bekannt geworden sei, dass bei Jenewein eine Anzeige gegen die eigenen Parteikameraden aus der Wiener FPÖ gefunden wurde. Jenewein hielt laut “Standard” vor Gericht fest, dass der gefundene Anzeigenentwurf nicht mit dem schließlich eingebrachten identisch sei. Wer die tatsächliche Anzeige formuliert habe, wisse er nicht.
Suizidversuch habe keine politische Relevanz
Die Richterin musste aufgrund der früheren Tätigkeit Jeneweins prüfen, ob die Veröffentlichungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben stehen. Dann wären die Berichte laut Mediengesetz zulässig. Sie kam aber zu dem Schluss, dass dem nicht der Fall sei. Ein Suizidversuch habe keine politische Relevanz.
Da die Beiträge außerdem viele Unwahrheiten aufweisen, verurteilte sie die “Krone” zu einer Entschädigung von 96.000 Euro. Da die Vertreter von Jenewein und “Kronen Zeitung” keine Erklärung abgaben, ist das Urteil nicht rechtskräftig.
(bf/apa)
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