Übers Wochenende werden in Niederösterreich Rekordniederschläge erwartet. Experten befürchten Überschwemmungen und Hochwasser. Der ORF Niederösterreich warnt sein Publikum nicht, sondern witzelt über das bevorstehende Katastrophenwetter.
„Das Wetter wird Ihnen präsentiert von der Niederösterreichischen Versicherung“, heißt es zu Beginn des ORF Niederösterreich Wetterberichts vom Donnerstag. Das bekommt angesichts der am Wochenende von zahlreichen Experten erwarteten Überschwemmungen und Hochwasser einen komischen Beigeschmack. Der nicht intendierte Hinweis auf die dringend notwendige Versicherung ist aber auch die einzige versteckte Warnung, die der ORF Niederösterreich im Zuge erwarteter Wetterschäden seinem Publikum zumutet.
Extremwetter „relativ fad“, Regenbogen „wunderschön“
„Brrrr“. Mit diesem lockeren Einstieg vermittelt Moderator Clemens Krautzer dem Publikum von Anfang an, dass es dieses Wochenende zwar ungemütlich wird, aber kein Grund zur Sorge besteht. Die Niederschlagsprognosen von bis zu über 300 Liter pro Quadratmeter bis Anfang nächster Woche, erwähnt Krautzer nur beiläufig. “Ordentlich viel”, sei das. Der starke, anhaltende Regen, der schon jetzt für Hochwasserwarnungen sorgt, wird im Niederösterreich-Wetter mit den Worten „relativ fad“ quittiert.
Lieber wird die Aufmerksamkeit des Publikums auf ein schönes Foto mit Regenbogen gelenkt, das ein Seher dem ORF zugeschickt hatte. „Wunderschön“ findet Kautzer das. Das bevorstehende Hochwasser geht in der Lobpreisung des Regenbogens komplett unter.
Übertroffen wird der NÖ-Wetterbericht nur von Vösendorfs ÖVP-Bürgermeister Hannes Koza. Dieser verweist angesichts des einsetzenden Katastrophenwetters auf den “Internationalen Tag der Schokolade”:
Gefährliche Verharmlosung
Außerhalb des ORF Niederösterreich wird die Lage komplett anders dargestellt. Beim ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) ist von „ungewöhnlich große[n] Regen- und Schneemengen“ die Rede. Gewarnt wird vor „Überschwemmungen, Muren und Schneebruch“. Bis Montag oder Dienstag könnte es ununterbrochen Regnen. Ähnlich die Online-Wetterprognose des ORF. Dort liest man von einer „Starkregen- und Schneewarnung“. Die vielerorts erwarteten 300 Liter Niederschlag pro Quadratmeter seien „Summen, wie sie in so kurzer Zeit nur sehr selten oder noch nie gemessen wurden.“ In Niederösterreich regnet es jährlich rund 800 bis 880 Liter pro Quadratmeter.
Auch auf X warnt Meteorologe Daniel Schrott vor der Regenkatastrophe am Wochenende:
Einen Schritt weiter geht der deutsche Meteorologe Jörg Kachelmann. Er bezeichnet den ORF Niederösterreich als „Verbrecher“. „Wenn in NÖ Menschen sterben, hat sie auch das orf auf dem Gewissen“, schreibt er auf X.
Erste politische Reaktionen
Das „potenziell katastrophale“ Extremwetter, wie es Meteorologe Manuel Kelemen ausdrückt, rief mittlerweile auch den Bundeskanzler auf den Plan: „Unsere Einsatzkräfte stehen bereit, um zu helfen und zu unterstützen, wo immer es nötig ist“, sagte Karl Nehammer am Donnerstag. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner sprach von „tausend Soldaten, auch am Wochenende“, die für Katastropheneinsätze bereitstünden. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bekundete, man habe sich auf die bevorstehenden Hochwasser vorbereitet.
Vergangenes Jahr schlug Nehammer noch andere Töne an:
Bis zu Mikl-Leitners Landesstudio – erst kürzlich sind auf Dossier Vorwürfe gegen das Niederösterreichische ORF-Landesstudio laut geworden, wonach zugunsten der ÖVP berichtet wurde – hat sich die Information vom Katastrophenregen augenscheinlich noch nicht herumgesprochen. Bleibt zu hoffen, dass auch die Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen nach dem ORF Niederösterreich-Wetterbericht ausreichend vorbereitet sind.
Zum ORF-Niederösterreich-Wetterbericht
Titelbild: Pixabay/Hans