Samstag, April 20, 2024

Verfahrensrichter kontert Hanger: “Korruption festgestellt”

Nachdem Fraktionsführer Andreas Hanger am Mittwoch bereits zelebrierte, dass die ÖVP vom UA-Bericht entlastet werde, konterte nun der Verfahrensrichter. Hanger solle “den Bericht noch ein bisschen genauer” lesen.

Nachdem die Fraktionen im ÖVP-U-Ausschuss gestern von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) den vorläufigen Abschlussbericht erhalten haben, befand Andreas Hanger (ÖVP) die Vorwürfe gegen seine Partei für “in Luft aufgelöst”. Anders sieht das Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl am Donnerstag im Ö1-Mittagsjournal: “Es wurde sicherlich Korruption festgestellt, wenn auch nicht im erwarteten Ausmaß”. Die Opposition sieht in dem Bericht keine Entlastung für die ÖVP.

Hanger solle Bericht noch genauer lesen

Korruption sei überall wahrzunehmen, so auch bei Postenbesetzungen und Inseratenvergabe, so Pöschl. Der Bericht konnte hier aber nicht in die Tiefe gehen, weil das Strafverfahren zuständig sei und man nicht vorverurteilen wolle. ÖVP-Fraktionsführer Hanger, der sich durch den Bericht “fast zu einhundert Prozent bestätigt” fühlte, empfahl der Verfahrensrichter im Ö1-Journal “den Bericht noch ein bisschen genauer zu lesen”.

Dass das Ausmaß der Erkenntnisse geringer sei als erwartet, liege unter anderem daran, dass Korruption sehr schwer nachzuweisen sei. Dem Erkenntnisgewinn nicht dienlich gewesen seien “stundenlange Geschäftsordnungsdebatten, die Zeit für Befragungen kosteten” und mehrere Entschlagungen von Auskunftspersonen, gegen die noch Verfahren bei der WKStA anhängig sind. Warum weder Sabine Beinschab, Sophie Karmasin noch Wolfgang Fellner geladen wurden, verstehe er nicht.

Krainer: “Massives korruptives Verhalten”

Anders als Hanger interpretierte den Abschlussbericht naturgemäß die Opposition. Wenn Hanger die Vorwürfe gegenüber seiner Partei nun als “in Luft aufgelöst” erachte, so habe dieser “ein Wahrnehmungsproblem”, sagte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zur APA. “Massives korruptives Verhalten liegt klar auf der Hand”, so Krainer. Zu beachten sei aber auch, dass Pöschl Strafrichter sei, und sich überlege, ob es “für eine strafrechtliche Verurteilung reiche”.

Den Empfehlungen des Abschlussberichts stehe er “teils-teils” gegenüber. Den unabhängigen Bundesstaatsanwalt oder die Abschaffung des Amtsgeheimnisses etwa heiße er gut, so Krainer. Ein “No-Go” sei hingegen, die “Einschränkung der Pressefreiheit”, durch die Empfehlung, nicht mehr detailliert aus Ermittlungsakten berichten zu dürfen. Dass eben jene Empfehlung eine Forderung der ÖVP war, sei ihm nicht bewusst gewesen, meinte Pöschl. Er hätte damit einen “Denkanstoß” setzen wollen.

FPÖ: “Das riecht nach Bananenrepublik”

Nichts von diesem Vorschlag hält auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. “Man untersucht seit über einem Jahr umfassende Korruptionsfälle in der gesamten Republik – und die dritte Empfehlung von Vorsitz und Richter dazu ist lediglich: ‘Medien sollen weniger darüber berichten können’. Das riecht leider sehr nach Bananenrepublik”, wird er in einer Aussendung am Donnerstag zitiert.

Genauso wenig hält NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper davon: “Medien unterliegen ohnehin sowohl rechtlich als auch in ihrer Selbstkontrolle strengen Regeln was den Umgang mit strafrechtlichen Vorwürfen angeht. Die Politik sollte sich weniger auf den medialen Umgang mit Chats und Strafakten konzentrieren sondern mehr damit, die darin ersichtlichen Missstände zu beheben.”

