Im Inland wird die ÖVP hoch- und schöngeschrieben. Internationale Zeitungen wie Politico warnen – vor einer ÖVP, zu der ihnen nur noch „Cosa Nostra“ einfällt. Auch Politico rechnet fix mit dem Rechtsblock, der mit der FPÖ ein Ostblock wird.
„Die Partei hat sich von einer politischen Kraft in ein Syndikat verwandelt, dessen Zweck es sei, seinen Mitgliedern Posten, Vergünstigungen und Macht zu sichern. Sie ist Österreichs Antwort auf die Cosa Nostra, nur dass niemand erschossen wird.“ Das schrieb die angesehene US-Tageszeitung Politico gestern in ihrer Europaausgabe. „Die Partei“ – das ist die ÖVP.
Im Gegensatz zu Politico schreibt sich Hubert Patterer als Herausgeber der Kleinen Zeitung seine ÖVP schön. Er kommt zu dem Schluss, der am besten in die laufende ÖVP-Propaganda passt: „Auf Länderebene gebe es dennoch stimmungsmäßig eine klare Mehrheit für ein Reformprojekt mit den Sozialdemokraten, versichern VP-Granden, und zwar selbst dort, wo man aus freien Stücken mit der FPÖ regiere.“
Die Namen der Granden verschweigt Patterer. Aber warum? Musste er ihnen Anonymität zusagen? Hat man in der ÖVP als „Grande“ etwas zu befürchten, wenn man die SPÖ als Partner will? Ich glaube, dass auch Patterer weiß, dass der ÖVP-Zug längst zur FPÖ abgefahren ist. Von Ausländern bis Vermögenssteuern passen beide zusammen wie die letzten beiden Puzzlesteine, die das fertige Bild ergeben.
Johanna Mikl-Leitner steuert längst offen auf die FPÖ zu. Der ÖAAB ist auf blauer Schiene, für Industriellenvereinigung und Raiffeisen ist längst alles klar. Die Reichen und die Einflussreichen wollen den Rechtsblock. Florian Scheuba hat das auf den Punkt gebracht: Keine Vermögenssteuer garantiert das Leben auf großem, keine WKStA das Leben auf freiem Fuß.
Rechts-rechts
Seriöse internationale Beobachter wie Politico-Korrespondent Hans von der Burchard sehen im Gegensatz zu Patterer klar: „Rechts-rechts-Regierung? Egal, wer am Ende vorne liegt — am Ende scheint eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ ohnehin wahrscheinlich.“
Jenseits unserer Grenzen findet man auch die klaren Worte, die die österreichischen Kollegen längst verlernt haben. Da ist neue ÖVP eine „Cosa Nostra“ und die alte FPÖ eine Nazipartei.
Cosa Nostra mit Nazis
Patterer drückt sich um die Kernwahrheit dieser Wahl: Wer Familie wählt, bekommt Nazis, und wer für die Nazis stimmt, bekommt die Familie dazu. Wer eines von beiden nicht will, darf weder ÖVP noch FPÖ wählen – und sollte die Stimme auch nicht in einer leeren Dose versenken.
Es geht um jede Stimme, weil ÖVP und FPÖ noch keine sichere Mehrheit haben. Was also wählen? Wer eine österreichische FDP will, nimmt die Neos. Wem Klimaschutz so wichtig ist, dass über den Spitzenkandidaten, der bei Nehammer um ein Platzerl in der nächsten Regierung bettelt statt die ÖVP politisch zu bekämpfen, hinweggesehen wird, wählt grün. Wem ein klassisch sozialdemokratisches Programm genügt, stimmt für die SPÖ.
Auch hier versucht Patterer, ein paar Meter in die Irre zu führen. Wenn Babler verlöre, sei seine Demontage beschlossene Sache. Das liest sich so: Die SPÖ werde sich “noch am späten Wahlabend, einem Regieplan folgend, häuten und eine andere Partei aus sich hervorkehren: eine, die anschluss- und breitefähig ist, das Juso-Korsett abstreift und gegen ein wirtschatfsfreundlicheres eintauscht, mit neuen, bürgerlich aromatisierten Schlüsselspielern für Verhandlungen (Bures, Hanke, Muchitsch, Kern), abgeschliffenen Forderungen wie Arbeitszeit und Upper Class-Steuern sowie klaren Avancen an die ÖVP.”
Die SPÖ häutet sich noch am Wahlabend und beginnt “aromatisiert” nach ÖVP zu duften. Es reicht, sich die Gesichter von Gerald Fleischmann und Christian Stocker beim Patterer-Lesen vorzustellen.
Ostblock und Wien
Wahrscheinlich wird genau das Gegenteil passieren. Von Graz bis Eisenstadt haben sich Landesparteichefs längst geeinigt, dass sie Babler verschonen und sich stattdessen die Landespartei vornehmen, die seit einem Jahr die eigene Partei schädigt: die Wiener SPÖ mit Michael Ludwig und Peter Hanke.
Für Ludwig könnte der Wahlabend zum Fehlstart in seinen eigenen Wahlkampf werden. Vor Nehammers Tür steht die FPÖ. ÖVP und FPÖ haben die Weichen auf „Rechtsblock“ gestellt. Wladimir Putin wird sich freuen, dass der österreichische Rechtsblock ein Ostblock ist.
Nur in einem Punkt bekommt Patterer garantiert recht: Es bleibt turbulent.
p.s.: Gestern Vormittag wollte mich Krone-TV zur Wahl befragen. Das Interview wurde kurzfristig abgesagt. Wer den Grund wissen will, sollte vielleicht in der ÖVP nachfragen.
Wie es zum Rechtsblock kommt und was uns dann erwartet, beschreibe ich in meinem Buch OSTBLOCK. Das gibt es hier im Zack-Shop.
Titelbild: Christopher Glanzl, Montage ZackZack