Die Prüfer der Europäischen Zentralbank nehmen Banken, die René Benkos Signa Kredite gewährt haben, ins Visier. Neben Russland könnte Raiffeisen jetzt auch ein Benko/Signa-Problem haben. Die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli stellt dem Finanzminister zwölf detailreich begründete Fragen.
Wien | Am 21. Februar 2023 überraschte das deutsche „Handelsblatt“ mit einer Meldung: „Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) nehmen nach Handelsblatt-Informationen die Engagements europäischer Banken bei der Signa Holding des österreichischen Unternehmers René Benko genauer unter die Lupe. Die EZB wolle Details zu Kreditengagements wie etwa deren genaue Besicherung in Erfahrung bringen, sagten mehrere mit dem Sachverhalt vertraute Personen dem Handelsblatt. Das Interesse gelte der Signa-Gruppe, nicht der Person René Benkos.“
Signa, so das „Handelsblatt“, habe auf eine entsprechende Anfrage nicht reagiert. Aber um welche Banken geht es? „Financial Times“ meldete am 14. Februar 2023, dass die Deutsche Bank alle Geschäftsbeziehungen zu Signa beendet habe. Die „FT“ nennt auch den Grund: Benkos Belastung durch „umfangreiche Korruptions-Untersuchungen“.
Einen Tag zuvor hatte das Schweizer Branchen-Portal „INSIDEPARADEPLATZ.ch – Finanznews aus Zürich“ getitelt: „LGT trennt sich von René Benko – Liechtensteins Fürstenbank beendet Beziehung mit umstrittenem Österreicher“. Nach kurzer Zeit fand man unter dem Link nur noch: „Hoppla! Diese Seite konnte leider nicht gefunden werden.“ Auf ZackZack-Nachfrage bei der Fürstenbank, ob die mittlerweile offline gestellten Meldung der Wahrheit entspräche, hieß es lediglich: „Kein Kommentar“. Signa-Anwalt Peter Zöchbauer stellt gegenüber ZackZack fest, dass es keine etwaigen „Beendigungen von Geschäftsbeziehungen gab.” Zusätzlich drohte man mit einer Klage.
Rund eine Milliarde
Aber große Signa-Kredite finden sich nicht bei der Deutschen Bank. Das Signa-Risiko tragen scheinbar andere Großbanken. Für sie sind die Europäische Zentralbank (EZB) in der EU und die FMA in Österreich zuständig.
Ganz oben auf der EZB-Liste sollen laut Hinweisen von Insidern aus der Bankenwelt und aus Kreisen des Finanzministeriums die Institute der österreichischen Raiffeisen-Gruppe stehen. Demnach belaufe sich das Signa-Kreditrisiko des Raiffeisen-Komplexes, wie mehrere mit dem Sachverhalt vertraute Personen ZackZack berichten, auf einen Betrag in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Die Raiffeisen Zentralbank (RBI) begnügt sich zu den detaillierten Fragen mit einer Feststellung: „Bezüglich des seitens des Handelsblatts aufgebrachten Berichts bezüglich potentieller Überprüfungsprozesse seitens der Europäischen Aufsicht können wir keine Stellungnahme geben, da aufsichtsrechtliche Prozesse unsererseits nicht kommentiert werden können.“
Einstieg bei Raiffeisen
„Wir waren gleich überzeugt, dass hier eine der Größen der Immobilien-Branche heranreift“, meinte noch 2008 Peter Engert als Geschäftsführer der „Raiffeisen Leasing GmbH“ zum geplanten Raiffeisen-Einstieg in Benko-Geschäfte in Österreich und Italien. „Die Presse“ titelte: „Immobilien: René Benko holt Raiffeisen an Bord“.