Für Hafenecker ist der knapp 500 Seiten lange Bericht die Bestätigung seiner Forderung nach einer Fortführung des U-Ausschusses. Er übte abermals Kritik an Justizministerin Alma Zadić. Sie habe es “in ihrer bald vierjährigen Amtszeit nicht zuwege gebracht, durchgreifende Reformen und Veränderungen zu setzen”, und damit das durch “zahlreiche SMS-Nachrichten im Stile von “Wer vorbereitet Gernot” (von Pilnacek an Blümels Ex-Kabinettschef Niedrist) oder mit dem ehemaligen Justizminister und VfGH-Richter Wolfgang Brandstetter” zerstörte Vertrauen der Bevölkerung in eine unabhängige Justiz wiederherzustellen.

NEOS: “Korruption kann man eigentlich nicht überlesen”

Dem ÖVP-Fraktionsführer richtete Hafenecker aus: “Anstatt aus diesem Bericht endlich die notwendigen Schlüsse zu ziehen, verharrt die ÖVP lieber weiterhin in ihrem Paralleluniversum, wo es kein Schuldeingeständnis gibt und alle anderen Schuld am eigenen Fehlverhalten sind”.

Ähnlich sieht das auch Krisper: “Die Aussagen aus dem ÖVP-Klub haben wenig mit dem Inhalt des Berichts zu tun und unterscheiden sich kaum von der Realitätsverweigerung, die wir schon mehr als ein Jahr über im Ausschuss hören mussten. Die deutlichen Aussagen zur schon alltäglichen Korruption bei Postenvergaben insbesondere im BMI kann man eigentlich nicht überlesen – ebenso wie die auch von uns längst gestellten Forderungen von Informationsfreiheit über Cooling-Off-Regeln bis zur Bundesstaatsanwaltschaft – alles Punkte, bei denen die ÖVP in der Regierung seit Jahren säumig ist.”

Titelbild: EVA MANHART / APA / picturedesk.com

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19 Kommentare

  1. Hanger ist doch nichts anderes als eine politische Witzfigur. Eine misslungene Satire. Gegen ihn war die Hartinger-Klein von der FPÖ noch ein richtiges Intelligenzmonster. So ehrlich muss man sein.

  2. UNd wäre es nicht die ZiB1 gewesen, so hätten sie es so dargestellt. In der ZiB1 war der Verfahrensrichter zuerst dran. Und Hanger durfte das Schlusswort mit seinen Fake-News den Beitrag beenden. So geht Manipulation.

    Ich versteh, dass wer 10h in der Großfleischerei gestanden ist und vor dem Schlafengehen sich nochmal über den Tag informieren möchte, das auch dann glaubt, dass der Hanger recht hat, weil er den Pöschl von zuvor widersprochen/widerlegt hatte. Um 3 Uhr ist dann Tagwache. Das war das letzte Statement vorm Wegschlummern.

  3. Zwischen ÖVP und der Mafia gibt es zahllose Unterschiede. Im Moment kommt mir aber gerade keiner in den Sinn.

  4. Herr Hanger scheint an Wahrnehmungsstörungen zu leiden. Irgendwie fällt mir das schon seit einiger Zeit auf. Seine Wahrnehmung ist derartig verzerrt, dass ich mir an seiner Stelle echte Sorgen machen würde ob das nicht pathologisch ist.

    • Die Wahrnehmungsstörung ist eine ganz bewusste Strategie der ÖVP, dass durchschaut mittlerweile Hinz und Kunz.

      Man stellt sich dumm, unschuldig und nichtswissend. Funktioniert bestens.

      Ja nichts zugeben. Ja kein Wort zu viel sagen.

  5. Wenn die ÖVP nur laut genug behauptet, dass sich alle Vorwürfe in Luft aufgelöst hätten, finden sich schon die Grasls, Salomons, Bürgers und Patterers, die diese Sichtweise weiterverbreiten. Am Ende steht die ÖVP vor der staunenden Öffentlichkeit mit persilgewaschenem Heiligenschein da.

  6. „Offizialdelikte mit bekannten Tätern“ im WKStA-Strafakt 17 St 5/19 d

    (es sind inzwischen an die 100)

    Ganz egal, was sich diese dubiose Figur in ihrem Synapsenfasching sonst noch einbildet…

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