Samstag, Oktober 12, 2024

Nehammer will FPÖ ohne Kickl: Die Braut ist zu schiach

ÖVP und FPÖ bereiten eine gemeinsame Regierung vor. Das scheint nach dem Streichelduell zwischen Nehammer und Kickl klar. Doch Nehammer will Kickl nicht ins Bett lassen.

Was macht der Bräutigam, wenn beide Familien längst die Heirat beschlossen haben, aber die Braut zu hässlich ist? Gestern Abend zeigten Karl Nehammer und Herbert Kickl, dass das zumindest bei politisch Verlobten lösbar ist.

Zwei Momente sagten alles über das Duell, das keines war:

1. Nehammer betonte, dass er das gemeinsame Wirtschafts- und Sozialprogramm als Erster als „Österreich-Plan“ veröffentlicht habe. Die FPÖ habe erst später das gleiche Programm veröffentlicht. Kickl nickte.

Da es keine Nachfrage gab, blieb das einfach so stehen: Vom Nein zu Vermögenssteuern für Reiche bis zur Senkung der Gewinnsteuern sind sich beide einig, den Reichenschutz über alles zu stellen. Das, so finden Kickl und Nehammer, sei wichtig für den Standort, auch wenn dort nur Reiche wie Benko, Tojner, Sigi Wolf und die großen Zeitungsverleger stehen.

Nehammer schaut weg

2. Kickl tobte nicht, er warb. In der letzten Woche vor der Wahl weiß der FPÖ-Führer nicht, ob er nach der Wahl noch gebraucht wird. Binnen weniger Tage ist ihm die Boulevard-Luft ausgegangen. Aber immer, wenn er den ÖVP-Chef ansah, schaute der weg.

Eines war gestern Abend klar: Das Bett ist von Ausländern bis Vermögenssteuern, von Maulkörben für Journalisten bis zum Abdrehen der WKStA gemacht. Nehammer will mit der FPÖ, aber nicht mit Kickl. Aber warum?

Kickl hat als Innenminister etwas getan, was die ÖVP nie verzeiht. Er hat begonnen, türkise Parteibücher durch blaue zu ersetzen. Im Gegensatz zu Grasser und Strache wollte Kickl nicht die Brösel, sondern sein Stück vom Kuchen der Macht. Die ÖVP will das nicht.

Kampf um Chef

Nehammer weiß, dass von Wien bis Linz und Salzburg Freiheitliche für die zweite Kickl-Entsorgung bereitstehen. Jetzt mobilisieren Krone, Heute, Österreich und der ORF mit Hochwasser-Karl für die ÖVP. Wenn sie am Wahlabend die Nase vorn hat, ist Kickl weg. Wenn sich Kickl als Erster über den Wahlabend rettet, soll er bei Verhandlungen verhungern – bis er den Weg freigibt.

Es stimmt, es gibt immer noch ein paar politische Unterschiede zwischen ÖVP und FPÖ. Aber im Vergleich zu 2000 und 2017 sind sie auf Reste alter Differenzen geschrumpft. Nach gestern Abend geht es nicht mehr darum, ob ÖVP und FPÖ gemeinsam regieren. Es geht nur noch um eines: Wer der Chef ist.

Doch heute ist Dienstag, und die Umfragen zeigen, dass der Kickl-Vorsprung nicht nur auf Nehammer geschmolzen ist. Babler ist seit wenigen Tagen wieder im Rennen. Vielleicht gibt es noch eine Überraschung.


Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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