Samstag, Februar 15, 2025

The hate you give – Skylla & Charybdis

Es gibt mindestens 15% Menschen in diesem Land, die die Aussagen eines Herbert Kickl angemessen finden, egal, wieviel Gülle sich aus seinem Mund über das Land, seine Einwohner und seine Politiker erbricht.

Wien | Was mit dem Eklat um Waldhäusl einen vorläufigen Höhepunkt fand, ist keineswegs neu. Was sich also durch die meisten Texte der Schülerinnen und Schüler zog, die zu dem Thema Rassismus verfasst wurden, sind zu oft eigene Erlebnisse

Es ist kein Geheimnis, dass ich immer wieder durchs Land ziehe, um mit Jugendlichen und Kindern über Literatur zu diskutieren. Über ihre Erlebnisse. Über meine Träume, über ihre Träume. Über meine Vergangenheit, über ihre.  Seit mehreren Jahren drehen sich die meisten Workshops und Lesungen um die beiden Bücher, die sich mit Krieg und Ausgrenzung auseinandersetzen.

Dazwischen: Ich und Dazwischen: Wir. Während Dazwischen: Ich sich in erster Linie mit Krieg und Flucht beschäftigt, ist das zweite Buch auch dem Rassismus gewidmet, den kleinen tektonischen Verschiebungen, die dem großen gesellschaftlichen Auseinanderstreben vorangehen, kaum merklich entstehen die Risse im Gefüge des gewohnten Miteinanders, brechen Übereinkünfte, verschieben sich Grenzen, bis es zu einem großen, schmerzhaften Ruck kommt. Für manche ist dieses Beben gar kein schmerzhaftes, sondern ein erwünschtes.

Es gibt mindestens 15% Menschen in diesem Land, die die Aussagen eines Herbert Kickl angemessen finden, egal, wieviel Gülle sich aus seinem Mund über das Land, seine Einwohner und seine Politiker erbricht. Was mit dem Eklat um Waldhäusl einen vorläufigen Höhepunkt fand, ist keineswegs neu.  Was sich also durch die meisten Texte der Schülerinnen und Schüler zog, die zu dem Thema Rassismus verfasst wurden, sind zu oft eigene Erlebnisse. Und leider scheinen viele nach dem immer gleichen Muster zu verlaufen, dieses Muster kommt in jener Klasse vor, in jeder Schule, die ich bisher besuchte, mal häufiger, mal weniger häufig. Es sind Begegnungen in den Öffis, die mir die Jugendlichen schildern. Und darin verwickelt sind so gut wie immer Erwachsene. Die die Betroffenen attackieren, rassistisch beschimpfen, entwerten. Zu meiner großen Bestürzung sehr oft, ohne dass andere sich dabei einmischen würden, helfen, die Situation unterbrechen. Mehr noch, manche Jugendlichen scheinen sich damit abgefunden zu haben, dass solche Erlebnisse zu ihrem Alltag gehören.

Diese Erlebnisse gibt es in Städten und am Land. Mit jüngeren und älteren Betroffenen. Viel spricht dafür, dass so etwas immer noch gesellschaftlich geduldet ist. Oder jedenfalls nicht völlig verpönt. Waldhäusl wusste, als er seine unwürdigen Tiraden losließ, dass sie nicht nur auf taube Ohren stoßen würden. Das ist ein Teil blauer Politikziele. En Keil weitertreiben. Spalten. Entwürdigen und auf die Missgunst der 15-30% hoffen. Ich will ihm diese Freude nicht erfüllen. Und viele andere auch nicht. Das bedeutet, dass man bereit sein muss, bei einer solchen Situation aufzustehen und einzustehen. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen. Für eine friedlichere Zukunft in diesem Land.

Titelbild: Miriam Mone

Autor

  • Julya Rabinowich

    Julya Rabinowich ist eine der bedeutendsten österreichischen Autorinnen. Bei uns blickt sie in die Abgründe der Republik.

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