Mehr als ein Jahr nach dem Rückzug von Sebastian Kurz formiert sich ein türkis-schwarzes Spannungsfeld. Der Altkanzler sammelt seine Vertrauten und dürfte gegen seine Nachfolger nachtreten.
Wien, 26. Jänner 2023 | Der gewöhnlich top-informierte Journalist Josef Votzi sorgte am Donnerstag mit seiner wöchentlichen Kolumne „Politik-Backstage“ für Aufsehen. Denn Altkanzler Sebastian Kurz soll mit seinen Nachfolgern in der ÖVP nicht besonders glücklich sein und türkise Ex-Mitarbeiter um sich scharen. Ein “türkiser Bruderkrieg” soll ausgebrochen sein.
Der türkise Zirkel sammelt sich
Kurz residiert derzeit in seinem neuen Büro am Wiener Schubertring. Vis-à-vis hinter einer Glaswand bezieht Ex-Finanzminister und Kurz-Intimus Gernot Blümel, der erst vor kurzem seinen Job bei Superfund verließ, seinen Arbeitsplatz. Weitere ehemalige türkise Kabinettsmitarbeiter, wie etwa Bernhard Bonelli, sitzen ebenfalls im Büro in der Wiener Innenstadt.
Laut Votzi soll dem ÖVP-Sektor im Regierungsviertel die türkise Ansammlung am Schubertring nicht unbemerkt geblieben sein. Denn der Altkanzler soll auch mit der Performance seiner Nachfolger unzufrieden sein. Darunter etwa Bundeskanzler Karl Nehammer und dem Klubobmann August Wöginger. Kurz’ Meinung über die nun nicht mehr ganz so türkise ÖVP soll in der zweiten Hälfte des Jahres „endgültig gekippt“ sein. Auslöser dürfte das Geständnis des ehemaligen ÖBAG-Chefs Thomas Schmid bei der WKStA gewesen sein, der Kurz schwer belastete.
Kurz “wie ein 70-Jähriger”
„Nach diesem, von ihm als Verrat empfundenen, Verhalten von Thomas Schmid nimmt Kurz alles, was er aus der Partei und Regierung hört, noch mehr als früher persönlich“, berichtet ein ÖVP-Insider dem Trend-Journalisten. Insbesondere dem ÖVP-Klubobmann Wöginger soll Kurz eine „Kopfwäsche“ verpasst haben. Ausgangspunkt sei ein unscheinbares Instagramvideo gewesen sein, in dem Wöginger anlässlich seines 20-jährigen Nationalratsjubiläums nur Wolfgang Schüssel und Andreas Khol, allerdings nicht Kurz dankte.
Auch Nehammer dürfte sein Fett vom Ex-Kanzler abbekommen haben. Nehammer veranstaltete kein offizielles Abschiedsessen für Kurz. Nehammer wiederum dürfte der nörgelnde Kurz auf die Nerven gehen. Votzi meint dazu, dass Nehammer im kleinen Kreis räsonierte, dass der jüngste Altkanzler sich bisweilen wie ein 70-Jähriger, der nicht loslassen könne, gebe. Kurz wirke bald „wie ein alter weißer Mann“.
Türkise Querschüsse gegen Ballhausplatz
Die Kurz-Begleiter, die nach dessen Rückzug ebenso nach und nach die Flucht aus der Politik starteten, sollen ebenfalls mit Querschüssen gegen die amtierenden ÖVPler auffallen. „Ohne uns wäret ihr nicht dort, wo ihr jetzt weiterhin sitzt“, soll der türkise Tenor Richtung Ballhausplatz sein, beschreibt es Votzi.
Der Journalist wertet jedoch, dass die Rückkehr des Kurz-Vertrauten Gerald Fleischmann in die Kreise der ÖVP ein „Friedenssignal“ Nehammers an Sebastian Kurz gewesen sei.
(bf)
Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl