Sonntag, Februar 16, 2025

Pilz-Prozess: „Gefährliches Urteil“

ZackZack Herausgeber Peter Pilz wurde am Montag am Landesgericht für Strafsachen Wien in drei von vier Anklagepunkten freigesprochen. Nicht rechtskräftig verurteilt wurde er wegen „verbotener Veröffentlichung“ aus Disziplinarakten im Jahr 2010 rund um den Fall Natascha Kampusch.  

Im gut gefüllten Verhandlungssaal 16 des Straflandesgerichts Wien gelangte Richter Gerald Wagner zur Auffassung, dass auch Abgeordnete nach dem Beamtendienstrechtsgesetz wegen verbotener Veröffentlichung verurteilt werden können. ZackZack-Herausgeber Peter Pilz wurde deshalb zu einer teilbedingten Geldstrafe zu 3.600 € verurteilt, 1.200 davon unbedingt. Die Veröffentlichung liegt 14 Jahre zurück und dreht sich um einen Disziplinarakt aus dem Fall Natascha Kampusch.

In den anderen Anklagepunkten wegen übler Nachrede wurde Pilz dagegen freigesprochen. Er hatte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl 2018 in einem Video „amtlichen Mordversuch“ vorgeworfen, weil dieses tatsachenwidrige Berichte rund um die Abschiebung eines Afghanen verfasst hatte. Der Richter gelangte zur Auffassung, dass die Behörde sich das gefallen lassen müsse, zumal die Schubhaft des Afghanen zweimal für rechtswidrig erklärt wurde. Außerdem wurde kein einzelner Beamter in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.

Pilz verlangte eine parlamentarische Untersuchung des Vorfalls. Der damalige Innenminister Herbert Kickl hätte Beamte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl möglicherweise dazu veranlasst, falsch zu protokollieren, um einen Asylwerber „publikumswirksam“ nach Afghanistan abschieben zu können, sagte der ZackZack-Herausgeber nach dem Freispruch im Fall der üblen Nachrede.

Pilz-Anwalt Johannes Zink unterstrich nach dem Urteil, dass man drei von vier Anklagepunkte entkräften konnte.

Berufung nach „Fehlurteil“

Zink ging nach der Urteilsbekundung in Berufung – das Urteil ist damit nicht rechtskräftig. Damit wandert der Prozess zum Oberlandesgericht Wien. Die anklagende Staatsanwältin gab kein Kommentar zum Urteil ab.

Pilz bezeichnete das Urteil als „Fehlurteil mit unabsehbaren negativen politischen Folgen“. Für Parlamentarier und Journalisten sei das Urteil „gefährlich“. Man wolle an ihm ein Exempel statuieren, um die parlamentarische Kontrolle für Abgeordnete zu erschweren. „Dafür stehe ich nicht zur Verfügung“, sagte Pilz noch in seinem Abschlussstatement. Er habe bei der Veröffentlichung aus den Disziplinarakten 2010 nur „seine Pflicht als Abgeordneter getan“. Das Urteil wegen verbotener Veröffentlichung sei „grünes Licht für die falsche Seite, nämlich für die, die die parlamentarische Kontrolle einschränken und die journalistische Arbeit behindern wollen.“ Man müsse deshalb die Frage stellen wer „seine Finger in diesem Verfahren gehabt“ hat.

Grüner Abgeordneter Stögmüller sieht „bedenkliches“ Urteil

Im Verhandlungssaal anwesend war auch David Stögmüller, der für die Grünen im Parlament sitzt. Im Interview mit ZackZack sprach Stögmüller vom massiven Druck, den Abgeordnete etwa in Untersuchungsausschüssen erleben. Auch dort kommen immer wieder Informationen an die Öffentlichkeit, die eigentlich nicht für diese bestimmt gewesen waren. Es brauche „Politiker, die Tag für Tag darauf schauen, dass in unserer Republik die Behörden richtig arbeiten. Das ist meine Aufgabe als Politiker.“

Zum Urteil der verbotenen Veröffentlichung sagte Stögmüller: „Man will, dass wir unseren Job nicht mehr ernst nehmen, dass wir bissl wegschauen, bissl zur Seite schauen, weil in zehn Jahren, wenn ich nicht mehr Politiker bin, stehe ich dann genauso vorm‘ Landesgericht und kann mich dann wegen irgendeiner Strafsache, wo ich einmal Kritik geäußert hab, verurteilen lassen“, warnte der Grüne Parlamentarier.

Ob Parlamentarier in Zukunft Angst haben müssen, wenn sie aus nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Akten zitieren, wird die nächste Instanz – das Oberlandesgericht Wien – entscheiden müssen. Pilz zeigte sich kampfeslustig. Er werde „das Urteil durch alle Instanzen bekämpfen um das Parlament vor diesem Fehlurteil schützen.“


Titelbild: ZackZack

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