Dutzende türkische Juristen haben den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bei der Staatsanwaltschaft Ankara angezeigt. Nach den vernichtenden Erdbeben werfen sie ihm fahrlässige und vorsätzliche Tötung vor.
Ankara | Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan wird es immer enger. 61 Anwälte reichten am Faschingsdienstag bei der Generalstaatsanwaltschaft Ankara Strafanzeige gegen Erdoğan, den Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun, Minister, Gouverneure und Bürgermeister der Städte, in denen das Erdbeben stattfand, ein. Neben Tötung lauten die Vorwürfe auch auf Amtsmissbrauch, Verletzung der Aufsichtspflicht, Beleidigung und Behinderung der Kommunikation.
Regierungsversagen und Amtsmissbrauch
Den Beschuldigten werfen die Anwälte unter anderem vorsätzliche sowie fahrlässige Tötung und Amtsmissbrauch vor. „Als Juristen dieses Staates können wir unsere Augen nicht vor so einer Ungerechtigkeit verschließen“, sagte Anwältin Pinar Akbina Karaman.
Die türkische Opposition bemängelt sowohl die Krisenvorsorge als auch das Krisenmanagement vehement. Korruption habe das erdbebensichere Bauen unterbunden, lautet zudem eine weitere, oft wiederholte Anschuldigung.
Ein einflussreicher Twitteraccount mit fast 240.000 Followern fordert Verantwortliche bis zum Präsidenten auf, nach dem nicht funktionierenden Katastrophenmanagement zurückzutreten. Darin heißt es etwa „Ein Erdbeben geschieht, Zehntausende sterben an Orten, für die 9 mal eine Baugenehmigung erteilt wurde, und niemand tritt zurück!“ um dann den Rücktritt zu fordern: „Alles, was Sie wissen, ist Beleidigung! Beleidigen Sie nicht, treten Sie zurück!“
Streit um Unterbringung
Um die nun rund 1,5 Millionen obdachlos gewordenen Menschen unterzubringen, dachte die Regierung Erdoğan über die Räumung von Studentenheimen und Schulen nach. Der Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) warnte Erdogan daraufhin mit den Worten: „Wagen Sie es ja nicht“.
Daraufhin forderte der Journalist Cevheri Güven Erdoğan auf, seine 15 Villen für Erdbebenopfer zu öffnen. Den verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind bisher mehr als 48.000 Menschen zum Opfer gefallen.
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