ZackZack berichtet von der am Mittwoch stattgefundenen Aktuellen Stunde im Parlament zur Situation Österreichs in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt. Das Thema wurde von der FPÖ eingebracht und ließ die Wogen im Hohen Haus hochgehen.
Der neue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz von der FPÖ eröffnete die dritte Sitzung des noch relativ jungen Nationalrats lapidar mit den Worten: „Willkommen zur dritten Sitzung des Nationalrates. Die Sitzung ist eröffnet.“
Andreas Hanger wieder angelobt
Zu Beginn feierte nach dem Wechsel Magnus Brunners nach Brüssel der Ex-ÖVP-Haudegen Andreas Hanger sein Comeback im Nationalrat. Er musste unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten geloben. „Ich gelobe“, sagte Hanger. Danach widmete sich der Nationalrat den eigentlichen Themen des Tages.
Hannes Amesbauer beklagt “Pessimismus”
„Wieder Pleite“ – mit diesem markigen Spruch eröffnete der FPÖ-Abgeordnete Hannes Amesbauer den ersten Themenschwerpunkt Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Amesbauer konfrontierte Wirtschaftsminister Martin Kocher und Noch-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit einigen Zahlen und Daten zur schwächelnden heimischen Industrie. Auf einen August-Wöginger-Zwischenruf entgegnete der FPÖ-Mann: „Jo, lieber Gust Wöginger, bitte hör amal zu“. Amesbauer sprach von der längsten Rezession seit dem zweiten Weltkrieg und der zweitschlechtesten Konjunkturentwicklung der gesamten EU und attestierte Österreich einen „Grundpessimismus“. Dann wetterte er gegen die in Koalitionsverhandlungen befindlichen Parteien ÖVP, SPÖ und NEOS. Die Austro-Ampel würde keine Hoffnung verströmen, weil sie ein Bündnis der Verlierer sei. Andreas Babler sei für Amesbauer „ein Marxist, der Steuerfantasien hegt und von der 32-Stunden Woche spricht“. Da ginge der heimischen Industrie „das Licht aus“, erregte sich der steirische FPÖ-Abgeordnete. Auch die NEOS bekamen ihr Fett ab. Sie sei eine 9-Prozent-Partei, „die immer schulmeistern tut“ und „die ganze Republik Österreich abschaffen will“. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger reagierte mit einem müden Lachen.
Dem Wahlspruch der sich ankündigenden Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS „Kein Weiter wie bisher“ konnte Amesbauer wenig abgewinnen: „Herr Nehammer, wer war denn der Bundeskanzler der letzten fünf Jahre? Herr Nehammer! Die ÖVP sitzt seit fast 40 Jahren in der Regierung. Herr Nehammer, Sie sind das Problem und nicht die Lösung!“
Zum Abschluss seiner Rede sprach Amesbauer noch die Bürokratisierung und den „Klimawahn“ als Grund für die schwächelnde Autoindustrie in der Steiermark an und machte Wahlwerbung für die FPÖ in der Steiermark, die am Sonntag wählt.
Kocher reagiert
Der Wirtschaftsminister leitete seine Antwort mit einer „weltweiten Wachstumsschwäche“ ein. Als exportorientiertes Land hänge der wirtschaftliche Erfolg Österreichs von der deutschen Wirtschaft ab, da die meisten Güter nach Deutschland verkauft würden. Die Rede von Amesbauer sei sinnlos gewesen, da sie „keinen einzigen Lösungsvorschlag“ für die Probleme enthielt, so Kocher, der hinzufügte: „Wenn man von Problemen lebt, ist es natürlich nur logisch, dass keine Lösungsvorschläge kommen“. Nach diesem Sager musste Rosenkranz die Zwischenrufe seiner eigenen Partei abwürgen.
ÖVP-Egger spricht FPÖ Wirtschaftskompetenz ab
Statt Hoffnung versprühe die FPÖ „Wehleidigkeit“, weil die FPÖ es nicht geschafft hat, in die Regierung zu kommen. Die „Wirtschaftskompetenz der FPÖ sei von der ÖVP abgeschrieben. Aber kopiert heißt noch nicht kapiert“, so der steirische Abgeordnete Kurt Egger in Richtung der Freiheitlichen.
