Samstag, April 20, 2024

Vize-ÖVP-Klubdirektor will klagen, weil Journalist ÖVP als „Gang“ bezeichnete

Einen eigenwilligen Zugang zur Pressefreiheit legte der Vize-Klubdirektor der ÖVP hin. Die Bezeichnung „Kurz und seine Gang“ sei für ihn „eine unfassbare üble Nachrede“. Der Spott ließ nicht lange auf sich warten.

Wien | Darf man Sebastian Kurz und sein Umfeld als „Gang“ bezeichnen? Für den stellvertretenden Klubdirektor der ÖVP, Philipp Hartig, lautet die Antwort wohl eindeutig „Nein“, wie er am Montag auf Twitter „eindrucksvoll“ darlegte.

“Kurz und seine Gang”

Auslöser des absurdesten Streitthemas, seit der „Grüß Gott/Guten Tag“-Debatte, war ein Tweet des jungen Vorarlberger Nachrichten-Journalisten Maximilian Werner. Werner spielte auf den kuriosen Umstand an, dass nach den Aufdeckungen über die Postenvergabe des Botschafters in Abu Dhabi, Etienne Berchtold, reihenweise ÖVPler ausrückten, um Berchtold zu verteidigen. Dabei verwendete der Journalist auch die Formulierung Sebastian “Kurz und seine Gang“.

So weit, so undramatisch. Dachte man zunächst. Denn der ÖVP-Vize-Klubdirektor sah im Wort „Gang“ wohl eine unglaubliche Entgleisung: „Gehts noch, ‘Gang’? Was ist das für eine unfassbare üble Nachrede? Wenn das eine unbedachte Wortwahl war, lösch das bitte!“

“Da bin ich komplett humorlos”

Werner versuchte Hartig klar zu machen, dass die Bezeichnung „Gang“ beziehungsweise „Bande“ wohl eher nicht unter üble Nachrede fällt. Für den erbosten ÖVP-Mitarbeiter stellte er sogar den Wikipedia-Artikel zur Information bereit, was die Definition des Begriffes sei: “Die Bezeichnung Bande […] stand ursprünglich für eine Gruppe von Menschen, die sich […] versammeln. Umgangssprachlich wird damit eine Gruppe […] bezeichnet, die etwas unternimmt. […] Dafür wird auch der Anglizismus Gang verwendet.”

Doch die Verlinkung der Definition stellte Hartig auch nicht zufrieden und er drohte schließlich mit Klage. Hartig legte Werner den Gang nach Canossa nahe: „Solches Geschwurbel ändert nichts. Du hast u.a. mich als Mitglied einer Gang, also einer Verbrecherbande bezeichnet. Letztmalig daher: Du löscht das jetzt freiwillig oder später kostenpflichtig unfreiwillig. Da bin ich komplett humorlos, lass es nicht drauf ankommen.“

Twitter-Spott kommt in die Gänge

Die eigenwillige Klagsdrohung sorgte im Netz jedenfalls für Spott und Hohn für den ÖVP-Vize. Hier ein paar Beispiele:

Achtung vor der gefährlichen Beethoven-Gang in Wien, die ihr Unwesen treibt.

Alternative Bezeichnungen für “Gang” wurden ebenso angeboten.

Titelbild: HERBERT PFARRHOFER / APA / picturedesk.com
Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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30 Kommentare

  1. Ich glaube sogar, dass dieser Politiker eher nicht zu den Favoriten zählte, die die türkise Buberlpartie auf ihre Bergtouren mitgenommen hätte. Dass er sich der gewissen Gang zugehörig fühlt, ist seiner verzerrten Wahrnehmung geschuldet. Parteiinterner C-Promi, möchte auch einmal berühmt sein.

  2. Solange keiner im Zusammenhang mit der ÖVP von Gang Bang spricht sehe ich kein Problem. Obwohl bei den Pics die da im Umlauf waren…Mann oh Mann…..

    • Ja eben. Darum die Panikreaktion vor allem was da in Nähe kommt. Wenn sie schon als Gang bezeichnet werden ist das Outing von dem “Bang” nicht weit. Vielleicht ist der Hartig da ein Sittenwächter oder hat am End eine tragende Rolle gspielt bei den Sauereien.

      • Ja eh, was weiß man als Otto Normalverbraucher schon von den Gepflogenheit der Christlich Sozialen….🤔

  3. Ist diese allgemeine Frage auch schon verboten: “Hast du einen Sprung in der Schüssel, Wolfgang?”

  4. Das ist peinlich.
    Da regt sich ein hoher ÖVP Politiker auf und droht sofort mit Klage, weil er ein Wort nicht versteht… Was soll man davon halten?

  5. Man gewinnt(?) langsam den Eindruck, dass es nicht mehr gar sooo lange dauert(e), bis diese Klientel fokussierte “Law and Order Gang” ab Mitte rechts in ihrer wortwörtl. angemaßt umkämpften Deutungshoheit einen “Index verborum prohibitorum” als einzig gültigen politisch korrekten Index installieren möchte, gewährte man ihr ein fortwährende Regierungsbeteiligung. (Anm: In erhellender Analogie wurden im “Index librorum prohibitorium” von der röm.-kath. Kirche für jeden Katholiken die Bücher aufgelistet, deren Lektüre als schwere Sünde galt; bei manchen dieser Bücher war als kirchliche Strafe die Exkommunikation vorgesehen, freilich oft und öfters auch am Scheiterhaufen “feierlich gewürdigt”.)

    Wen wundert es aber sonderlich, wenn die überwiegende(!) Mehrheit für eine vorgebliche Tauglichkeit im pol. “Geschäft” hierzulande im Handwerk der Juristerei “ausgebildet” wurde, was im übrigen mMn auch die angeführte “Humorlosigkeit” grundsätzlich umfassend erklärend begründet…

  6. Man könnte dem Herrn Vizeklubdirektor ja einmal die Chat-Protokolle vorlesen. Vielleicht kommt er dann auch zu einer ähnlichen Beurteilung der zum Glück nur kurzen Ära Kurz.

  7. Mit dem Begriff Gang könnte man das Zusammentreffen mehrerer “türkiser” Personen, die was miteinander unternehmen, auch mit verruchtem “gang – bang” in Verbindung bringen. Kann da die Aufregung voll und ganz nachvollziehen. 🤔

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