Am Montag soll ich doppelt verurteilt werden. Das ist der dringende Wunsch einer Wiener Staatsanwältin. Ihre Anklage ist ein Akt gezielter politischer Willkür. Wenn sie gewinnt, verlieren mit mir Pressefreiheit und Parlament.
Die Anklage hat einen ziemlichen Bart. Am 4. Oktober 2000 präsentierte ich bei der Pressekonferenz zum Thema „Neue Fakten zur Westenthaler-Kleindienst-Affäre” die Dokumente, die Parlament und Strafjustiz bis dahin vergeblich gesucht hatten: die Beweise für den Missbrauch der Polizeidatenbank EKIS durch die FPÖ.
Damit habe ich meine Arbeit als Abgeordneter getan, wie zehn Jahre später bei der Affäre „Kampusch“, zu der ich gleich mit angeklagt werde. Ich stehe dazu: Wenn Missstände nur durch vertrauliche Akten aufgeklärt werden können, dann waren diese Veröffentlichungen meine Pflicht.
Die Staatsanwältin und das System hinter ihr zielen weit über mich hinaus. Sie ist der Meinung, dass Abgeordnete wie Beamte zu behandeln sind. Wo Beamte zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, will sie auch Abgeordneten den Mund stopfen.
Trägerrakete 301
Dazu dient ihr der berüchtigte Paragraf 301 des Strafgesetzbuches: die „verbotene Veröffentlichung“. Kommt sie damit durch, hat die ÖVP schon weitergehende Pläne. Mit einer Gesetzesänderung will sie das Verbot von Chat-Veröffentlichungen auf den § 301 wie auf eine Trägerrakete draufpacken – und dann mit Abgeordneten von Steffi Krisper und Nina Tomaselli bis Jan Krainer und David Stögmüller kurzen türkisen Prozess machen.
Die Staatsanwältin hat ein doppeltes Problem: Rechtsstaat und Verfassung und ihre schlechte Vorbereitung. Zur Verteidigung der beiden ersteren legen wir jetzt ein Gutachten von Österreichs führendem Strafrechtsexperten Uni.Prof. Frank Höpfel vor. Zu letzterem wird die Staatsanwältin noch erklären müssen, warum der Akt lange Zeit im System „Pilnacek“ verschwunden war und sie vor der Anklageerhebung bemerkenswert schlampig ermittelt hat.
„amtlicher Mordversuch“
Das gilt vor allem für den zweiten Teil der Anklage. Hier geht es um den April 2018 und um die Abschiebung eines hervorragend integrierten afghanischen Flüchtlings in den sicheren Tod in Kabul. „Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat vorsätzlich eine vor Unwahrheiten strotzende Niederschrift produziert – um A. abschieben zu können. Die Beamten haben die entscheidenden Fakten verfälscht. Sie nehmen den Tod des Flüchtlings in Kauf.“
Das habe ich gesagt und eines hinzugefügt: Das ist ein „amtlicher Mordversuch“.
Ich stehe noch heute zu jedem Wort, das ich am 21. April 2018 gesagt habe. Aber inzwischen ist etwas Überraschendes passiert. Unser Antrag auf Beischaffung des richtigen Asyl-Akts hat uns den Beweis für ein mögliches Amtsdelikt geliefert. Das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen, das mich wegen „übler Nachrede“ geklagt hat, hat der Staatsanwältin den falschen Asylakt untergeschoben – und sie so auf eine falsche Spur geführt.
Jetzt liegt der richtige Akt vor. Er beweist alles, was ich gesagt habe. Aber jetzt will ich etwas ganz anderes wissen: Wer steckt hinter dieser Aktion? Wenn eine Behörde einen prominenten Politiker ins Visier nimmt und von der Staatsanwaltschaft verfolgen lässt, informiert sie davor immer den Minister und holt sich seine Zustimmung. Innenminister war damals Herbert Kickl.
Damit stellt sich eine völlig neue Frage: Hat Herbert Kickl eine illegale Aktion seiner Asylbehörde gebilligt? Und: Wer steckt in Justizministerium und Oberstaatsanwaltschaft Wien dahinter?
Am Montag um 9.30 Uhr wird dazu unter der Leitung eines erfahrenen, unabhängigen Richters im Saal 16 im 1. Stock des Landesgerichts für Strafsachen in Wien verhandelt und geurteilt.
Ich lade alle ein, sich selbst ein Bild zu machen.
p.s.: Am Montag um 19.00 Uhr bin ich Gast bei Michael Sprenger/Tiroler Tageszeitung im Innsbrucker Treibhaus. Da reden wir, wie die ÖVP mit der FPÖ die Macht übernehmen wird – und was dann auf uns zurollt.
Titelbild: EVA MANHART / APA / picturedesk.com