Samstag, Oktober 12, 2024

Fake-Gipfel statt Großglockner: Wie die FPÖ KI-Bilder einsetzt

Das Wahlprogramm der FPÖ ist gespickt mit fehlerhaften, KI-generierten Bildern. Die Freiheitlichen haben sich sogar eine österreichische Berglandschaft künstlich zurechtzimmern lassen.

Es ist erst wenige Tage her, dass die FPÖ mit einem Wahlkampf-Sujet für viel Belustigung im Netz sorgte: Die Partei verbreitete eine Einladung für ihr “Wahlfinale” am Stephansplatz – auf dem Flyer war allerdings nicht der Stephansdom, sondern die Votivkirche abgebildet.

Dass es bei der Bildsprache des FPÖ-Wahlkampf auch andernorts holprig zugeht, zeigt eine ZackZack-Analyse des Parteiprogramms. Die Freiheitlichen weisen demnach ein großes Faible für KI-generierte Bilder auf. Von rund 120 Fotos lassen sich über einen Drittanbeiter zumindest 25 als eindeutige KI-Bilder rückverfolgen. An sich steht das der Partei natürlich frei, gekennzeichnet sind die künstlichen Fotos jedenfalls nicht. Vor allem aber zeigt sich, dass der Einsatz dieser Bilder oftmals verunglückt ist.

Bilderbuch-Berglandschaft ist fake

Auf Seite 30 präsentiert die Partei unter dem Punkt “Souveränität” eine Berglandschaft samt einer am Gipfel wehenden Österreichfahne. Wie eine Foto-Recherche zeigt, beweist die FPÖ hier vor allem Souveränität gegenüber echten Fotos: Das Bild hat sich die Partei nämlich offensichtlich von der Plattform Adobe Stock besorgt – dort ist es als “Generiert mit KI” gekennzeichnet, versehen mit dem Zusatz “Die redaktionelle Nutzung darf nicht irreführend oder täuschend sein.”

Wenn man sich bei Adobe Stock durch die weiterführenden Bilder klickt, wird rasch klar, dass man sich das imposante Bergpanorama mit jeder beliebigen Flagge bestellen kann – von Costa Rica über die Dominikanische Republik bis Bosnien, jeweils nur leicht abgewandelt in der umliegenden Vegetation. Statt also einen echten, österreichischen Berggipfel abzulichten, hat sich die “Heimatpartei” entschieden, ein Stück Heimat künstlich generieren zu lassen.

Drag Queen mit Mutanten-Kindern

Großes Thema ist bei den Freiheitlichen bekanntlich der Kampf gegen den “Genderwahn”. Auf Seite 13 poltert die Partei gegen “Queer-Propaganda” und schreibt, “Drag Queens haben in Schulen und Kindergärten nichts zu suchen.” Entsprechend bebildert wird die Forderung mit einer Drag Queen, die Kindern aus einem Buch vorliest.

Bei näherer Betrachtung wird klar, dass hier einiges schief gelaufen ist. Vermutlich würden sogar hartgesottene FPÖler beipflichten, dass das Gruseligste an der Szene die teils mutantisch anmutenden Kindergesichter sind. Den Verantwortlichen in der Programmerstellung ist der Fehler wohl nicht aufgefallen, erhältlich ist das Foto erneut auf der Website Adobe Stock, wo es entsprechend als “KI-generiert” gekennzeichnet ist.

Auch andere Kernthemen der Partei sind mit KI-Bildern von fragwürdiger Qualität illustriert. Da gibt es etwa das Thema “Sozialstaat”, das man mit einem mit Lebensmittel vollbepackten Karton bebildert. Seltsamerweise krallt sich der Zeigefinder der haltenden Hand in den Karton, nicht gerade die natürlichste Handhabung. Auch dieses Bild kann man sich bei Adobe Stock bestellen und ist dort als KI-Bild ausgewiesen.

Beim Thema “politischer Islam” wählte die Partei ein Foto mit allerlei vermummten und düster dreinblickenden Demonstranten. Ein Zoom auf das Gesicht zeigt, dass Falten und Haare eines “Islamisten” offenbar miteinander verschmelzen.

Hinweis von Adobe Stock für KI-generierte Bilder

Neos und SPÖ verzichten auf KI-Bilder

ZackZack fragte bei allen im Parlament befindlichen Parteien nach, ob oder wie sie KI-generierte Bilder im Wahlkampf verwenden. Bislang antworteten lediglich die Neos und die SPÖ. “Wir nutzen manchmal KI, um Inhalte zu checken oder vorhandene Texte zu komprimieren, aber wir verwenden im Wahlkampf keine KI-generierten Bilder. Zum Umgang mit und Einsatz von KI gibt es bei uns klare Richtlinien. Oberstes Gebot dabei ist, dass alle Inhalte final von Menschen freigegeben und veröffentlicht werden”, heißt es aus der Parteizentrale der Pinken.

Die SPÖ verneint ebenfalls, KI-Bilder zu verwenden: “Die SPÖ setzt lediglich die KI-Tools von Adobe Photoshop für kleinere Retuschen im Hintergrund ein, z.B. das Entfernen von Artefakten. Die SPÖ ist zudem prinzipiell für eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte, natürlich auch im Wahlkampf.”

Von den Grünen und der ÖVP fehlen bislang gesicherte Antworten, die Bebilderung ihrer Parteiprogramme lässt jedoch keine offensichtlich KI-generierten Fotos erkennen. Eine Stellungnahme fehlt auch von der FPÖ. Diese schreibt zum Thema KI in ihrem Programm: “Die enormen Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) bedürfen eines verantwortungsvollen Umgangs durch die Politik.” Was die Letztverantwortung der eigenen Bebilderung angeht, ist jedenfalls noch Luft nach oben.


Titelbild: Adobe Stock; ZackZack-Montage

Autoren

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

  • Johannes Neumeister

    Johannes Neumeister studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Bei ZackZack ist er hauptsächlich für Videos zuständig. Er ist 23 alt und freut sich schon auf die Pension.

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