Ab Mittwoch findet am Wiener Landesgericht der Prozess gegen Ex-FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein und Ex-BVT-Mann Egisto Ott statt. Es geht um verbotenen Austausch vertraulicher Informationen. Jenewein soll im U-Ausschuss zudem Zeugen heimlich fotografiert- und die Bilder weitergeleitet haben.
Die Festnahme des früheren BVT-Beamten Egisto Ott sorgte im März für enormes Aufsehen samt internationalem Medienecho. Ott wird vorgeworfen, für den russischen Inlandsgeheimdienst FSB spioniert zu haben, etwa durch Weitergabe von Daten an den flüchtigen Jan Marsalek. Im Mai wurde Ott nach einem Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt, der 62-jährige Kärntner bestreitet die Vorwürfe, das Verfahren läuft weiter.
Ott und Jenewein angeklagt
Ein Aspekt aus den schon 2017 gestarteten Ermittlungen gegen Ott landet nun ab Mittwoch vor Gericht: Neben Ott wird der frühere FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein vor dem Einzelrichter Platz nehmen. Jenewein soll Ott dazu angestiftet haben, das Amtsgeheimnis zu brechen und vertrauliche Informationen aus dem BVT bereitzustellen. Auf der anderen Seite leitete auch der Politiker dem Polizisten sensible Daten weiter. Im Fall einer Verurteilung drohen bis zu drei Jahre Haft, für Ott und Jenewein gilt die Unschuldsvermutung.
Ibiza, Pilnacek und Berner Club
ZackZack liegt der fünfseitige Strafantrag vor. Demnach erfolgte der mutmaßlich illegale Austausch erstmals Ende Oktober 2018. Damals soll Ott an Jenewein Informationen zu österreichischen Teilnehmern eines europäischen Geheimdiensttreffen in Warschau (“Berner Club”) übermittelt haben. Parallel dazu lief gerade der U-Ausschuss zur BVT-Affäre. Jenewein saß dort als Vertreter der FPÖ und versuchte, die Razzia beim Verfassungsschutz unter Innenminister Herbert Kickl zu legitimieren. Möglicherweise griff er dabei auch auf die erlangten Infos zurück.
Ein gutes halbes Jahr später platzte mit dem Ibiza-Video der nächste blaue Skandal. Auch hier soll es anschließend zu illegalem Austausch gekommen sein. So erhielt Jenewein wenige Tage nach der Video-Veröffentlichung mehrere Namen von BVT-Männern.
Umgekehrt soll Jenewein im Juni 2021 ein vertrauliches Aktenstück aus dem Ibiza-U-Ausschuss an Ott geschickt haben, dabei soll es sich um Chatverläufe und Mobiltelefondaten von Christian Pilnacek gehandelt haben. Auch dieser Vorgang sei laut Staatsanwaltschaft ein Bruch der Amtsverschwiegenheit.
Jenewein knipste heimlich Julian Hessenthaler
Betreffend des Ex-FPÖ-Politikers umfasst der Strafantrag aber noch zwei weitere interessante Delikte: So soll Jenewein als Parlamentarier bzw. Mitarbeiter im U-Ausschuss mehrmals “konsenslos” Auskunftspersonen fotografiert haben. Am 8. April 2021 sei dies etwa während der Befragung von Julian Hessenthaler passiert. Der Ibiza-Detektiv war damals kurz zuvor von Berlin nach Wien überstellt- und aus der U-Haft dem Ausschuss vorgeführt worden. Das heimlich aufgenommene Bild soll Jenewein anschließend an die FPÖ-Mitarbeiterin Bernadette Conrads geschickt haben. Zu welchem Zweck? Eine Anfrage an Conrads von ZackZack blieb dazu unbeantwortet.
Auch vier weitere Auskunftspersonen – allesamt (Ex-)BVT-Beamte – soll Jenewein im U-Ausschuss heimlich geknipst haben. Die Fotos soll er dann an Egisto Ott weitergeleitet haben. Ein “Vergehen der Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht”, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Bild- und Tonaufnahmen sind während der Befragungen im U-Ausschuss jedenfalls untersagt. Weiteres Detail: Bei einer Hausdurchsuchung bei Jenewein wurde im September 2021 ein Schlagring sichergestellt, laut Staatsanwaltschaft eine “verbotene Waffe”, weshalb sich der Ex-FPÖ-Politiker auch nach dem Waffengesetz verantworten muss.
Anwälte: “Schlangengrube BVT”
Mit der Aufarbeitung einer mutmaßlichen Spionageaffäre ist angesichts dieser Delikte im anstehenden Prozess noch nicht zu rechnen. Das Medieninteresse dürfte dennoch groß werden. Die Anwälte von Egisto Ott, Jürgen Stephan Mertens und Josef Phillip Bischof, veröffentlichten in der vergangenen Woche ein Youtube-Video, indem sie eine angebliche mediale Vorverurteilung kritisieren. “Es ist ganz unbestreitbar so, dass unser Mandant keinesfalls ‚Darling‘ der Presse ist”, hieß es da etwa. Gleichzeitig sprechen sie vom BVT als einer Art “Schlagengrube” unterschiedlicher Interessen, der Ott quasi zum Opfer gefallen sei. Auch Jeneweins Anwälte bestreiten die Vorwürfe.
Nach Anhörung Otts und Jeneweins am Mittwoch sollen am Freitag Zeugen befragt werden. In der Ladungsliste finden sich prominente Namen wie der frühere BVT-Chef Peter Gridling, Bundeskriminalamt-Direktor Andreas Holzer oder der bereits erwähnte Julian Hessenthaler. Laut APA sei aber noch nicht mit einem Urteil zu rechnen, da sich ein Zeuge krank gemeldet habe.
Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com, ZackZack