SPÖ: FPÖ nicht Partei des kleinen Mannes
Für SPÖ-Abgeordnete Michaela Schmidt wurde die Teuerung nur halbherzig bekämpft, indem etwa bei Energie- und Lebensmittelpreisen nicht interveniert wurde. Das habe das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung nachhaltig erschüttert. Für Schmidt sei die FPÖ „lediglich bei Sonntagsreden die Partei des kleinen Mannes.“ Bei FPÖ-Regierungsbeteiligung landet das Steuergeld „irgendwo, aber sicher nicht beim kleinen Mann“. Das zeige sich zum Beispiel bei der unter schwarz-blau eingebrachten Steuersenkung für Reiche, bei der die „FPÖ ganz vorne mit dabei“ gewesen sei.
Schellhorn wittert Speibattacken
NEOS-Urgestein Sepp Schellhorn gab der FPÖ zunächst mit ihrer Diagnose recht: Die Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei dramatisch. Was jedoch völlig falsch sei, dass die FPÖ für eine gute wirtschaftliche Stimmung im Land sorgen könnte. Sein Vergleich: „Weil das ist wie ein Bankraub ohne Pistole, das geht sich mit euch nie aus!“ Dass die anderen Parteien nicht mit der FPÖ zusammenarbeiten wollten begründete Schellhorn so: „Herr Klubobmann Kickl, Wenn sie fünf Jahre lang jeder anderen Fraktion vor die Türe kotzen, dann wird irgendwann jemand dafür verantwortlich sein, warum die Türe nicht geputzt wird.“ Auf die empörten Zwischenrufe der FPÖ fragte Schellhorn den Nationalratspräsidenten Rosenkranz (FPÖ): „Wird das jetzt in Zukunft eine Schreibude?“ Eines war für Schellhorn klar: „Eure Schreierei ist populistisch, das hilft keinem Unternehmer in diesem Land! Arbeiten wir gemeinsam konstruktiv an der Entlastung und nicht in einem Dauerwahlkampf der FPÖ, weil vor die Tür kotzen kann bald a jeder!“
Belakowitsch schreit ÖVP nieder
Sehr aufgebracht brüllte Dagmar Belakowitsch von der FPÖ die ÖVP nieder. Diese habe fünf Jahre lang das Land an den wirtschaftlichen Abgrund geführt. Sie ortete in der wahrscheinlichen Bildung einer Dreierkoalition ohne FPÖ einen „Pflanz der Wähler: der Wählerwille wurde hier ganz massiv ignoriert“.
Jeitler-Cincelli: “Unpackbar”
Wegen der Schrei-Tirade von Belakowitsch bezeichnete die Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) die FPÖ als „Hooliganpartie“, die “unpackbar” sei. Sie zeigte sich auch skeptisch gegenüber der SPÖ und definierte „rote Linien“ in den Koalitionsverhandlungen. Der Wirtschaftsstandort müsse oberste Priorität haben.
Grüner Koza attackiert „Heimatpartei“
Den Abschluss der Parlamentsstunde zu Wirtschaft und Arbeit machte Markus Koza. Der bescheinigte der FPÖ keine „Heimatpartei“ zu sein, da sie mehr ausländischen Interessen diente, allen voran denjenigen Russlands. Dass die OMV von der russischen Gazprom über 230 Millionen Euro vor Gericht erstritten hatte, war für die FPÖ nämlich kein Grund zur Freude. Vielmehr beklagte man bei den Freiheitlichen den anschließenden Gaslieferstopps Putins.
Neben den genannten Abgeordneten sprachen in der aktuellen Stunde zu Wirtschaft und Arbeit auch noch Axel Kassegger von der FPÖ, Elisabeth Götze von den Grünen, Reinhold Binder von der SPÖ und Dominik Oberhuber von den NEOS, der seine erste Rede im Nationalrat hielt.