In den letzten Jahren scheint sich einiges geändert zu haben, wie die „Wirtschaftswoche“ im Februar 2023 über die Kredite bei österreichischen Instituten berichtete: „Schon vor ein paar Jahren sorgten sich die dortigen Finanzmarktaufseher vor einem Klumpenrisiko und meinten, dass etwa die österreichische Raiffeisenbank bereits interne Kreditlimits überschritten haben könnte.“
Tomaselli gegen Benko
Die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die erste Anfrage zu Benkos Signa und der EZB eingebracht. Jetzt legt Tomaselli eine weitere Anfrage vor. In der Begründung listet sie Signa-Schulden bei Raiffeisen auf: „Ein Blick ins Grundbuch macht deutlich: Die Raiffeisenbanken finanzieren bzw. finanzierten Signa-Projekte im hohen dreistelligen Millionenbereich. Die Raiffeisen übernahm beispielsweise die anfängliche Finanzierung des in die Kritik geratenen Immodeals mit der alten Postsparkasse am Wiener Stubenring. Im Grundbuch zum Einkaufs-Luxustempel, den Benko auf dem Gelände des ehemaligen Leiner-Hauses in der Mariahilfer Straße errichten lässt, findet sich eine Pfandurkunde iHv 95 Mio. Euro. Auch dieser Immobiliendeal hat aufgrund des äußerst günstigen Kaufpreises und der angeblichen Öffnung des für das Grundbuch zuständigen Bezirksgerichts zu den Weihnachtsfeiertagen Bekanntheit erlangt. “
Tomaselli fasst zusammen: „Eine stichprobenartige Überprüfung des offenen Grundbuchstandes ergibt bei 7 Projekten mit Signa-Beteiligung (historisch und aktuell) Besicherungen für Raika-Kreditverbindlichkeiten in der Höhe von über einer halben Milliarde Euro.“
„Raiffeisenbank und Benko – Sind RBI und Signa in einer toxischen Geschäftsbeziehung?“ – der Titel der Tomaselli-Anfrage signalisiert ÖVP-Finanzminister Brunner, dass der grüne Koalitionspartner diesmal nicht wegschauen will. Insbesondere möchte Tomaselli wissen: „Wie hoch sind die offenen Risikopositionen der Raiffeisenbanken aufgrund von Immobilienkrediten bei der Signa? Hat die FMA eine Prüfung zu den Geschäftsverbindungen zwischen Raiffeisen und Benko eingeleitet? Sind die Raiffeisenbanken einem erhöhten Risiko aufgrund der Geschäftstätigkeit mit der Signa ausgesetzt?“
Daneben interessiert sich die Abgeordnete auch für Geschäftsbeziehungen zwischen der Signa-Gruppe und der Sberbank, zu welcher letztens Übernahmepläne seitens der RBI durch die Medien gingen.
Jede der Tomaselli-Fragen ist unangenehm für René-Benko und seine Signa-Gruppe, aber auch für die Banken der Raiffeisen-Gruppe, die solche Fragen nur ungern beantworten. Nun ist jedoch der Finanzminister, an den die Fragen gerichtet sind, am Zug. Tomaselli nimmt ihn in die Verantwortung. Gegenüber ZackZack sagt sie: „Es ist unbestritten, dass Benko und Raika seit Jahren eine enge Geschäftsbeziehung pflegen. Angesichts der Sorgen der Aufsichtsbehörde in Bezug auf gehäufte Kreditrisiken bei der Signa-Gruppe, muss die Frage gestellt werden, ob diese Geschäftsbeziehung ‘zu eng’ ist. Diese Frage muss die Bankenaufsicht und der dafür zuständige Finanzminister beantworten.“
Mehrfache Problemherde
Nicht nur die Grünen und der ÖVP-Finanzminister wissen, dass René Benko Probleme hat. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt in der Signa-Steueraffäre und führt René Benko bereits als Beschuldigten. Es geht um den Verdacht der Bestechung. Chats aus dem Handy von Ex-Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid belasten den Immobilien-Milliardär schwer. Für Benko gilt die Unschuldsvermutung.
Die Nachrichten aus Deutschland sind kaum besser. Die BAFIN kümmert sich als deutsches Pendant zur FMA ebenfalls bereits um Signa. Raiffeisen wiederum hat nicht nur Probleme in Österreich. So soll die US-amerikanische Sanktionsbehörde OFAC bereits einige Fragen wegen ihres riskanten Russlandgeschäfts haben. Die RBI entwarnt derweil: man stehe ohnehin in regulärem Austausch mit den US-Finanzbehörden. Fragen der OFAC seien lediglich „genereller Natur“.
Auch die “Kronen Zeitung” berichtete am Freitag über die ZackZack-Recherche.
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