Das Medienecho über den Ausgang der Landtagwahlen in Vorarlberg.
Dass Landeshauptleute in Österreich »außer dem ius primae noctis jedes Privileg haben«, ist ein alter, immer noch wahrer Ausspruch des launigen Herbert Krejci. Wahrer denn je. Denn nachdem die Kurz-ÖVP Länder und Bünde entmachtet hatte, haben sie unter Nehammer in jene Selbstherrlichkeit zurückgefunden, für die man sie liebt und wählt, auch wenn sie lügen.
Er habe niemals mit Thomas Schmid gechattet, behauptete Landeshauptmann Waller einmal. Falsch. Er hat. Er lasse sich von der EU nicht vorschreiben, wie und was er zu renaturieren habe. Auch das eine implizite Lüge, denn das EU-Renaturierungsgesetz schreibt nichts vor, sondern fordert dazu auf, selbst Maßnahmen zu definieren. Alles egal! Trotz Verluste der beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne von fast zwölf Prozentpunkten, bleibt ihnen eine hauchdünne Mehrheit. Maximilian Werner dazu in Der Standard:
Rechnerisch oder inhaltlich?
Es fragt sich, ob rechnerisch auch inhaltlich ist. In Zeiten, in denen Städte wie Paris und Los Angeles das Projekt einer autofreien Stadt ernstlich in Angriff nehmen, steht Österreich heute in Rankings auf dem Niveau von Ungarn und der Slowakei. Bald wird es wohl eher Weißrussland werden. Reaktionäre Kräfte, die meinen man soll sein Lastenrad wegwerfen und mit dem Auto die Umwelt verschmutzen, sind im Aufwind. Zeit für die Grünen, darüber nachzudenken, ob sie dabei sein wollen den »Tannenduft« in der Vorarlberger Landeshymne durch »Auspuffduft« zu ersetzen. Martin Gebhart im KURIER:
Programm oder Populismus
Die Grünen werden erkennen müssen, dass sie das Van-der-Bellen-Dogma, dass sie mehr Gemeinsamkeiten mit der ÖVP als mit der SPÖ hätten, hinter sich lassen müssen. Weil es einfach falsch. Umweltpolitik mit der ÖVP, die sofort von einer Koalition mit den Grünen zu einer Koalition mit der FPÖ umschaltet, ist nicht möglich.
Wie die SPÖ, die mit Verlusten von 0,4 Prozentpunkten auf dem aussichtslosen vierten Platz bliebt, muss sich die Partei der Grünen trotz alles Gegenwinds auf ihr Programm besinnen und den Verlockungen des Populismus widerstehen.
Freude über den Abstieg
Wie auch im Bund erzielte die ÖVP-Vorarlberg ihr historisches schlechtestes Wahlergebnis. Und wie im Bund bleibt nicht nur alles so, wie es ist, sondern man freut sich sogar noch über den Abstieg. Eine sehr österreichische Freude! Martin Fritzl in Die Presse:
Ist eine Regierung ohne ÖVP möglich? Ja. Martin Fritzl denkt auch über andere mögliche Koalitionsvarianten nach:
Warum Letzteres unwahrscheinlich ist, formuliert Fritzl nicht mehr: Weil alle Parteien in diesem Land anständig genug sind, um nicht mit Neo-Faschisten zu koalieren – alle, außer die ÖVP.
Ein rückständiges Land
Und so bleiben wir ein rückständiges Land, in dem Nazi-Grölen und SS-Lieder singen noch mehr Stimmen bringen und man allen Parteien seitens der Medien empfiehlt, auch rechtspopulistisch zu werden. Treffsichere Sozialpolitik und Verteilungsgerechtigkeit: Fehlanzeige. Umweltpolitik: Fehlanzeige. Das Jahrhunderthochwasser wurde vermutlich durch den zu hohen Gebrauch von Lastenrädern und die Zuwanderung von Syrern in das Land des Auspuffdufts ausgelöst.
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