In Großbritannien wurde die bisher umfangreichste Studie zur Vier-Tage-Woche durchgeführt. Das Ergebnis ist positiv.
Wien | Sechs Monate lang haben, wie der „Standard“ mit Verweis auf eine britisch-amerikanische Studie des Bosten College und der Cambridge University berichtet, 61 Unternehmen in Großbritannien im Rahmen einer breit angelegten Studie die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich eingeführt. Damit verbunden war auch eine deutliche Reduktion der Arbeitszeit auf 30 bis 32 Stunden pro Woche. Die Ergebnisse der Studie zeigen fruchtbare Auswirkungen sowohl auf die wirtschaftlichen Ziele der Unternehmen, als auch auf das private Wohlbefinden des Personals.
In Österreich steckt die Debatte weiterhin in den Kinderschuhen. Einflussreiche Interessenvertretungen bleiben der Idee gegenüber weiterhin verschlossen.
Gewinn, Zufriedenheit und Produktivität gestiegen
Ein oft genutztes Argument gegen die Einführung der Vier-Tage-Woche wurde eindrucksvoll widerlegt. Die teilnehmenden Unternehmen verbuchten im Studienzeitraum ein durchschnittliches Plus von 1,4 Prozent des Gewinns.
Einer der größten Vorzüge der verkürzten Arbeitszeit drückte sich in Form eines besseren Wohlbefindens der Belegschaft aus. Bei 71 Prozent der Mitarbeitern, bei denen sich die Arbeitszeit tatsächlich reduzierte, waren signifikante Produktivitätssteigerungen zu erkennen. Denn obwohl die Leistungsziele gleich blieben, reduzierte sich der Stress während der Arbeit bei fast 40 Prozent der Befragten.
71 Prozent gaben außerdem an, weniger gefährdet für ein Burn-out zu sein. Zudem sparten sich einige durch das Weniger an Arbeitszeit Geld für Kinderbetreuung und hatten mehr Zeit für Familie und Freizeit.
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Abwesenheit geschrumpft
Abwesenheiten, wie zum Beispiel Krankenstände, nahmen bei denen, die weniger arbeiteten, deutlich ab. Mitarbeiter waren im Schnitt um 65 Prozent weniger abwesend. Auch die Bereitschaft, den Job zu kündigen, nahm durch gesteigerte Zufriedenheit ab.
Deutlich weniger Menschen kündigten den Arbeitsplatz in den teilnehmenden Unternehmen, die von der IT-Branche über den Gesundheitssektor bis zum Verkauf von Fish-and-Chips reichten.
Modell beibehalten
Nach dem Ende der Studie wollten 56 der 61 Unternehmen die Vier-Tage-Woche nicht beenden. Bei 18 Unternehmen wurde die Vier-Tage-Woche sogar umgehend zur Normalität erklärt.
Auch das Personal wollte größtenteils nicht zurück zu mehr Arbeitsstunden. Der Löwenanteil der Beschäftigten gab an, nur bei einem Gehaltsplus von zehn bis 50 Prozent zur Fünf-Tage-Woche zurückkehren zu wollen. Rund 15 Prozent schlossen eine Rückkehr zum alten Modell kategorisch aus – egal, wieviel Geld sie dafür bekommen würden.
Situation in Österreich
In Österreich ist man von einer großflächigen Einführung der Vier-Tage-Woche noch weit entfernt. Interessenvertretungen wie die Wirtschaftskammer (WKO) und die Industriellenvereinigung (IV) lobbyieren bislang erfolgreich gegen das Modell der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. „Eine Mitarbeiterin in der IT-Abteilung eines Unternehmens hat deutlich mehr Stress, wenn sie eine Stunde weniger Zeit hat, ihre Arbeit zu erledigen“, schreibt die IV auf ihrer Website und widerspricht damit einer Grunderkenntnis der Studie.
WKO-Chef Harald Mahrer demonstrierte in einem „OE24“-Interview strikte Ablehnung gegen das Modell: „Das lehne ich strikt ab“. Zwar könnten sich Unternehmen auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeit einigen, „wird aber in Summe weniger gearbeitet, kann es nie vollen Lohnausgleich geben“, sagte Mahrer.
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch kann sich jedoch auch für Österreich ein groß angelegtes Pilotprojekt zur Vier-Tage-Woche vorstellen. „Das ist soziale Politik für Österreich“, so Muchitsch.
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